Vorbild: 1945 gab die Royal Navy die Entwicklung eines Flugzeugs zur U-Boot Bekämpfung mit dem neuen Turboprop-Antrieb in Auftrag. Das Ergebnis war die Fairey Gannet (Basstöpel). Die ersten Serienmaschinen Mk.1 flogen ab Juni 1953 und hatten als Antrieb ein Double-Mamba-100-Triebwerk von Armstrong Siddeley. Der Einbau dieser Turboprop Gasturbine war auch der Grund für das ungewöhnliche Aussehen der Maschine. Die zwei nebeneinander montierten und unabhängig voneinander arbeitenden Gasturbinen trieben zwei gegenläufige Luftschrauben an. Damit erreichte Gannet eine Höchstgeschwindigkeit von 505 km/h. Ein weiteres Erkennungsmerkmal waren die drei kuppelförmigen Kanzeln auf dem hohen Rumpf. Die Gannet war damals mit höchstentwickelten elektronischen Detektionsgeräten ausgestattet. Ihre beeindruckende Bewaffnung bestand aus zwei 18 Zoll Torpedos Mk.30, fünf Sonarbojen T.1946, sechs Unterwasserbomben Mk.11 und acht ungelenkten Raketen unter den Tragflächen. Neben der britischen Royal Navy kam der U-Boot Jäger auch in der BRD, in Australien sowie in Indonesien zum Einsatz. 1978 wurde die Fairey Gannet durch moderne Hubschrauber ersetzt. Außerdem stellte die britische Marine ihre Flugzeugträger zu der Zeit außer Dienst.
Bausatz: Mit einer Anzahl von 334 Einzelteilen an neun grauen und einem klaren Gussast haben wir es mit einem Modell der oberen Schwierigkeitsklasse zu tun. Das Plastikmaterial fühlt sich etwas „soft“ an. Aber in den Händen liegt es durchaus angenehm. Es ist auch von Vorteil, dass so ein aufwändiger Bausatz nicht aus sprödem Material besteht. Vorweg sei gesagt, dass ein Modellbaufreund, der schon an der Gannet arbeitet, bestätigt, dass die Passgenauigkeit der Hauptbauteile, inklusive der inneren Komponenten wie Cockpit und Waffenschacht, sehr gut ist. Die Teile von Rumpf, Tragflächen und Leitwerk haben bestechende Gravuren im äußeren Bereich. Dazu gehören die feinen Niete, die erhaben aufgeprägten Bleche und die markanten Strukturen auf den Tragflächen. Die negativen Gravuren springen an der gesamten Zelle des Flugzeuges sofort ins Auge. Am Arbeitsplatz der Besatzung könnten die Prägungen der Seitenkonsolen als auch die Bediengeräte etwas schärfer ausgearbeitet sein. Die Einrichtung ist aber so weit, wie es aus Plastikmaterial möglich ist, komplett. Und selbst bei geöffneten Kabinenhauben ist einiges nicht sichtbar. Absolut scharf dagegen ist die Darstellung des großen Waffenschachts gelungen.
Eine Innovation von Airfix sind die Behälter für das Gewicht im Bugraum. Diese sollen im Bug zwischen dem Waffenschacht und dem Cockpitboden eingebaut werden. Die kuppelförmigen Kabinenhauben haben mittig eine hauchdünne Linie. Das Entfernen dieser Linien dürfte wegen der Glockenform der Hauben sehr schwierig sein. Besser, man lebt damit. Wer möchte kann seinen „Tölpel“ mit dreifach angeklappten Flügeln bauen. Diese für Flugzeugträger konzipierte platzsparende Unterbringung ist auch eine Option für die Vitrine. Ansonsten liegen die Tragflächen auch in der normalen Ausführung bei. Die markanten Landeklappen der Gannet, die Querruder und die gesamten Ruderflächen am Heck sind im abgesenkten Modus baubar. Die Abgasrohre hinter den Flügeln sollen laut Anleitung am Schluss des Baus eingesetzt werden. Am besten vorher schauen, ob sie auch von außen festsitzen und nicht bei einer falschen Bewegung wegrutschen und für immer im Bauch des Seevogels verschwinden.
Das Fahrwerk der Gannet erscheint relativ einfach. Das entspricht aber auch dem Original. Die Schächte sind aufwändig detailliert. Haupt- und die beiden Bugräder bestehen aus zwei Hälften. Sie sind etwas abgeflacht.
Nachdem der vordere Kühlereinlauf fertig gestellt ist, werden die beiden gegenläufigen mächtigen Luftschrauben im Steckverfahren angebaut. Alles ist sehr logisch für den Zusammenbau konzipiert. Was den Waffenschacht anbelangt, hat man die Wahl, ihn geschlossen zu bauen, oder die beiden Teile für einen geöffneten Schacht zu verwenden. Es ist schön, dass Airfix, wie bei den Flügeln, auch hier alternative Teile spendiert. Der hervorragend gestaltete Waffenschacht kann nun wahlweise mit Torpedos, Wasserbomben und Sonarbojen bestückt werden. Unter den Tragflächen können neben den acht Raketen noch Pylone für Zusatztanks befestigt werden. Und dann haben wir noch das zweiteilige hintere Radom. Auch der Fanghaken für die Landung auf den Trägern ist vorhanden.
Die Windschutzscheiben sind doppelt vorhanden. Einmal mit aufgeprägtem Scheibenwischer und einmal ohne.
Die Pilotenfiguren haben wieder die airfixtypische „dynamische“ Pose
Anleitung/Bemalung: Die Bauanleitung führt mit 168 Schritten zum Ziel. Fertige Baustufen werden rot hervorgehoben. So bleibt der Zusammenbau des komplexen Modells auch übersichtlich. Der große Decalbogen hat Kennungen für drei Maschinen der Royal Navy. Auch an Wartungshinweisen wird nicht gegeizt. Die interessanteste Variante ist eine Gannet, die 1957 auf der RAF Basis Nicosia, Zypern stationiert war. Sie sollte ursprünglich an der Suez Krise teilnehmen. Die gelb gehaltenen Streifen wurden nach Ende des Konfliktes weiß umgefärbt. Sie hat also nicht am D-Day teilgenommen. Die Streifen müssen mit Farbe aufgetragen werden. Es sind keine Decals dafür vorhanden.
Fazit: Mit der Fairey Gannet setzt Airfix seine Linie hochwertiger Bausätze fort. Für einen Einsteiger in das Hobby ist der Bausatz also nicht geeignet. Obwohl das Flugzeug wie eine „schwangere Ente“ wirkt, ist der Maschine ein gewisser Charme nicht zu nehmen. Endlich auch einmal ein Modell, das zu Unrecht von Luftfahrthistorikern etwas vernachlässigt wurde. Weiter so Airfix.
Jürgen Bauer (Januar 2024)