Das Vorbild: Die Navy suchte zum Ende der 1960er-Jahre nach einem Ersatz für ihre in die Jahre gekommenen trägergestützten Jäger, vor allem die F-4 Phantom II. Zugleich sollte das neue Flugzeug auch als langsam fliegende Raketenstartbasis zur Flottenverteidigung und somit als Ersatz für die geplante und aus Kostengründen wieder verworfene F6D Missileer dienen. Als auch das Programm General Dynamics F-111B zu scheitern drohte (das Flugzeug war für Trägerlandungen zu groß und zu schnell), bot Grumman im Oktober 1967 den Entwurf G303, die spätere Tomcat, an. Die Frage, ob das Flugzeug starre Tragflächen oder wie die F-111 Schwenkflügel besitzen sollte, ließ man zunächst offen. Die Navy ging anfangs nicht auf das Angebot ein, da man noch letzte Versuche unternehmen wollte, die F-111B zu retten.
Erst nachdem im Juli 1968 das Projekt F-111B mit Sicherheit aufgegeben worden war, schrieb die Navy wieder einen Flotten-Abfangjäger unter dem Titel VFX aus. Grumman bot die G303 gegen Entwürfe von Northrop American, LTV, General Dynamics und McDonnell-Douglas an. Schließlich erhielt Grumman, die seit drei Jahrzehnten immer wieder erfolgreiche Flugzeugmuster für die Navy gebaut hatten, im Januar 1969 den Zuschlag. Das Projekt erhielt hohe Priorität, da man durch die gescheiterten Missileer- und F-111-Projekte viel Zeit verloren hatte und sich die Navy Sorgen wegen neuer sowjetischer Hochleistungsflugzeuge wie der MiG-25 machte.
Im Frühjahr 1969 war die Entscheidung für die Schwenkflügel gefallen, und man kam überein, dass zunächst sechs Prototypen YF-14A Tomcat gebaut und intensiv getestet werden sollten. Später wurde der Vertrag auf zwölf Flugzeuge ausgedehnt. Der erste flugfähige Prototyp hob am 21. Dezember 1970 mit den beiden Grumman-Werkspiloten William Miller und Robert Smythe zu einem ersten kurzen Flug mit voll ausgeschwenkten Flügeln vom Boden ab. Beim zweiten Testflug neun Tage später ging die Maschine durch einen Hydraulik- und Triebwerksschaden verloren. Miller und Smythe konnten sich knapp über Baumwipfelhöhe aus dem abstürzenden Flugzeug schießen.
Das Testprogramm hätte kaum einen ungünstigeren Verlauf nehmen können. Bis zum Mai 1971 wurde deshalb zunächst weiter an der F-14 entwickelt, bevor die Erprobung mit dem Erstflug des zweiten Prototyps am 24. Mai 1971 fortgesetzt wurde. Dabei gingen nochmals zwei Maschinen verloren. Am 20. Juni 1973 kollidierte bei Waffentests eine AIM-7 Sparrow-Rakete kurz nach dem
Abfeuern mit dem Prototyp Nr. 5. Die Jetbesatzung konnte sich mit dem Schleudersitz retten und bekam später den humorvollen Titel „Die Tomcat-Piloten, die sich selbst abgeschossen haben“ verliehen. Als Konsequenz aus diesem Unfall wurden die pyrotechnischen Ladungen an den Raketenpylonen verstärkt. Der Waffentest hatte somit seinen Zweck erfüllt. Am 29. Juli 1973 starb William Miller, als er – allein fliegend – mit dem Prototyp Nr. 10 abstürzte.
Die ersten in Serie gebauten Tomcats wurden bereits ab Oktober 1972 an die Naval Air Station (NAS) Miramar in Kalifornien ausgeliefert.Ab 14. November 1987 wurde die Version F-14A (Plus) eingeführt. Hauptunterschied sind die neuen Triebwerke F110-GE-400 von General Electric. Dieser Ersatz wurde notwendig, da die ursprünglich eingebauten TF30-Triebwerke von P&W zu keinem Zeitpunkt befriedigen konnten. Sie waren leistungsschwach, schwer wartbar, und überdies unzuverlässig und unfallträchtig. Häufigste Ursache für den Verlust von Tomcats war, dass Turbinenschaufeln abbrachen, durchs Triebwerk flogen und es dabei zerstörten. 1991 wurde die F-14A (Plus) in F-14B umbenannt. (Neu gebaut: 38 Stück, umgebaute F-14A: 47 Stück, insgesamt: 85 Stück).
(unveränderte Übernahme des Textes von Steffen Arndt für die HB F-14B)
Das Modell: Der stabile Stülpkarton (45x33x11) ist randvoll gepackt, die Teile der Cockpithaube liegen in einer gesonderten Schachtel. Die Decalbögen befinden sich zusammen mit Metallteilen in einer Tüte. Die Spritzrahmen sind überwiegend relativ klein, vielfach wurden Schiebeformen (slide molding) zur Anwendung gebracht. Im direkten vergleich der “B”-Version schneidet das GWH-Produkt gegenüber den konkurrierenden Modellen von Hobby Boss (grundsätzliche, kaum korrigierbare Fehler) und Hasegawa (schwierig zu bauen, großer Korrekturaufwand) deutlich besser ab. Gegenüber der Tamiya Tomcat (A und D) fällt der größere Detaillierungsgrad durch viele filigrane Kleinteile sowie anderen Merkmale der Zelle und die etwas kräftigere Strukturierung der Oberfläche auf. Zur Passgenauigkeit kann noch nichts gesagt werden. Die Baugruppenaufteilung ist konventionell. Der Zentralrumpf besteht aus Ober- und Unterschale, der li./re. geteilte Vorderrumpf wird angesetzt, die Tragflügelkonstruktion kann nach Montage des Rumpfes angesetzt werden.
Einzigartig bisher: Der Verstellmechanismus am Flügelkasten ist offen darstellbar.
Auf den Innenseiten der Rumpfteile (core side) sind Aussparungen zum Öffnen diverser Rumpfpaneele zu erkennen. Es ist bisher unbekannt, ob GWH selbst oder mit einem Unternehmen der Zurüsthersteller (aftermarket) diesbezüglich kooperiert.
Die versenkten Details sind hier gut sichtbar. Sie sind etwas kräftiger als bei Tamiya, was vielen Modellbauern entgegenkommen dürfte. Die Oberfläche ist glatt und weist keine “Orangenhaut” auf. Mad, the riveter, hat bei GWH nicht angeheuert!
Die Käfigstruktur des Gussrahmens dient nicht dem Schutz der Bauteile, sondern ist eine Notwendigkeit wegen der Schiebeformen.
Die Tragflächen lassen sich im geschwenkten Zustand anbauen. Dann müssen Vorflügel, Klappen und Bremsklappen eingefahren sein. Voll ausgeschwenkt können gefahrene Slats und Flaps und Bremsklappen gezeigt werden. Bei gefahrenen Bremsklappen ist auf die Farbgebung des Mechanismus zu achten (siehe weiter unten bei Literaturhinweisen).
Die Lamellen an der Hinterkante der Wing Gloves sind abhängig von der Flügelstellung unterschiedlich ausgeformt! Auch das hat bisher kein Hersteller berücksichtigt.
Eine Fülle von Details aus dem Innenleben der Flugzeugzelle erfordern doch wieder gute alte Arbeit mit dem feinsten Pinsel – good old times-.
Schön, dass GWH das Verkleidungsblech für den Laufbereich der Bordkanone in der frühen und der späten Ausführung anbietet. Im Laufe ihrer Dienstzeit sind alle F-14 auf den späten Standard mit den NACA-Entlüftungen umgebaut worden. Der Kinnsensor liegt in zwei Ausführungen bei. Eine D-Version ist allerdings nicht darstellbar.
Die Cockpitdetails wissen zu gefallen.
Die Seitenleitwerke kommen mit den Verstärkungsstreifen. Die Triebwerksverkleidungen liegen ausschließlich für die F-14 mit GE-Triebwerken vor.
Für die Fahrwerksschächte, das Fahrwerk selber und das Cockpit gibt es jede Menge Kleinteile. Der hier verwirklichte Detaillierungsgrad liegt deutlich höher als bei allen anderen vergleichbaren Modellen.
Die Hauptfahrwerksräder hat GWH in zwei Versionen verwirklicht. Das Rad (Felge) wird von der Innenseite her in den Reifen eingesetzt. Die Reifen sind belastet dargestellt.
Außenlasten sind sechs AIM-54 C, sechs AIM-7F, zwei AIM-9L und zwei Zusatztanks. Das war’s. Das ist zu wenig – Punkt -. Ein zeitgemäßer Bausatz dieser Preisklasse muss mindestens den TARPS-Aufklärungsbehälter (hinterer rechter Aufhängepunkt) einschließlich C/G-Ausgleichsgewichte und wenigstens eine Sorte GBU beinhalten. Tamiya oder Hasegawa sind kein Orientierungsmaßstab.
Da hilft es auch nichts, wenn die Detaillierung der vorhandenen Elemente sehr gut ist.
Die bewegliche Kabinenabdeckung besteht aus zwei Hauptelementen. Das Klarsichtteil wird von innen in den Kanzelrahmen eingesetzt. Der separate Kanzelrahmen erleichtert natürlich die Lackierarbeit ungemein, aber viele Modellbauer hätten gerne eine konventionell gestaltete Kabinenhaube als Alternative im Bausatz. Gelegenheit dazu hat GWH in den kommenden Varianten-Bausätzen. Das vordere feste Kabinenteil (Windshield) ist in die Struktur der umgebenden Abdeckbleche integriert. Dieses Konzept war schon bei den Bausätzen der Su-27/30/35 von GWH und der Tamiya F-4 und F-14 angewendet worden. Kommende F-4 sollten das berücksichtigen (😉). Lackiermasken gehören in der Luxusklasse zur Standardausstattung.
Die Photoätzteile werden vorwiegend für die Nachbildung des Radarpanels verwendet. Einige Teile, wie beispielsweise die Slimelights (Leuchtstreifen) hätten auch gut auf den Rumpf- und Leitwerksflächen dargestellt werden können. Der Metallstab findet als stabile Stütze für die geöffnete Kabine seine Anwendung. In diesem Ensemble wir ein gedrehtes Pitotrohr für die Radarspitze schmerzlich vermisst. Das gehört bei einem Modell dieser Preisklasse zur obligatorischen Ausstattung, bei den Erstauflagen der Su-27/30 Bausätze funktionierte das ja auch. Meines Erachtens besteht hier dringender Nachholbedarf.
Anleitung/Bemalung: Ein großer Decalbogen für die individuellen Markierungen von vier Flugzeugen und zwei kleinere Bögen, davon einer mit Stencils und Cockpit-Elementen und einer für die Außenlasten ergänzen den Bausatz. Nach Herstellerangaben wurden der graphische Entwurf von Galaxy erstellt. Das beruhigt. Gedruckt wurde allerdings in China oder in anderen Worten: ein Druck bei Cartograf in Italien wäre beruhigender gewesen (Meng schafft das!).
Die Bauanleitung wird von einem gefalteten DIN-A3-Blatt umhüllt, auf der Innenseite befindet sich eine Teileübersicht.
Die geheftete, 24seitige und auf Hochglanzpapier gedruckte Bauanleitung basiert offensichtlich auf dem Designer Manual für die Produktentwicklungsabteilung. Eine spezifischere Bearbeitung für die Nutzer hätte erfolgen müssen.
Die Platzierung von Kleinstteilen ist ausgesprochen ungenau. Entweder erfolgt die Montage nach dem Wahrscheinlichkeitsprinzip, oder andere Medien müssen zu Rate gezogen werden. Beispielsweise wird die Montage der Bugfahrwerksgruppe im Vorderrumpf auf Seite 12 nur angedeutet.
Den Abschluss der Bauanleitung bilden Farb- und Markierungshinweise für die Außenlasten und Risszeichnungen für die Platzierung der Stencils.
Die beiden doppelseitigen Hochglanz Markierungs- und Bemalungsvorschläge im Box-Format betreffen vier Flugzeuge:
A: VF-103 Jolly Rogers, 2002
B: VF-102 Diamond Backs, 2004
C: VF-32 Swordsman, 2005
D: VF-101 Grim Reapers, 2004
Alle vier Farbvorschläge zeigen Flugzeuge aus der letzten Nutzungsphase, in der farbige Markierungen auf Variationen des Tactical Paint Scheme aufgebracht wurden. Wer Maschinen “Grau in Grau”, also TPS mit grauen Markierungen, bauen möchte, ist auf den Zubehörmarkt angewiesen. Dieser ist allerdings derzeit ziemlich leergefegt.
Die BA verweist ausschließlich auf das GSI Creos Mr. COLOR Farbsystem.
Dies sind die Grundfarben des TPS, von li. nach re.:
FS35237, FS36320, FS36375
Das Erscheinungsbild variiert bei gedruckten wie auch bei digitalen Bildern erheblich. Das betrifft Kontrast, Helligkeit und Farbbeiwerte (z.b. Blaustich). Wichtig ist die nur subjektiv ermittelte Stimmigkeit der Gesamterscheinung.
Literatur: Die mangelhafte Darstellung einiger Montageschritte in der Bauanleitung zwingt dem Modellbauer geradezu eigene Recherchearbeit auf. Deshalb erfolgt hier eine Kurzbewertung von drei Editionen:
John Lakes F-14 Buch (ebenso das F-4 Pendant) sind ästhetische Meisterwerke der Luftfahrtliteratur. Hervorragende Photos, Zeichnungen und Farbgrafiken führen durch die Entwicklung, Einsatzgeschichte und Nutzerbiographie der F-14. Leider nur noch antiquarisch erhältlich. Wenn eines zu einem akzeptablen Preis gefunden wird: Sofort zuschlagen.
Danny Coremanns` Buch ist ohne jegliche Einschränkung mit wirklich allerbesten, großen und gestochen scharfen und zielführenden Farbfotos aller modellbaulich relevanten Baugruppen der F-14 einschließlich Außenlasten versehen. Im hinteren Umschlag befinden sich ausklappbare Zeichnungen in 1/48 und 1/72. Hinsichtlich der oben angeführten Mängel der Bauanleitung für den Modellbauer die Empfehlung No. 1.
Dieser Viererpack ist leider nicht auf Hochglanzpapier gedruckt! Dafür sind die Detail&Scale-Publikationen auch als eBook fürs Tablet erhältlich. Da kann man in die Fotos hinein zoomen.
Besonders empfehlenswert für den pragmatischen Modellbau sind der letztgezeigte graue Band von Haagen Klaus zur Entwicklungsgeschichte und mit einer Modellbausektion und Vol. 5 mit nützlichen Hinweisen zur farblichen Gestaltung.
Fazit: Für einen rabattfreien Verkaufspreis von knapp € 150 beim Importeur wird hier zu wenig geboten. Das betrifft zu wenige Außenlasten, ein fehlendes gedrehtes Metallpitot, fehlende Abklebemasken und eine nicht hinreichend editierte Bauanleitung. Ansonsten hat der Bausatz das Potenzial für das Urteil: beste Tomcat aller Maßstäbe.
Andreas Beck, Berlin (August 2023)