Ist von Museen in Dresden die Rede, hat man sofort das Grüne Gewölbe (insbesondere nach dem spektakulären Einbruch) oder den Zwinger im Kopf. Neben weiteren kulturellen Highlights gibt es in der Barock-Perle an der Elbe aber auch noch ein interessantes Militärhistorisches Museum der besonderen Art. Bei meinem letzten Stadtbesuch vor kurzem habe ich mich spontan zu einer Museumstour dorthin entschlossen.
Ich schicke voraus: Meine Eindrücke, Gedanken und Erkenntnisse sind (natürlich) meine eigenen. Andere Besucher mögen zu anderen Einsichten gelangen. Und darüber lässt es sich trefflich diskutieren. Am besten unten in den Kommentaren.
Steht man vor dem riesigen Gebäude, provoziert bereits die von Daniel Libeskind im Jahr 2011 neu gestaltete Fassade nach dem Motto „Klassizismus prallt auf Moderne“. Ein riesiger, aus Metall und Beton gestalteter Keil in V-Form durchdringt den eher schnörkeligen Museumsbau sowohl innen wie auch außen. Man merkt bereits jetzt: Dieses Militärmuseum scheint anders zu sein.

Dieser Eindruck wird auch im Inneren weiter verstärkt, denn nach dem Betreten des Eingangs merkt man, dass es sich hier nicht einfach um eine umfangreiche Kollektion militärischer Relikte handelt, die man dicht an dicht gedrängt inspizieren kann. Nein, auf den über fünf Etagen verteilten 10.000 qm Ausstellungsfläche werden „nur“ knapp 10.000 Exponate gezeigt. Oftmals steht man in eher schlichten und nahezu leer wirkenden Räumen vor nur einer Themenpräsentation, die einen dann aber wirklich wie auch mental beeindruckt und einnimmt. Hier ist also weniger mehr.

Die Tour startet im Erdgeschoss momentan mit einer fotografischen Reise entlang des Atlantikwalls, die aus unzähligen und großformatigen Aufnahmen unterschiedlichster Bunker besteht. Ohne technische Bezeichnungen der Regelbautypen findet man lediglich Informationen zu den jeweiligen Standorten und kann nur darüber staunen, wieviel von den Millionen verbauten und verschwendeten Kubikmetern aus Stahlbeton auch noch heute als stille Zeitzeugen mahnen.
Erkundet man eine der Ecken im Erdgeschoss, steht man völlig unerwartet und überraschend vor einer sehr gut restaurierten V2-Rakete, die sich über mehrere Stockwerke in die Höhe reckt.


Weiter geht es dann zu den Räumen, die sich thematisch mit dem Zeitraum 1300 – 1914, Militär und Technologie sowie Schutz und Zerstörung befassen. Obwohl man zeitlich in der Regel eine grobe Orientierung hat, ist es bei diesem Museum eher so, dass Kontext und Thema Vorrang gegenüber Zeit und Provenienz besitzen. So sieht man auch in einem Gang diverse Bomben aus verschiedensten Kriegen und Nationen bedrohlich von der Decke hängen, wodurch man fast automatisch den Kopf einzieht und versucht, einer potenziellen Gefahr zu entfliehen.
Auf der nächsten Ebene hat mich ein Arrangement besonders beeindruckt, bei dem mittels professionell präparierten lebensgroßen Exponaten die Rolle von Tieren beim Militär aufgezeigt wird. Angeführt von einem Elefanten (die Nutzung von Hannibal bei der Alpenüberquerung kennt man) geben sich Dromedar, Muli, Schlange, Taube, Hund, Wildschwein, Katze, Delphin und viele andere Tiere auf einer Art Bühne ein Stelldichein. Vor jedem Tier kann man sich dann über einen Monitor darüber informieren, welchen (nicht immer schönen) Beitrag gerade dieses im Kontext Militär geleistet hat und eventuell noch immer leistet. Vielleicht ist dem einen oder anderem bekannt, dass man Gänse bereits zu den Zeiten der Römer als verlässliche Alarmanlage genutzt hat, aber dass man auch heute noch auf Gänse für den Objektschutz insbesondere bei Munitionslagern vertraut, war mir nicht bewusst.

Symptomatisch für das aus meiner Sicht oftmals polarisierende Museumskonzept werden auch hier Ursache und Wirkung direkt präsentiert: Direkt gegenüber von verschiedenem militärischem Gerät befinden sich Vitrinen, in denen Prothesen für Kriegsinvaliden aus verschiedensten Epochen gezeigt werden.
Im 2. Obergeschoss werden Politik und Gewalt, Militär und Mode, Militär und Sprache und Krieg und Spiel thematisiert. Auch hier wird man mittels ganz trivialer Dinge wie Zinnsoldaten und Kriegsspielzeug aus unterschiedlichsten Epochen und Ländern zum Grübeln angeregt. Sehr interessant darunter ist eine Kinderuniform aus dem zweiten Weltkrieg mit Mini-Stahlhelm, die sich direkt neben einem Darth-Vader Kinder Faschingskostüm befindet. Direkt dahinter sind Kinderkarussellfahrzeuge wie Panzer und Raketenwerfer an der Betonwand montiert.

Im 5. Stock befindet sich eine Aussichtsplattform im Inneren des Stahl-Aluminium-Keils, die man betreten kann, um sich von dort einen Blick auf Dresden zu gönnen. Im Vorraum dieser Etage sind drei Holzpaletten arrangiert, auf denen man nahezu identische Fotos und Relikte von den im Krieg zerstörten Städte Dresden, Amsterdam und London sieht. Die Botschaft dieser Präsentation stand für mich ziemlich eindeutig im Raum: Die Zerstörung des Krieges unterscheidet nicht zwischen Freund und Feind und in der Regel sind massive Opfer besonders unter der Zivilbevölkerung eine Konsequenz.
Meine Schilderungen decken lediglich einen kleinen Teil der Sammlungen ab, denn es gibt noch viel mehr zu sehen und zu entdecken. Abschließend möchte ich noch ein paar Fotos von Exponaten zeigen, die ich vielleicht für das eine oder andere Modell nutzen könnte.








Mein persönliches Fazit:
Das Militärhistorische Museum in Dresden zeigt sehr beeindruckend, dass es möglich ist, die Themen Krieg und Militär nicht nur im Sinne einer reinen Ausstellung von Relikten und militärischem Gerät anzubieten, sondern auch die Ursachen und damit einhergehenden Konsequenzen anschaulich thematisch wie auch ethisch zu reflektieren.
Gert Brandl, Berlin (November 2025)
