Kapitän Ahab jagte den weißen Wal und ging mit ihm unter. Er musste es tun. Er war besessen.

Dieser Bausatz ist mein weißer Wal. Seit ich ihn als Teenager für mich unerreichbar im höchsten Regal eines Spielwarenladens entdeckte, bin ich besessen. Ich weiß, dass es nicht der beste Kit ist. Ich weiß, dass er jede Menge Fehler hat. Und dennoch.

Die schiere Größe – die B-1B von Revell/Monogram ist einer der größten erhältlichen Plastikbausätze. Die raumfüllende Präsenz. Die eleganten Linien, die die einmalige XB-70 Valkyrie und die Concorde anklingen lassen. Die Ingenieursleistung, dieses über 200 Tonnen schwere Flugzeug auf Überschall zu beschleunigen. Das Flugzeug und der Bausatz sind Superlative und faszinieren mich seit jeher.

Den Tritt in den Hintern, das Ding endlich zu bauen, gab mir dann unser verstorbener Modellbaukamerad Steffen Arndt. In seinem Nachlass fand sich die B-1B in 1/48, ungebaut, und wie immer bei Steffen mit jeder Menge Zubehör und Extras versehen. Jetzt gab es keine Ausreden mehr, den weißen Wal nicht zu erlegen. Ihm zu Ehren. Und so machte ich mich ans Werk.

Bei jedem Bau versuche ich, etwas Neues zu lernen oder auszuprobieren. Bei diesem Projekt waren meine neuen Herausforderungen:

  • Anpassung und Einbau von großen Resinteilen (hab ich bisher nie gemacht)
  • Austesten der Möglichkeiten eines Silhouette Schneidplotters (Neuzugang im Maschinenpark)
  • Einbetten und Verschleifen von Decals, so dass man sie nicht mehr als solche erkennt (sieht wie lackiert aus)

Damit stand das Programm, und es ging los.

Bau: Der Kit selbst stammt aus dem Jahr 1984, war aber fortschrittlich für seine Zeit. Somit liegen Licht und Schatten beim Bau nah beieinander. Die Blechstöße sind versenkt, trotz seiner Ausmaße lässt sich der Kit relativ passgenau zusammensetzen, Cockpit und Fahrwerk sind leidlich detailliert, die Flügel sind schwenkbar.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Der Kit basiert eigentlich auf der nie in Serie gegangenen B-1A und weist damit viele Unstimmigkeiten auf. Das Modell leidet unter dem immensen Eigengewicht, welches Fahrwerke und vor allem die Flügelschwenkmechanik überlastet. Ohne weitere Maßnahmen gebaute B-1B sehen schnell wie traurige Hunde mit Hängeohren aus.

Dieser Bau ist nur mit dem Einsatz von Metall zur Verstärkung, Epoxidharz und kräftigen Verschweißklebern zu bewältigen. Um ein Durchhängen in Längsrichtung zu vermeiden, klebte ich zur Stabilisierung die geschlossenen Bombenschächte ein und versteifte sie mit Gussästen.

Cockpit: Vom Arbeitsplatz der vier Besatzungsmitglieder sieht man am Ende nicht viel, was an der kleinen und getönten Cockpitscheibe liegt. Also kein besonderer Aufwand. Die Kit-Details habe ich mit vorbedruckten Fotoätz-Instrumenten von Eduard ersetzt. Danke, Steffen.

Das Riesenflugzeug neigt dazu, nach hinten zu kippen, besonders mit nach hinten gefahrenen Flügeln. Somit muss reichlich Gewicht in Form von Bleikugeln in die Nase. Ich habe nicht gewogen, aber deutlich über hundert Gramm werden es schon sein.

Triebwerksgondeln: Hier lauern die größten Fehler im Bausatz. Die als Vorbild dienende B-1A hatte völlig andere Triebwerkseinläufe und Düsen. Die von Steffen mitgelieferten Resin-Zubehörsets von Barracuda für Lufteinläufe und Schubdüsen korrigierten das, waren aber teils nur sehr aufwändig an das Modell zu bringen. Gerade die Einläufe haben einen völlig anderen Querschnitt als die Triebwerksgondeln – hier musste ich die Gondeln vorn absägen und großflächig mit Epoxydspachtel anpassen.

Die Düsen sind kleine Schmuckstücke – wunderbare Struktur und Details, die man von außen mit sanftem Drybrushing schön herausarbeiten kann. Für die wechselnd gefärbten Innenseiten ließ ich mir von meinem Silhouette Schneidplotter passende Masken zurechtschneiden. Eine unglaubliche Arbeitsersparnis.

Fahrwerk: Für die Fahrwerkschächte, die man später eh nicht gut sieht, wählte ich den Standardansatz – Black Basing, Grundfarbe, dunkles Washing. Darauf setzte ich mit hellerem Weiß aufgesprühte Reparaturen auf. Soweit unspektakulär.

Die eigentliche Frage war: Wird das Plastikfahrwerk das schwere Modell mit all dem Zusatzgewicht aus Metall und Resin halten können? Und werden alle zehn Räder schön gleichmäßig den Boden berühren?

Für letztere Problemstellung spannte ich alle Räder ein und fräste einheitliche „Standplatten“ hinein. Zur Verbesserung der Tragkraft ersetzte ich die Achsen durch Bauteile aus Messing. Das sollte erstmal halten.

Flügelschwenkmechanik: Die Idee, die riesigen Flügel beweglich zu halten, war von Monogram gut gemeint. In der Praxis entstehen im Drehpunkt so große Hebelkräfte, dass die Flügel sofort nach unten durchhängen. Das Plastik ist einfach nicht stark genug, die Flügel in Position zu halten.

Was tun? Eine Möglichkeit wäre, beide Flügel mit einer Metallstrebe intern zu verbinden und sie so in der Waagrechten zu halten. Dann sind Flügel aber nicht mehr beweglich.

Oder.

Oder man baut einen beweglichen Schwenkmechanismus aus Messingschienen. Dabei gleiten Verstärkungsstreben der Flügel zwischen zwei individuell und genau einstellbaren Messingprofilen. Mit leichten Schraubdrehungen lassen sich so die Abstände der Flügelspitzen zum Boden genau gleich einstellen – jeweils in der vorderen und hinteren Position.

Es war wieder klar, dass ich mich für die komplizierte Variante entschieden habe. Das habe ich aber bis jetzt nicht bereut – die Flügel sind voll beweglich, und im Gegensatz zu vielen anderen B-1B-Modellen, die ich gesehen habe, gibt es hier keine Schlappohren. Das war es mir wert.

Oberflächenfinish: Ein so großes Modell aus den 80ern geht nicht ohne Stufen, Spachteln und Schleifen zusammen. Gerade an den drei Großbaugruppen Vorder-, Mittel- und Hinterteil musste ich schon Einiges an „Bodywork“ investieren.

Leider erzeugen die Cockpitscheiben auch sichtbare Stufen. Im Original ist das eine fast fugenlose Formgebung. Verdammt. Also hieß es, Klarsichtteile herunterschleifen und dann mit feiner werdenden Schleifmitteln und Polierpasten wieder auf Hochglanz bringen. Ich hasse es, an Klarsichtteilen herumzuschleifen, aber es ging nicht anders. Am Ende passte es dann wieder.

Bemalung und Alterung: Die Herausforderung bei der Bemalung einer B-1B ist die Größe des Modells und die Eintönigkeit der Farbgebung. Alles ist in einheitlichem, dunklen Gun Ship Grey gehalten, und das wirkt schnell langweilig. Oder wie ein Spielzeug.

Es galt also, die Monotonie aufzubrechen. Was bei modernen, grauen Flugzeugen da immer hilft, ist Black Basing. So geht’s:

  • Schwarz grundieren (Mr. Surfacer 1500)
  • eine wolkige Struktur aufsprühen (Freihand und mit Uschi van der Rosten Schablonen)
  • alles mit der Grundfarbe einblenden, bis eine subtile Struktur in der Farbe erkennbar ist

Das erzeugt den Eindruck einer benutzten Oberfläche mit Mikrokontrast, was wesentlich interessanter als eine gleichförmige Lackierung ausieht. Und es ist eine gute Grundlage für die folgende Alterung.

Es war mir klar, für so ein großes Modell brauche ich einen Eimer Farbe. Oder zwei. Ich habe Farben von MRP hergenommen, hier MRP-040 Gun Ship Grey. Einzelne Panels habe ich mit anderen Grau- und Violetttönen leicht eingefärbt, um noch mehr Variation zu erzeugen.

Das Radom bekam ein warmes Dunkelgrau und auf der Oberseite Beige/Sand, um die bei B-1B oft vorhandene von der Sonne ausgeblichene Stelle nachzubilden. Die seitlichen Antennenabdeckungen erhielten warmes Mittelgrau und ebenfalls Sonnenbrand mit Radome Tan von Gunze.

Auf der Unterseite ist rund um die EloKa-Antennen oft ein schwarzer Halbkreis aufgemalt. Hierfür habe ich wieder Masken aus dem Silhouette-Plotter bemüht.

Die Walkway-Streifen gibt es als Decals, aber die kriegt man nie schön gerade aufs Modell. Was liegt also näher, als die Streifen abzukleben und zu lackieren (in NATO Black). Sieht eh viel besser aus als Decals.

Wo wir bei den Decals sind. Von Caracal habe ich mir schöne Decals für moderne B-1B besorgt. Die Dinger gingen auch aufs Modell wie Butter. Aber ich wollte den Trägerfilm wirklich verschwinden lassen. Also lackierte ich mehrmals mit Klarlack über und schliff mit 1500er Schleifpapier herunter, so lange, bis die Kante vom Trägerfilm aufgefüllt und unsichtbar war. Ein bisschen Mehraufwand, es sieht aber auch echt besser aus.

Nun fehlten noch Kleinigkeiten: Abplatzer an den Triebwerkseinläufen aus Zink-Chromat. Metallfarbe und Drybrushing auf den Schmuckstücken von Düsen.

Der Bausatz enthält keine Klarteile für die Positionslichter. Also musste ich sie mit Farbe „faken“. Dazu habe ich das Positionslicht abgeklebt, mit Vallejo Rot oder Blaugrün ausgemalt, und dann mit dünnem Schwarz vom Rand her tupfend abgedunkelt. Das erzeugt die Illusion von Tiefe und Lichtreflexen. Zum Schluss Hochglanzlack drüber, um das Glas zu simulieren – fertig.

Anders als Navy-Jets sind B-1B sauber bis mäßig verschmutzt. So genügte hier ein Washing mit Ölfarbe und etwas Dreck an logischen Stellen (da, wo die Wartungscrew gern ihre Hände hat).

Die Katastrophe: Beim Klarlacken wurde ich leichtsinnig. Ich lackierte mit meiner großvolumigen PS290 und vergaß, den Deckel auf den Farbbecher zu stecken. Schwungvoll sprühte ich ätzenden Klarlack von MRP über den oberen Rumpf. Zu schwungvoll. Der Lack schwappte aus dem Becher und traf voll das Modell. Dort begann er sofort sein zerstörerisches Werk.

Da blieb nur eines: tief durchatmen, die Lackkatastrophe herunterschleifen, und alles von der Grundierung bis zu den Decals neu aufbauen. Das ging dann doch überraschend schnell, weil es örtlich begrenzt war. Dennoch nervig. Aber man lernt ja nur aus seinen Fehlern …

Damit war ich fertig. Jetzt ist Zeit für ein paar schöne Galeriebilder:

Das war’s. Der weiße Wal ist erlegt, und er hätte mich fast mit in den Abgrund gezogen. Zwischenzeitlich war der Bau schon nervig, da wünschte ich mir einen Tamiya-Kit auf den Tisch. Macht aber nichts, am Ende freue ich mich über ein Modell, das nicht jeder hat, und das bei Ausstellungen schon ein Hingucker sein dürfte. Size does matter.

Steffen, wo auch immer du bist, danke für diesen Kit und diese Erfahrung. Es war wahrhaft einzigartig.

Christian Höcherl, Berlin (August 2023)

5 Kommentare zu diesem Beitrag
  1. Das Modell ist wirklich beeindruckend. Toll, was du daraus gemacht hast und ebenso gelungen sind die Bilder. Steffen wäre sicher stolz auf das Ergebnis!

  2. Hallo Christian,
    wie schon in Gatow von mir bemerkt: Sehr gutes Modell, eischließlich Präsentationsplatte!
    Besonders interessant für mich: Die techn. Lösung für den Klappmechanismus. Aus meiner Sicht: Einfach und optimal gelöst. Bei mir wartet noch eine F-111 im Regal (1/72, Hasegawa). Mal sehen, ob ich da so einen Klappmechanismus einbauen muß. Geht sicher auch, z.B. mit Evergreen Vierkantmaterial, hart verklebt und entsprechendem Rundmaterial.
    Wie Du die Positioslampen farblich gestaltet hast – das ist auch für mich ein sehr guter Tip!
    Beste Grüße
    Ralph

  3. An meinen ersten Tag im IPMS Club kann ich mich noch gut erinnern. Dort lag der Flieger mit fast fertiger Flügelmechanik auf dem Tisch. Ich war begeistert. Was jetzt daraus geworden ist, kann man nicht in Worte fassen. Danke auch für die vielen Erfahrungen und Tipps in der Beschreibung. Für mich als Modellfotograf sind Deine Fotos einfach Klasse.

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