Das Original:
Erste Studien zur Entwicklung der Flugabwehrrakete Rheintochter fanden im Herbst 1941 statt, die dann zum Start des entsprechenden Entwicklungsprogramms im Frühjahr 1942 führten und Ende 1942 in die Fertigung bei der Firma Rheinmetall Borsig mündeten.
Das Hauptaggregat bzw. die Startstufe der zweiteiligen Rakete bestand dabei aus einem RhZ-61/2-Raketenantrieb, der mit einer vorgesehenen Brenndauer von lediglich 2,5 Sekunden einen Schub von 74 kN leistete. Nach Abtrennen der Startstufe erfolgte die Zündung der zweiten Stufe, die wiederum eine Brenndauer von ca 10 Sekunden aufweisen sollte.
Wie fast alle Fla-Raketen sollte die Rheintochter mit dem Gerät „Kugelblitz“ als Annäherungszünder ausgestattet werden, wobei die Lenkung mit Hilfe einer Funkfernsteuerung über vier kleine Flügel an der Raketenspitze erfolgte.
Das Programm begann mit dem Grundmuster R I, das eine Gesamtlänge von 6,30 m aufwies. Auf dieser Basis folgte noch die Variante RII, bei der lediglich minimale Änderungen, wie das nach hinten Versetzen des Befestigungsringes für die Hauptflügel um diese weiter unten anzubringen.
Insgesamt fanden bis zum November 1944 ca. 51 Starts der Rheintochter Varianten R I und II unter Verwendung einer umgebauten 8,8 cm Flak 41-Lafette statt. Den Abschluss des Programms bildete die deutlich verkürzte Variante Rheintochter R III, die prinzipiell aus der zweiten Stufe der RII mit zwei seitlich angebrachten Starthilfsraketen bestand.
Originale bzw. aus Originalteilen aufgebaute Rheintöchter gibt es noch in drei Museen zu sehen:
- Steven F. Udvar-Hazy Center, USA
- Deutsches Museum, München
- Deutsches Technikmuseum, Berlin
- RAF-Museum, Cosford
Das Modell:
Ein entsprechendes Modell der Rheintochter II inklusive Startrampe auf Basis der 8,8cm Flak-Lafette gibt es bereits als Resinbausatz von Customscale und als Plastikbausatz von Trumpeter bzw. Bronco im Maßstab 1/35. Ein Modellbaukollege aus Österreich (ehemals Fertigungswerk16) wollte aber diese exotisch wirkende Rakete auch in seinem bevorzugtem Maßstab 1/16 umsetzen.
Unter Verwendung des Plastikbausatzes von Bronco wurden die Abmessungen in den größeren Maßstab mittels 3D CAD übertragen und die Teile danach ausgedruckt. Das Design war dabei so ausgelegt, dass einerseits das Original möglichst genau wiedergegen wird, aber man dabei trotzdem möglichst wenig Aufwand für den Zusammenbau haben sollte. Schließlich mündete das Ganze in insgesamt 16 Teile.
Der Bau des Modells
Obwohl alle gedruckten Teile sehr sauber und präzise gedruckt waren, konnte man bei näherer Betrachtung, insbesondere an den Oberflächen, noch leichte Rillenstrukturen erkennen. Da viele der Teile mit Metallfarben lackiert werden, und auch die Flügel eine solide Basis für die spätere Holzstruktur aufweisen sollten, startete das Bauprojekt mit einer kleinen Schleiforgie. Verwendung fand dafür Nass- Schleifpapier in den Körnungen 180, 250 und 500.
Drei Stunden später, die auf mehrere Tage verteilt waren, lagen alle Teile sauber verschliffen und bereit für die Grundierung vor mir. Auf den Fotos dargestellt sind die Flügel vor und nach der Schleifaktion und die beiden Teile des Grundkorpus nach dem Verschleifen. Mir ist dann noch aufgefallen, dass eine ringförmige Fuge am oberen Segment deutlich zu weit hinten umgesetzt war. Nach Füllen der Rille mit Putty und erneutem Verschleifen wurde diese an der korrekten Stelle mittels Gravurnadel neu erstellt.
Im nächsten Schritt folgte eine saubere Grundierung in seidenmatter schwarzer Farbe (Mr. Surfacer 1500 zu 50/50 verdünnt) mittels Airbrush. Dies ist insbesondere für das Auftragen von Metallfarben ein unverzichtbarer Schritt für ein überzeugendes Ergebnis. Nach einer eintägigen Trockenzeit ging es dann an das Auftragen der Farbe am Korpus. Die Heckdüsen wurden mit Vallejo Nato Black bemalt, die Metallmanschetten für die Flügel am unteren und oberen Segment mit Vallejo Aluminium hell, das untere Mittelsegment wiederum mit Vallejo Nato Black. Die aus zwei kegelförmigen Segmenten bestehende Teile erhielten wiederum einen Auftrag in Vallejo Aluminium und Dark Aluminium, wobei bei allen Farbaufträgen bereits bemalte Bereiche mittels Tamiya-Abklebeband vor Sprühnebel geschützt wurden.
Nach Studium von Museums- und Archivfotos beschloss ich, den zylinderförmigen Bereich der zweiten Stufe mit einem rot/orangefarbenen Ton zu bemalen, den ich aus Vallejo-Farben selbst anmischte. Für den oberen Bereich folgten dann die Farben Aluminium hell, Stahl und Silber.
Nun hieß es wieder warten, bis die Farben vollständig getrocknet und ausgehärtet waren, um anschließend ein leichtes Washing mit Ölfarbe aufzutragen, damit der Korpus nicht wie Spielzeug aussieht und einen leicht benutzten Eindruck vermittelt. Da es sich um eine Waffe handelt, die nur einmal benutzt werden konnte, entfallen echte Alterungsmaßnahmen. Demzufolge habe ich lediglich leichte Abnutzungsspuren dargestellt, die während des Transportes entstanden sein könnten.
Schließlich erhielten die kleinen oberen Steuerungsflügel noch eine Holzstruktur und wurden angebaut.
Nun fehlten noch die vier unteren und die sechs mittleren Flügel, die beim Original auch aus Holz bestanden. Wichtig dabei ist auch, dass die Enden von zwei der mittleren Flügel mit Leuchtkörpern versehen waren, um das Flugverhalten der Raketen besser erkennen und nachverfolgen zu können.
Zur Darstellung des Holzes habe ich eine der bekannten Methode genutzt, die wie folgt funktioniert:
1. Grundierung der Fläche mit Sand- oder Hautfarbe
2. Auftragen der Holzmaserung mittels Ölfarbe
Dabei kann man sich an Fotos von Holzparkett oder Holzkisten orientieren. Wichtig ist, die Maserung nicht eintönig zu gestalten und auch Astlöcher und Holzschäden darzustellen.
3. Auftragen von eine lasierenden Schicht Tamiya Orange Clear
Dies verleiht dem Ganzen eine gewisse und überzeugende Note.
Die Aktivität zur Bemalung der Flügel verteilte sich auf mehrere Abende, und man sollte dem auch entsprechende Zeit widmen.
Nun ging es in den Endspurt, denn nach Fertigstellung der Flügel war die Rakete eigentlich so gut wie fertig – so zumindest mein Verständnis. Aber leider falsch gedacht. Für die Farbgebung hatte ich mich ursprünglich an einem Foto der Rheintochter orientiert, das die Rakete in Abschussposition auf einer relativ schmal ausgeführten Rampe zeigte. Bei den Heckflügeln waren darüber hinaus auch noch zwei Holzplatten zur Stabilisierung der Flügel vorhanden. Dies ist auch schön auf dem in diesem Artikel enthaltenen Bild zu sehen, bei dem sich die erste und zweite Stufe voneinander trennen. Ich nenne diese Version Rheintochter IIa. Charakteristisch für sie ist, dass die vier unteren Flügel nicht um jeweils 90° versetzt angeordnet waren, sondern jeweils zwei davon seitlich nur einen Winkel von 60° aufwiesen, um den Flugkörper problemlos von der Standardausführung der Abschussrampe starten zu können.
Das mir vorliegenden Design wies jedoch die 90° Anordnung der Heckflügel auf. Diese existierte ebenso, wurde aber von einer modifizierten höheren Rampe aus abgefeuert, die sicherstellte, dass die Heckflügel nicht mit der Lafette kollidierten. Die Ausführung bezeichne ich als Rheintochter IIb.
Auf dem Foto des Originales sind noch Abstandshalter bzw. Stabilisatoren zwischen den seitlichen Heckflügeln zu erkennen, die ich zusammen mit ihren kleinen Befestigungsgplatten aus Platik Sheet nachgebaut, bemalt und ergänzt habe.
Damit war das Projekt fertig, und mein Bastelkollege hat ein weiteres Unikat in seiner Modellbauwerkstatt.
Ich hatte ihn so verstanden, dass er bereits mit der Konstruktion der Startlafette begonnen hat.
Fazit:
Dieses Modell war für mich eine echte Abwechslung und hat mir so richtig Freude gemacht. Kurz vor dem Versenden des Modells nach Österreich ist mir dann noch aufgefallen, dass das Foto des Originales im mittleren Bereich ein schwarzes Segment aufweist, was dann noch entsprechend umlackiert wurde.
Gert Brandl, Berlin (August 2023)
Eine Rheintochter steht auch im RAF-Museum Cosford.
Lieber Roland,
vielen Dank für die Info. Wird ergänzt.
Gert
Hallo Gert,
ein äußerst interessantes Modell. Vielen Dank für die umfangreiche Recherche. Wie ich sehe, hast Du es leider schon versendet. Ich hätte es gerne auch direkt vor Augen gesehen. So bleiben mir die super Fotos.
Hallo Reinhard,
danke für die nette Rückmeldung.
Ich habe vor kurzem noch einen 1:35 Cromwell Bausatz der Rheintochter I in meinem Lager gefunden und will den in absehbarer Zeit bauen. An der einen oder anderen Stelle will ich da noch nachbessern. Inzwischen gibt es im InterNet deutlich mehr Infos, als vor 30 Jahren, als der Bausatz in den Markt gelangte.
Gert