Die Wahrheit schmerzt. Dennoch kommt hier gleich die erste: Es gibt immer jemanden, der besser ist als Du. In allem. Auch im Modellbau.
Und noch eine Wahrheit: Man selber wird nur besser, wenn man sich an Menschen orientiert, die mehr können als man selbst. Von einem Meister lernt man, nicht von anderen Schülern. Genau deswegen verfolgen wir ja so genau, was Martin Kováč, Mike Rinaldi oder Mig Jiménez so tun.
Es ist ein großes Geschenk, wenn sich jemand, zu dem Du aufschaust, die Zeit nimmt, Dein Werk zu betrachten, zu verstehen und Dir Tipps und Feedback zu geben. Dieser jemand sollte sein Handwerk beherrschen, er sollte Erfahrung und Wissen haben, von dem Du profitieren kannst.
Dieses Feedback nennt man Kritik. Gut gemachte Kritik setzt neue Impulse, regt zum Nachdenken an und bringt Dich weiter. Gute Kritik macht Lust, Neues auszuprobieren. Gute Kritik ist wertvoll und macht Dich besser, denn seine eigenen Defizite sieht man meistens nicht. Die Wahrheit schmerzt nämlich.
Kritik ist das einzige, das man bereits beherrschen sollte, bevor man sie übt.
Gute Kritik funktioniert nur, wenn beide Seiten – Kritikgeber und Kritikempfänger – respektvoll miteinander umgehen und sich verstehen. Darum gibt es Regeln, die sicherstellen, dass das Gespräch geordnet, offen und mit einem Mehrwert für beide geführt wird.
Schauen wir uns diese Regeln einmal an.
Regeln für den Kritikgeber:
Gib nie ungebeten Kritik. Nicht jeder will Deine Meinung hören oder kann etwas damit anfangen. Wenn Du im Guten wie im Schlechten ehrliches Feedback zu einem Modell gibst, dann muss der andere das wollen und darauf vorbereitet sein.
Gib konstruktive Kritik. Sei ehrlich. Stelle heraus was dir gefällt, aber auch, wo noch Verbesserungspotenzial besteht. Sage nicht einfach, was schlecht ist („Da sind grobe Farbspritzer auf dem Leitwerk“), sondern erkläre, wie man es besser machen könnte („Versuch doch mal, den Druck beim Airbrushen auf 12 PSI zu reduzieren und die Farbe deutlich dünner anzumischen“).
Erkenne Deinen Gesprächspartner. Gib ihm Tipps und Hinweise, die er auf seinem Level des Hobbys versteht und umsetzen kann. Überfordere Neulinge nicht mit hochgezüchteten Techniken, esoterischen Werkzeugen und schwarzer Magie.
Sende Ich-Botschaften. Mach keine absoluten Aussagen wie „Das ist schlecht.“ Das mag Deine Meinung, muss aber nicht die Wahrheit sein. Sag Dinge wie „Auf mich wirkt das …“ oder „Ich finde das …“ oder „In meiner Erfahrung ist das so …“.

Regeln für den Kritikempfänger:
Hör zu. Versuche zu verstehen, was Dir der andere sagen will. Frage nach, wenn es unklar ist. Bitte um Beispiele. Versuche, es in Deinen eigenen Worten zu wiederholen. Erfasse den Inhalt so gut es geht, selbst wenn er Dir nicht gefällt.
Diskutier nicht herum. Rechtfertige Dich nicht. Es gibt keine Kritik der Kritik. Es mag ja sein, dass Dein Werk beim Betrachter anderes herüberkommen soll oder dass Du bewusst bestimmte Entscheidungen getroffen hast. Wenn das nicht ankommt, ist es nicht die Schuld des Betrachters.
Sei dankbar. Jemand schenkt Dir seine Zeit und Aufmerksamkeit und bekommt nichts dafür zurück. Auch wenn Verbesserungswürdiges herausgestellt wird – es geht um das Modell und nicht um Deine beleidigte Eitelkeit. Schluck Deinen Stolz runter und sag danke.
Denk nach. Lass Dir das Gesagte durch den Kopf gehen und frage Dich, ob du mit den Empfehlungen etwas anfangen kannst. Du musst die Kritik nicht annehmen. Besser werden wirst du aber nur, wenn du Risiken eingehst und Neues ausprobierst.
Ich habe immer mehr aus meinen Fehlern gelernt als aus dem, was ich gut gemacht habe. Meine Niederlagen haben mich immer nachhaltiger vorangebracht als meine Erfolge. Darum bin ich dankbar, wenn mir jemand bei meinen Modellen aufzeigt, was ich noch besser machen könnte – und wie. Allein würde ich das nicht hinkriegen.
Probier es aus! Nimm ein Modell mit zum nächsten Clubabend, zur nächsten Ausstellung, und lass Dir Kritik geben. Wenn Du darfst, gib jemand anderem Deine Kritik. Werdet zusammen besser.
Was sind Deine Erfahrungen mit Kritik? Hast Du das schon mal gemacht? Berichte uns unten in den Kommentaren.
Christian Höcherl, Berlin (Juli 2025)
Schön von Martin Kovać zu lesen. Von Ihm hab ich wirklich viel gelernt aber auch von anderen Clubmitgliedern. Es gibt so viele tolle Modellbauer und so viele verschiedene Herangehensweisen für das gleiche Problem. Selbst, wenn ich eine Technik für Problem A gelernt habe, probiere ich gerne eine andere Technik um Problem A zu lösen. Einfach, weil mir jemand gesagt hat Probier es doch mal.
Kritik kann aber wie gesagt auch ungewollt sein, wenn man z.B. etwas unrealistisches baut und man weiß selber, dass es unrealistisch ist und man sagt sogar es ist unrealistisch, dann muss der Kritikgeber nicht als einzigen Punkt in allen facetten mit erklären, so wäre das in echt ja nie gewesen.
Es gibt aber auch super Kritik, ein Decal ist silbrig, seh ich auch, muss man mir nicht sagen aber er sagt es und gibt mir direkt die Lösung. Er zeigt mir sein Modell und erklärt wie er die Decals perfekt aufbringt. Beim nächsten Modell direkt probiert.
Kritik ist wichtig und sollte auch gesagt werden dürfen, manchmal ist sie zu hart und manchmal zu schwach. Ehrlichkeit aber ist wohl am wichtigsten.