Vorbild: Die Galeone war einer der vorherrschenden Schiffstypen bis in die elisabethanische Epoche (1558 – 1603) Da die spanischen Schiffe (Karacken und Galeonen) damals als die besten der Welt galten, dienten sie selbst den englischen Schiffsbaumeistern als Vorbild. Ursprünglich waren Galeonen als Handels und Frachtschiffe für die Routen nach Südamerika konzipiert. Auffällig waren bei den Galeonen vor allem die hohen Kastelle, die als Kampfplattformen dienten, und dadurch das Entern durch feindliche Soldaten erschweren sollten. Spanien, als stärkste Seemacht jener Zeit, bewaffnete seine Schiffe nicht allzu sehr, da sie kaum Gegner zu fürchten hatten. Dies sollte sich erst mit Auftauchen von Piraten, und den Konflikten mit England ändern. Es kamen Geschütze unterschiedlichster Kaliber mit Radlafetten und Kastenbettung zum Einsatz, wobei die Radlafetten anfangs nur unter Deck aufgestellt wurden, während die leichteren Kaliber (meistens umgebaute Feldschlangen) in Kastenbettung mit zwei Laufrollen auf dem Oberdeck positioniert waren.
Bausatz: Vorab der Hinweis, dass dieser Bausatz nur etwas für Modellbauer mit genügend Platz ist. Immerhin bringt es das Schiff auf die stattliche Länge von 72 cm, bei einer Höhe von 63 cm, und ist damit neben der USS United States und der Cutty Sark das größte von Revell angebotene Segelschiff!
Revell hat seinen Bausatz der Spanischen Galeone von 1971 wieder neu aufgelegt. Obwohl die Formen schon gut 50 Jahre auf dem Buckel haben, braucht sich der Bausatz nicht hinter aktuellen Produkten der Gattung Segelschiff verstecken. Im riesengroßen praktischen Stülpkarton (75cm x 47cm x 11cm) mit einem Bild einer nicht näher benannten Galeone kommt der Bausatz zum Kunden. Nach dem Öffnen ist auch schnell klar, wieso der Karton so groß ist. Die riesigen Rumpfhälften, und Gussäste wollen schließlich untergebracht werden. Insgesamt hat der Bausatz 306 Teile (die hohe Zahl kommt natürlich auch durch die Blöcke und Jungfern für das laufende und stehende Gut zusammen), verteilt auf drei braune, und einen schwarzen Gussrahmen.




Dazu kommen noch zwei Bögen tiefgezogenes Plastik mit den Segeln dazu.


In einem kleineren Tütchen liegen zwei Rahmen mit 40 Figuren, die aber für 1/96 definitiv zu groß sind. Den Maßstab würde ich eher bei 1/82 bis 1/78 ansiedeln. Diesen Maßstab würde ich generell für den gesamten Bausatz vermuten, was auch schon in mehreren englischsprachigen Foren angemerkt wurde.


Des Weiteren sind in einer separaten Tüte die Bauanleitung, Decals, Wimpel (auf Papier gedruckt), sowie Garn für die Takelage.
Die Plastikteile sind gut abgeformt, weisen allerdings die eine oder andere Auswerfermarke, Fischhaut und Sinkstellen auf. Alle größeren Oberflächen besitzen eine schöne Holzmaserung, die, wenn sie beim Bau durch leichtes Anschleifen gebrochen und entsprechend lackiert werden, sehr natürlich aussehen. Sogar die Schanzkleider sind auf der Innenseite gemasert.





Die Segel aus tiefgezogenem Plastik müssen ausgeschnitten werden. Diese sollte man evtl. durch Stoff oder Japanpapier ersetzen.
Die Flaggen und Wimpel liegen gedruckt auf Papier vor. Hier gilt eigentlich dasselbe wie bei den Segeln.

Des Weiteren gibt es noch einen Decalbogen mit dem den Wappen etc. für die Segel (Diese haften aber nur auf den Plastiksegeln!).

Selbstverständlich kann man die Segel auch weglassen, um die Takelage und das Deck besser zu sehen. Dann sollte man aber auf jeden Fall die Rahen tiefer setzen (der Fehler, die Rahen auf der Höhe wie mit angeschlagenen Segeln zu montieren wird gerne gemacht).


Einige Bauteile, wie zum Beispiel die Kanonen, sind allerdings historisch nicht ganz korrekt, bzw. sehr vereinfacht. Da sie aus zwei Hälften bestehen, ist nach dem verkleben etwas Nacharbeit nötig. Insgesamt hatte das dargestellte Schiff 42 Kanonen, von denen aber nur 20 Stück sichtbar sind (alle auf dem Oberdeck). Hier ist dann wieder der Modellbauer gefragt, falls er auch Kanonen auf dem unteren Batteriedeck ausgerannt darstellen will.
Sehr gut gefällt mir, dass die Masten und großen Rahen aus zwei Hälften bestehen. Dadurch kann man einen passenden Draht oder Rohr einlegen, um die Stabilität gegen Durchbiegen erhöhen. Dies ist besonders wichtig, da durch die Takelage sehr große Kräfte auf das Bauteil einwirken, was ohne Verstärkung zwangsläufig zu Krümmungen führt.
Die Wanten sind als Spritzling ausgeführt, und weisen leider doch einige Auswerfermarken auf,die schwer zubeseitigen sind. Hier sollte man erwägen, diese durch selbst zu erstellende Wanten zu ersetzen, was allerdings ein sehr hoher Aufwand bedeutet, aber auf jeden Fall lohnt. Das Garn liegt in unterschiedlicher Farbe und Stärke für die Takelung vor. Kleiner Tipp am Rande. Man sollte das Garn ein wenig an einem Kerzenrest durchziehen, und danach ganz vorsichtig mit dem Feuerzeug erhitzen, um das Wachs am Garn zu verflüssigen. Dadurch wird das Garn etwas steifer (neigt damit dem gefürchteten Durchhängen im Laufe der Zeit entgegen), nimmt nicht so viel Staub auf, und die Struktur des Garns wirkt auch natürlicher.
Die Farbgebung an den Kastellen ist fiktiv, und keinem bestimmten Schiff zugeordnet. Alle Farben beziehen sich auf das hauseigene Farbsystem.



Die Bauanleitung ist natürlich im neuen Revell-Design gehalten, und 48 Seiten stark! Allein 25 Seiten behandeln das Anbringen der Takelage.
Sehr lobenswert ist der recht gutgemachte Takelplan. Waren noch bei der English Man Of War (eigentlich der fast identische Bausatz, bis auf einige Teile) die Taue einfach schwarz eingezeichnet, so sind sie jetzt farblich abgesetzt besser zu unterscheiden! Die vorhandenen Blöcke und Jungfern kann man natürlich auch durch bessere (aus Holz) aus dem Zubehörhandel ersetzen, was aber mit einigen Mehrkosten verbunden ist.
Fazit: Um dieses Schiff zu bauen, bedarf es doch einiges an Erfahrung im Modellbau, speziell im Segelschiffsbau. Auch sollte man sich über entsprechende Literatur oder das Internet mit den historisch korrekten Bestandteilen, bzw. Aussehen auseinandersetzen. Als Beispiel für das korrekte Aussehen mögen die Mastbetinge (die Balken vor den Masten, an denen die Taue festgemacht werden) dienen. Im Bausatz sind sie mit sogenannten Belegnägeln versehen, welche sich um 1600 aber noch nicht durchgesetzt hatten. Wer sich also so richtig austoben will, findet mit diesem Bausatz eine gute Grundlage.
Aber auch stur aus der Schachtel gebaut, wird es ein imposantes Modell. In diesem Fall sollten auch nicht so geübte Modellbauer mit etwas Geduld ans Ziel kommen.
Dank an Revell für die Bereitstellung des Musters.
Der Bausatz kann im gut sortierten Fachgeschäft oder direkt bei Revell (zur Zeit aber noch nicht im Shop) erworben werden.
Jürgen Bellenbaum, Dallgow-Döberitz (August 2025)
Literatur:
Mondfeld
Historische Schiffsmodelle
ISBN-13: 9783572008476
