Vorbild:
Die PT-Boote (PT für „Patrol Torpedo boats“) waren eine Reihe von Torpedobooten, die von der US-Navy im Zweiten Weltkrieg eingesetzt wurden. Die 80 Fuß / 24 m langen Boote von der Elco Naval Division wurden von 1942 bis 1945 gebaut. Daneben wurden ähnliche Boote, ebenfalls als PT gekennzeichnet, bei der Higgins Industries, Philadelphia Navy Yard und der Huckins Yacht Corporation produziert. Diese Torpedoboote sollten vor allem im Pazifik gegnerische Schiffsbewegungen zwischen den zahlreichen Inseln unterdrücken. Daneben leisteten sie aber auch Feuerunterstützung bei Anlandungen oder führten Truppentransporte sowie Seenotrettungen nach Abstürzen durch. Einige Boote wurden auch im Mittelmeer sowie im Ärmelkanal (hier Higgins-Boote) eingesetzt. Als Bewaffnung besaßen sie daher häufig vier Torpedoausstoßrohre, ein 40-mm-Bofors-Geschütz, zwei 20-mm-Oerlikon-Kanonen sowie zwei bis vier Maschinengewehre im Kaliber 7,62 mm oder 12,7 mm. Diese Bewaffnung wurde aber bei zahlreichen Booten abgewandelt, etwa durch neue Stationen mit noch mehr Maschinengewehren oder Raketenwerfern. (Wikipedia, Artikel PT-Schnellboot (deu / eng))
Das PT-160 entstammt der Produktion von Elco und wurde am 29. August 1942 Kiel gelegt. Bis zum 07. Dezember 1942 wurde es vollständig montiert und anschließend der Motor Torpedo Boat Squadron NINE (MTBRon 9) unter dem Kommando von Lt. Comdr. Robert B. Kelly unterstellt. Es erhielt den Spitznamen „TOKYO-AHEAD“ bzw. später „Lazy Daisy Mae“. Seine Einsätze erfolgten im Südpazifik, unter anderem bei Rendova, Lever Harbor, Treasury und Green. Ab Mai 1944 wurde es in den Südwestpazifik verlegt. Das Geschwader hatte hier Einsätze bei Mios Woendi, Niederländisch-Neuguinea, Morotai, in den Halmaheras, Zamboanga und Tawi Tawi auf den Philippinen. Zeitweilig wurde es im Dreger Harbor auf Neuguinea und auf Samar auf den Philippinen stationiert, allerdings erfolgten von dort aus keine Kampfeinsätze mehr. Am 24. November 1945 wurde PT-160 mit weiteren Booten außer Dienst gestellt und vor Samar verbrannt. (NavSource, Artikel PT-160)
Bausatz:
Revell begann 2018 damit, die PT-Schnellboot-Reihe in 1/72 herauszubringen. Hierbei handelte es sich um neue Formen und keine Wiederauflagen der Bausatz-Klassiker. Da die Boote individuell in der Ausstattung variierten, bot es sich für Revell an, mehrere Boote herauszubringen. Der hier vorgestellte Bausatz behandelt das PT-160 mit zwei unterschiedlichen Rüstständen – doch dazu später. Der Karton ist ein Revell-typischer, seitenöffnender Faltkarton, der für die Größe des Modells zu instabil ausfällt. Die Aufmachung, insbesondere das Deckelbild, ist ansonsten gelungen. Angegeben wird der Schwierigkeitsgrad 4 bei 144 Teilen. Enthalten sind 11 graue und 3 klare Spritzgussrahmen, die lose beiliegenden Bootsrumpfhälften plus Deck, eine Bau- und Bemalungsanleitung sowie die Decals. Die Qualität des Spritzgusses ist mittelmäßig gut. Teilweise sind Flash und kleine Sinkstellen zu entfernen. Die Auswerfer liegen auf den Innenseiten, sind allerdings an einigen Stellen schwer zu versäubern. Wer auf einen schönen Bootsinnenraum Wert legt, wird hier noch einiges an Nacharbeiten vor sich haben. Die Detaillierung ist typisch für Revell-Bausätze der 2010er-Jahre ansprechend, bietet aber Platz nach oben.
Der Bau beginnt mit dem Rumpf. Aufgrund der Größe der Rumpfhälften muss etwas Verzug ausgeglichen werden. Ansonsten fiel die Passgenauigkeit meiner Teile gut aus. Der Rumpf ist vollständig ausgeführt. Wer das Boot mit Wasserlinie darstellen möchte, muss also sägen oder es in einem Diorama einbetten. Dafür legt Revell einen Ständer bei.
Die Kabine enthält einige Details, so etwa Steuerinstrumentenbrett, eine in einer Halterung befindliche Maschinenpistole und Verstrebungen an den Innenwänden. Hier muss beim Versäubern der besagten Auswerfermarken besonders aufgepasst werden, dass keine Details zerstört werden. Die Steuerinstrumente werden mittels Decals dargestellt. Leider bleiben die Türen und Luken verschlossen. Die Klarsichtteile weisen keine Schlieren auf und sind mittelmäßig dick ausgeführt. Vor dem weiteren Zusammenbau sollte der Modellbauer bereits die Kabine bemalen und die Klarsichtteile abkleben.
Aufgrund der unterschiedlichen Bootsausstattungen müssen mehrere Löcher gebohrt werden, um die weiteren Anbauten zu befestigen. Zu diesen gehören etwa die Torpedorohre, Relings, drei Waffenstationen, das Rettungsboot und eine Antenne. Die Materialstärke und Detaillierung ist für Spritzguss in Ordnung. Der Zubehörmarkt bietet aber auch schon feinere Nachrüstsets, so etwa Fotoätzbögen und 3D-gedruckte Resinteile von Eduard, CMK bzw. Special Hobby, Model Monkey, Black Dog oder White Ensign Models. Dazu sind auch noch Besatzungen und Zubehör verfügbar, etwa von Hecker & Goros, Peddinghouse Decals oder Mironious Models. Im Bausatz nicht enthalten sind Material für die Verspannungen sowie die Flaggen des Rufzeichens.
Der Bausatz wirft bei mir Fragen hinsichtlich der Ausstattung auf. Nach den Bildern von Navalsource zu urteilen, besaß PT-160 die vorliegende, experimentelle Waffenstation „THUNDERBOLT“ noch mindestens 1944. Revell gibt dagegen an, dass 1943 eine Maschinenkanone eingesetzt wurde. Zudem sind auf einem Bild von Navalsource auf dem Vorderdeck eindeutig zwei Waffenstationen sowie eine neue, umgerüstete Radaranlage zu erkennen. Auf einem anderen Bild, wie auch bei Revell, fehlen die Waffen und die alte Radaranlage ist eingerüstet. Stattdessen liegt bei Revell ein Rettungsboot bei. Will der Modellbauer also ein authentisches PT-Boot bauen, muss er sich auf einen Zeitraum bzw. Rüststand einigen und ggf. Zurüstteile nachkaufen.
Die Bauanleitung ist für Revell typisch groß und bunt gehalten. In 48 Schritten wird der Modellbauer zum lackierfertigen Modell gebracht, wobei keine Fragen beim Bau offen bleiben sollten. Als Farbsystem wird nur Revell angegeben und es muss auch wieder gemischt werden. Schade, dass Revell hier nicht von seiner Farbpolitik abrückt und es dem Modellbauer unnötig schwer macht. Als Bemalungsvarianten liegen zwei grau-blaue Vorschläge bei:
- PT-160 mit experimenteller Waffenstation von den Elco-Werken, 1942
- PT-160, Motor Torpedo Boat Squadron NINE (MTBRon 9), Süd-Pazifik, 1943
Diese Bemalungsvarianten scheinen nur für den frühen Rüststand zu stimmen. Auf späteren Bildern ist das Boot mit der Tarnlackierung 31/5P zu sehen.
Die vorhandenen Decals sind wie üblich von sehr guter Qualität. Leider ist der Decalbogen aus meiner Sicht trotzdem die größte Schwäche des Bausatzes, denn es fehlen wichtige Bemalungen. Auf Bildern sind eindeutig die Bootsspitznamen „TOKYO-AHEAD“ bzw. „Lazy Daisy Mae“ mitsamt Comic-Motiven sowie der Schriftzug „THUNDERBOLT“ nebst Markierungen am experimentellen Geschütz zu erkennen. Auch das Rufzeichen und weitere Signale fehlen im Bausatz. Mir sind noch keine Decals auf dem Zubehörmarkt bekannt, die dieses Manko ausgleichen. Somit muss der Modellbauer leider selber alles malen bzw. drucken oder auf diese schönen Details verzichten.
Fazit:
Revell bietet mit diesem Torpedoboot ein schönes Exemplar für die Vitrine an. Wer möchte, kann sich noch mit Zurüstsätzen an den Details austoben. Ärgerlich bleibt hingegen, dass die sehr ansehnlichen Bemalungen am Original nicht als Decals enthalten sind. Zu empfehlen ist das PT-160 für Fortgeschrittene und Profis.
Erhältlich ist der Bausatz für ca. 26 € beim gut sortierten Fachhändler.
Philip Koch, Godern (Juni 2024)