Vorbild: Die Arado Ar 234B war zum Ende des WK II der erste einsatzfähige Strahlbomber der deutschen Luftwaffe. Der Erstflug fand mit zwei Jumo 004-Strahltriebwerden am 30. Juli 1943 statt. Die frühen Prototypen benutzten einen Startwagen und landeten auf Kufen. Da dieses nicht besonders praxisnah war, wurde der Rumpf verstärkt und ein Fahrwerk eingebaut. Die umkonstruierte Maschine in der B-Version flog erstmals im März 1944.
Die Aufklärervariante wurde ab Juni 1944 eingesetzt und bis zum ersten Kampfeinsatz der Bomberversion dauerte es noch bis Anfang 1945. Die Abwurfwaffen mussten extern mitgeführt werden und verminderten die Höchstgeschwindigkeit auf 660 km/h. Für den Antrieb fanden bei der C-Variante vier BMW 003 Verwendung. Von dieser baute man jedoch nur noch Einzelexemplare. Bis März 1945 entstanden insgesamt 214 Ar 234 in unterschiedlichen Versionen.
Bausatz: Für immerhin zehn Jahre galt der Lindberg Bausatz als einzige Option zum Bau des ersten Strahlbombers. Danach wurde er von einem weit besseren Modell der britischen Firma „Frog“ ersetzt. Deren Gussform fand allerdings kurze Zeit später ihren Weg zu Revell nach Bünde, von wo aus der Kit etliche Male wiederaufgelegt wurde, zuletzt sogar in einer Matchbox-Schachtel. 1992 folgte dann ein Bausatz von Dragon, der bis heute als ultimative Option für die Ar 234 im Sammlermaßstab gilt.
Allerdings wurde auch der Lindberg-Bausatz des Öfteren neu veröffentlicht und ist wahrscheinlich sogar heute noch irgendwo erhältlich. Sein Detaillierungsgrad bewegt sich freilich auf den Stand von 1966, denn damals beschloss die Firma aus Illinois auch Plastikmodelle im Standardmaßstab aufzulegen. Erfreulicherweise wurden hierfür seinerzeit auch einige bislang noch gar nicht umgesetzte Vorbilder der ehemaligen deutschen Luftwaffe auserkoren. Somit war dieses Baumuster damals die erste und einzige Wahl.
Heute können die wenigen an Mittelästen abgegossenen Teile freilich bestenfalls einen Easy-Kit darstellen, der recht flott und unproblematisch zusammengesetzt werden kann. Er wäre somit uneingeschränkt für Einsteiger zu empfehlen und eignet sich ebenfalls sehr gut als Projekt für zwischendurch.
Glücklicherweise wurden bei der Verkleinerung auf den Maßstab 1/72 diesmal keine Detailfehler begangen, welche sonst etliche der Luftwaffe-Kits aus Skokie plagen. Somit wären dann auch die Verkleidungen der zwei Düsentriebwerke authentisch, wie sich auch Rumpf und Tragflächen durchaus sehen lassen können. Lediglich die Klarsichtteile wurden leider entwertet, weil man hier einmal mehr eine vertikale Aufteilung der Kabinenverglasung wählte. Somit entsteht eine Trennnaht in der Mitte, die es am Original nicht gab. Das wäre eigentlich unnötig und ist besonders ärgerlich, zumal die Verstrebungen hier sogar noch jene Nieten des Vorbilds aufweisen.
Abhilfe können hierbei wohl nur andere Klarsichtteile leisten. Jedoch ist es damit natürlich nicht getan, denn ein Cockpitinneres ist nicht existent! Außer einem Sitz und der Lindberg WK-II Standard-Pilotenfigur mit Fliegerbrille gibt es nämlich nichts. So kann die zwangsläufig entstehende Klebenaht dann eigentlich auch nicht viel schaden. Der einzige Trost hierbei ist wohl nur, dass auch die Glasteile von Frog nicht optimal waren.
Die recht feinen Panellines bzw. Nietenreihen welche die gesamte Modelloberfläche bedecken, wären hingegen noch durchaus unaufdringlich. Meiner Meinung nach müssen sie daher nicht unbedingt abgeschliffen werden. Wer allerdings auf mehr Authentizität bedacht ist, wird wahrscheinlich um eine Neugravur nicht herumkommen. Stimmen hier etliche Objekte auch nicht immer mit den technischen Drei-Seiten-Zeichnungen überein! Doch ist der Gesamteindruck generell nicht schlecht und für so einen alten Bausatz noch ganz in Ordnung. Die Kleinteile sind aber natürlich sehr simpel gehalten und so gut wie nicht detailliert. Doch fällt das an den modernen Fahrwerkstreben gerade dieser Arado zum Glück nicht ganz so stark auf. Die zwei leidlich gute Bomben-Nachbildungen bilden dann eine willkommene Dreingabe für Denjenigen, der sein Modell noch etwas attraktiver gestalten möchte. Auch der kleine Decalbogen ist dieses Mal gar nicht mal so verkehrt! Wenn auch unvollständig, ist diese Kennung nämlich für eine AR 234B fotografisch belegt. Auf die zwei Geschwaderwappen trifft das dann allerdings nicht mehr zu, zudem fehlen noch die Schriftzüge für die Finne! Für die authentische Tarnbemalung schaut man sich am besten ein Profile-Heft aus dem Netz an.
Fazit: Das abschließende Fazit fällt aus meiner Sicht noch positiv aus. Mit weniger Teilen kann man wohl einfach keine Ar 234B Nachbildung erschaffen, welche dem Original hinreichend ähnelt. Deshalb eignet sich dieser Bausatz ausgezeichnet für den Nachwuchs oder Jemanden mit nur wenig Zeit. Das Modell kann nämlich locker innerhalb eines Tages vollendet und lackiert werden. Vielleicht findet es außerdem auch noch Eingang in die Sammlungen der Freunde von klassischen Bausätzen? Eine allgemeine Kaufempfehlung kann zwar nicht gegeben werden, weil hier ein Supern mehr oder weniger zwecklos wäre. Der Grad der Dragon (bzw. Platz oder Hobby 2000 die identische Kits anbieten) kann natürlich niemals erreicht werden! Dadurch haben wir es also auch mit einem Nischen-Produkt zu tun, welches man aber trotz allem einmal vorgestellt haben sollte.
N. (April 2023)
Vorbildteil: Volker Helms, Godern
Haha, köstlich, wo ist es denn gelungen, diesen Urahn aller Arado 234er in 1:72 aufzutreiben? Ich kann mich noch gut erinnern, welche Sensation dieser Bausatz für uns Provinz-Schulkinder war – die wenigsten von uns wussten, dass es dieses Flugzeug überhaupt gegeben hatte. Ich hatte damals das Glück, einen dieser Bausätze zu ergattern, er überlebte aber die Fortschritte meiner Fertigkeiten nicht.
Eines noch: Wieso glauben soviele Modellbaukollegen, Standard hätte etwas mit dem englischen Wort “art” zu tun? Das hat es nicht, daher gehört auch kein t ans Wortende.
L G
Lieber Peter,
recht herzlichen Dank für die nette Rückmeldung. Tja, manchmal hat mein einfach Glück und findet noch irgendwo so einen Schatz.
Der Typo ist uns tatsächlich durchgerutscht und wurde natürlich sofort korrigiert.
GB
Hast natürlich Recht Peter, doch mit dem “t” am Ende kling es für uns vertrauter, würde ich sagen. Außerdem ist der Wortstamm ja dann auch in der “Standarte” zu suchen. Aber gut, interessant aber das es jetzt die Rechtschreibeprüfung durchgegen lässt, ha ha Dennoch natürlich Danke für deinen Hinweis! Wichtiger finde ich jedoch natürlich die Tatsache das wir haben bei Dir nostalgische Erinnerungen erwecken können. Denke mal man sollte auch immer mal die alten Kits vorstellen, einfach um zu zeigen wie sich alles weiterentwickelt hat. Und dennoch war es ja dann für die älteren Kollegen irgendwie stets die gute alte Zeit. Von daher also nochmals Danke für deine Rückmeldung, evtl. sehen es auch noch andere Leser ähnlich. In diesem Sinne bis zur nächsten Oldie-Besprechung also…