Das Vorbild: Anfang der 1970er-Jahre suchte die sowjetische Marine nach einem neuen Gefechtszonentransporthubschrauber. Der Ka-29 wurde daraufhin unter strikter Geheimhaltung auf Basis des Ka-27 entwickelt. Im Jahr 1973 konnte er sich im direkten Vergleich mit der Mi-24M durchsetzen und gewann die Ausschreibung der Marineflieger; die Entwicklung wurde daraufhin zügig vorangetrieben.
Die Hauptaufgaben des Ka-29 sollten der Transport von Luftlandetruppen von Schiffen aus, sowie die luftgestützte Artillerieunterstützung sein. Für diese Einsätze erhielt der Hubschrauber eine gepanzerte Kabine und ein Zielsystem, das ihm den Einsatz von Panzerabwehrlenkwaffen ermöglichte. Optional kann eine Rettungswinde an der Hecktür montiert werden. Die Kabine fasst 16 Marineinfanteristen oder bei SAR-Einsätzen zehn Personen.
Zudem musste der Ka-29 extremen Bedingungen standhalten, Temperaturen von -50 °C bis +60 °C, Windstärken bis Stärke 9 sowie Seegang bis Stärke 5 sollte er bei jedem Wetter aushalten können.
Der Erstflug des Ka-29 erfolgte im Jahr 1976, die Truppeneinführung begann jedoch erst 1984. Insgesamt wurden rund 60 Exemplare dieses Typs gebaut. Hauptnutzer war und ist die sowjetische bzw. später russische Marine, daneben befinden sich einige Maschinen bei den ukrainischen Seestreitkräften im Einsatz. Gelegentlich wurde der Ka-29 auch für Spezialoperationen verwendet, etwa von russischen Marineinfanterie-Einheiten.
Der Ka-29 ist in der Lage, 9M114W „Shturm-W“ (Luftgestützte Version, eingeführt 1979) Lenkraketen zur Panzerbekämpfung einzusetzen. Diese werden über ein SACLOS-System mit Funksteuerung (Ultrakurzwelle, mehrfach codiert) gelenkt. Dies ist ein Vorteil gegenüber drahtgebundenen Systemen, da höhere Geschwindigkeit und größere Reichweite möglich sind. Die Zielverfolgung erfolgt über eine Tageslichtoptik mit integriertem Laserentfernungsmesser. Die Rakete fliegt oberhalb der Sichtlinie und stößt erst kurz vor dem Ziel herab, um Hindernissen auszuweichen. Das System erlaubt auch den Einsatz gegen langsame Luftziele, setzt dabei aber einen direkten Treffer voraus.
Der Bausatz: Trumpeter brachte diesen tollen Bausatz 2023 als New Tool auf den Markt und hat die Box ordentlich vollgepackt. Wie man es von Trumpeter kennt, kommt der Bausatz in einem stabilen Stülpkarton mit ansprechendem Deckelmotiv. Der Karton wirkt zunächst überraschend groß, aber im Inneren wurde jeder Zentimeter sinnvoll genutzt.
Man erhält insgesamt 16 Gussrahmen aus dem Trumpeter-typischen hellgrauen Kunststoff, dazu einen Rahmen mit Klarsichtteilen, ein kleines Fotoätzteil-Set sowie eine Metallwelle für den Rotormast. Ebenfalls altbewährt ist die Art, wie Trumpeter die Teile verpackt: Jeder Gussrahmen kommt einzeln in einer Kunststofftüte, empfindliche oder besonders filigrane Teile sind zusätzlich in weiches Schutzmaterial eingewickelt.
Dass es sich um eine neue Form handelt, merkt man sofort, die Teile machen einen hervorragenden Eindruck, Gussfehler sucht man vergeblich. In dieser Hinsicht ist der Bausatz absolut auf der Höhe der Zeit. Die Detaillierung ist sehr fein und überzeugt durch eine saubere Umsetzung.

Der Bausatz lockt natürlich mit der kompletten Innenausstattung, und Trumpeter liefert mit vielen kleinen Gimmicks, so können diverse Türen und Klappen offen sowie geschlossen dargestellt werden.
Etwas unklar bleibt die Gestaltung der hinteren Kabine. Standardmäßig verfügt die Ka-29TB über 16 Klappsitze für den Transport von Marineinfanterie, was auch der typischen Einsatzrolle dieser Variante entspricht. Trumpeter bietet jedoch alternativ eine Version ohne Sitze an, stattdessen mit Boxen und technischem Gerät im hinteren Bereich. Leider gibt der Hersteller keine Hinweise darauf, welche Variante genau dargestellt wird, oder wofür diese Ausrüstung gedacht ist. Auch weiterführende Informationen dazu ließen sich bislang nicht finden, hier wäre ein erklärender Absatz in der Anleitung wünschenswert gewesen.




Im Vergleich zu anderen Bausätzen von Trumpeter oder Hobby Boss überzeugt der Innenraum der Ka-29 wirklich. Besonders das Cockpit fällt positiv auf, viele erhabene Details wie Schalter und Knöpfe sorgen für eine realistische Optik. Auch liegen PE-Gurte für die Pilotensitze bei, wenn diese auch recht einfach gehalten sind. Das Kabinendach hätte zwar noch ein paar zusätzliche Details vertragen können, insgesamt geht die Ausstattung aber in Ordnung.
Für die Instrumente liegen passende Decals bei, ebenso für die zahlreichen Schalter im Cockpit. Die Qualität der Decals ist in Ordnung, allerdings könnten sie schärfer und etwas detaillierter ausfallen, da wäre definitiv noch Luft nach oben. Gerade bei den Schaltern sind sie aus meiner Sicht verzichtbar, denn die erhabenen Bedienelemente am Modell sehen bereits sehr gut aus und wirken ohne Decals oft authentischer.



Hat man das Cockpit fertiggestellt, geht es mit den äußeren Feinheiten weiter. Die beiden großen Rumpfschalen werden über den Innenraum gelegt und umschließen diesen passgenau. In diesem Schritt kann man entscheiden, ob bestimmte Türen oder Wartungsklappen offen oder geschlossen dargestellt werden sollen. Auch das große Cockpitglas wird jetzt montiert, es ist sehr klar ausgeführt und verfügt bereits über Bohrungen zur Befestigung der Scheibenwischer. Leider fehlt ein auffälliges Detail dieses rundlichen Hubschraubers: die beiden markanten Rückspiegel. Diese sind im Bausatz nicht enthalten.


Grundsätzlich gut detailliert sind auch die beiden Triebwerke, allerdings lassen sich diese nicht über geöffnete Klappen darstellen. Eine kleine Klappe an der Nase auf der Seite des Co-Piloten ist dagegen optional geöffnet darstellbar, hier wäre eigentlich das fest eingebaute, vom Co-Piloten per Fernsteuerung bedienbare 7,62 mm Gatling-MG vom Typ 9A622 untergebracht. Dieses charakteristische Merkmal des Ka-29 fehlt im Bausatz jedoch leider komplett.




Leider lassen sich auch die Schutzklappen des SACLOS-Zielsystems nicht geöffnet darstellen. Man merkt an solchen Details, der Bausatz hat Licht und Schatten. Trumpeter hätte hier definitiv noch mehr herausholen können.
Der Rotorkopf sowie die Rotorblätter sind grundsätzlich schön umgesetzt. Die Blätter weisen bereits eine natürliche Biegung auf, ein Thema, bei dem sich bekanntlich die Geister scheiden, sind sie gerade, wird gemeckert, weil man sie erst biegen muss, sind sie gebogen, passt es auch wieder nicht jedem. Um dem langen Rotormast samt der schweren Blätter die nötige Stabilität zu geben, hat Trumpeter eine durchdachte Lösung gefunden und eine Metallwelle beigelegt, eine sinnvolle Maßnahme, die für zusätzliche Stabilität sorgt.




Der Ka-29 verfügt an seinen beiden Stummelflügeln über jeweils zwei Waffenstationen, und Trumpeter liefert eine beeindruckende Auswahl an Außenlasten mit. Damit lassen sich nahezu alle realistischen Konfigurationen des Hubschraubers problemlos umsetzen.




Am Heck des echten Ka-29 verläuft ein auffälliges Antennenkabel, das auch auf dem Deckelbild des Bausatzes zu erkennen ist. In der Bauanleitung wird darauf jedoch nicht weiter eingegangen. Wer das Detail ergänzen möchte, kann es problemlos selbst nachrüsten, man muss nur wissen, dass es existiert.

Bemalung/Decals: Trumpeter schlägt in diesem Bausatz ganze vier Lackiervarianten vor, das ist mehr als man sonst gewohnt ist. Leider verzichtet der Hersteller wie üblich auf nähere Informationen zu den jeweiligen Vorbildern.
Yellow 62 wurde offenbar restauriert und steht heute als permanentes Exponat im Park Patriot in Kubinka.

Yellow 38 ist wohl noch immer im Einsatz bei der russischen Marine.

Red 71 scheint eine fiktive Variante zu sein, zumindest konnte ich bislang kein reales Vorbild für diesen Hubschrauber finden.

Red 23 scheint ebenfalls aktiv bei der russischen Marine zu sein.

Eine ukrainische Variante wird nicht mit angeboten. Die Decals machen insgesamt einen sehr guten Eindruck, sie sind sauber und scharf gedruckt und weisen keinerlei Druckfehler auf. Lediglich die Instrumentendecals im Cockpit könnten etwas feiner und detaillierter gestaltet sein.





Anleitung: Die Bauanleitung bietet keine Überraschungen und ist im klassischen Trumpeter-Stil gehalten. In einem schwarz-weißen Heft werden auf insgesamt 32 Bauschritten alle Montagephasen des Ka-29 erklärt. Grundsätzlich ist die Anleitung klar und verständlich, allerdings sollte man bei kleinen Details aufmerksam bleiben. Wer bereits Bausätze von Trumpeter gebaut hat, kennt die typischen Stolperstellen und weiß, worauf zu achten ist.





Fazit: Für Fans der russischen Luftfahrt ist der Bausatz eine klare Kaufempfehlung. Der Preis von rund 100 € mag zunächst abschreckend wirken, ist er das wert? Jein. Es gibt einige Details, die in dieser Preisklasse besser sein könnten aber eine echte Alternative gibt es aktuell nicht. Der Bausatz ist solide, verlangt ein wenig Erfahrung, ist aber kein unbezwingbares Monster. Vielleicht genau das Richtige für jemanden, der sein erstes Modell mit vollständigem Innenleben bauen möchte. Für mich auf jeden Fall ein Highlight in der Sammlung, und ich freue mich schon sehr aufs Bauen.

Florian Schuster, Berlin (Mai 2025)