Das Original: „Gabelschwanzteufel” nannten die Deutschen ebenso respektvoll wie passend diesen schweren Jäger/Jagdbomber mit dem charakteristischen Doppelrumpf. Die Entwicklung begann bereits 1937 aufgrund einer Ausschreibung der US-Luftwaffe. Zwei Jahre später erhob sich der Prototyp in die Lüfte, der allerdings schon 14 Tage später bei der Landung abstürzte. Doch Lockheed gab nicht auf und überarbeitete noch einmal gründlich die Konstruktion, und wenig später waren 13 YP-38 als Versuchsflugzeuge fertig gestellt. 1940 erfolgte dann ein Großauftrag über 673 Maschinen. Die P-38D war dann die erste Version, die an die fliegende Truppe ab August 1941 ausgeliefert wurde. Der Kriegseintritt der USA begünstigte die zügige Weiterentwicklung, denn die Lightning litt trotz Ihres Potenzials noch unter einigen Kinderkrankheiten. Aber der Bedarf an Jägern war groß, und Lockheed gelang es nach und nach, sie zuverlässiger und leistungsstärker zu machen. Mit der P-38 J/L stand dann ein ausgereiftes Muster zur Verfügung. Dennoch war sie nicht leicht zu fliegen, und viele unerfahrene Piloten hatten Ihre Probleme mit ihr. Lockheeds Chefpilot Tony LeVier wurde deshalb sogar an die Front geschickt, um den Piloten vor Ort zu zeigen, welche Fehler die Lightning nicht verzeiht, aber auch wie man sie im Luftkampf optimal einsetzt. Dennoch wurde sie auf dem europäischen Kriegsschauplatz langsam aber sicher von der P-47 und vor allem der P-51 verdrängt. Im Pazifik hingegen war sie vor allem wegen Ihrer großen Reichweite gefragt und zerstörte dort mehr japanische Flugzeuge als jeder andere Jäger. Besonders spektakulär war dort 1943 der erfolgreiche Einsatz von sechzehn P-38 im Rahmen der “Operation Vengeance” gegen den japanischen Admiral Isoroku Yamamoto. Insgesamt wurden 9923 Exemplare gefertigt, etwas über 1000 davon zu Fotoaufklären umgebaut.
Das Modell: Bereits 2011 startete ich mit diesem Projekt. Späte Lightnings (die mit dem wuchtigen Kinnkühler) in ansprechender Qualität gab es damals nur von Academy und Hasegawa, die beide aus den Neunzigern stammen. Der Academy-Kit erwies sich beim “Trockenbau” mit Hilfe von viel Klebeband als das authentischere Modell. Die Würfel waren somit gefallen. Um den Bausatz weiter aufzuwerten, wählte ich als Zubehör noch einen Satz photogeätzte Gurte, abgeflachte Reifen der Firma True Details und das Engine Set von Quickboost, um den Backbordmotor geöffnet darstellen zu können. Als Antennendraht kam flexible Anglerleine zum Einsatz. Der Bau an sich bereitet keine größeren Schwierigkeiten. Lediglich die korrekte Ausrichtung des Doppelrumpfes mit den angrenzenden Bauteilen verlangt etwas mehr Aufmerksamkeit als sonst. Viel problematischer dagegen ist die Passgenauigkeit der Teile in diesen Bereichen. Hier muss vor allem bei den Übergängen Rumpf/Tragfläche intensiv gespachtelt und geschliffen werden. Um das Modell lebendiger zu gestalten, wurden Quer- und Höhenruder herausgesägt, um sie in leicht angewinkelter Stellung wieder anbauen zu können. Ein zusätzlicher Zeitaufwand, aber einer der sich lohnt! Große Erleichterung, als das Modell probeweise zum ersten Mal auf sein Fahrwerk gesetzt wird. Die eingesetzten Gewichte im Bug reichen aus und meine Lightning ist kein “Tailsitter”!
Die Vorlage: Hier wurde dann doch noch etwas vom Hasegawa-Bausatz übernommen. Dort waren Decals für die “Virginia Marie” von 1st Lieutenant Caroll Anderson enthalten, die Ende 1944 in der Nähe von Neu Guinea im Pazifik eingesetzt wurde. Mit Ihrem vorschriftswidrig in blau lackierten Blendschutz (vorgeschrieben war die Farbe Olive Drab) fiel sie mir sofort ins Auge. Diese Maschine musste es sein! Ich entnahm die Decals aus diesem Bausatz, obwohl ich die meisten nur als Vorlage zum Lackieren benötigte.
Was macht Tamiya?
Kurz vor Beginn der Lackierarbeiten kam überraschend ein weiterer Lightning-Bausatz des japanischen Herstellers auf den Markt, der in Sachen Detaillierung und Passgenauigkeit neue Maßstäbe schuf. War der Academy-Bausatz jetzt obsolet? Glücklicherweise beschränkte sich Tamiya auf eine frühe Version. Ansonsten hätte ich mir die Fertigstellung vielleicht noch einmal überlegt! Als Tamiya dann doch noch eine späte Version nachlegte, war der Bau bereits abgeschlossen.
Die Lackierung: Für die Silbertöne verwendete ich die Super Metallic-Farben von Mr. Hobby (Gunze). Mit vier verschiedenen Farbtönen (Chrome Silver, Super Iron, Super Titanium und Super Fine Silver) wurden einzelne Segmente lackiert und danach abgeklebt. So entstehen langsam aber sicher dem Original entsprechend leichte Farbnuancen, die das Modell deutlich realistischer erscheinen lassen.
Der Blauton (im Original FS 15102) wurde ebenfalls mit Mr. Hobby-Farben angemischt. Das Blau musste natürlich mit der Farbe der Decals übereinstimmen. Und hier genau lag das Problem: Die Decals sind meiner Meinung nach etwas zu grünstichig (wie schon öfter bei Hasegawa). Ich wählte hier einen Kompromiss, in dem ich mich dem Farbton der Decals annäherte, bis der Unterschied nur noch auf dem zweiten Blick zu erkennen war. Durch das viele Abkleben war dieser Arbeitsschritt insgesamt sehr zeitaufwändig und nahm mit einigen Nachbesserungen ca. zwei Monate in Anspruch. Mit Aufhellungen aufgrund Sonneneinstrahlung, Verschleißspuren und Verschmutzungen hielt ich mich diesmal bewusst zurück, weil ich sie für diese “Schönheit” als unpassend empfand. Demzufolge wählte ich ein dezentes Washing mit klassischer Künstler-Ölfarbe, die sich noch 1-2 Tage später gut entfernen lässt. Lediglich die Bereifung wurde dem Original entsprechend deutlich mit sandfarbener Ölfarbe bedacht. Versiegelt wurde das Ganze mit matten Klarlack von. Mr. Hobby.
Letzte Schritte: Die Fixierung des Antennendrahtes, der sich kurz hinter dem Cockpit noch einmal aufteilt, verlangt eine ruhige Hand. Beim Anbringen der Fahrwerksklappen zeigt sich leider noch einmal die mäßige Passgenauigkeit. Und die kleine gelochte Leiste, die hinter der abgenommenen Triebwerksverkleidung zum Vorschein kommt, wird noch schnell aus Plastikstreifen selbst hergestellt.
Fazit: Was lange währt, wird gut. Die “Virginia Marie” hat schon so mancher Modellbauer als Vorbild auserwählt. Es gibt sie mittlerweile sogar als Fertigmodell. Die P-38 unterstreicht gerade in diesem blau-silbernen Farbkleid Ihre ganz eigene Eleganz. Der Aufwand hat sich also gelohnt!
Marco Doehring, Stuttgart (Februar 2023)