Das Vorbild: 1917 benötigte die königliche italienische Armee Artillerie, um die Ballungsgebiete und die Grenze vor möglichen österreichisch-ungarischen Luftangriffen zu verteidigen. Daher wurde beschlossen, mit der Entwicklung eines Kanonenwagens zu beginnen. Als Kanone wurde das 75/27 Geschütz und als LKW der Lancia 1Z gewählt. Innerhalb kurzer Zeit wurden sechs Flugabwehrbatterien mit den notwendigen Fahrzeugen für den Munitionstransport ausgerüstet und dem 61. Versuchsartillerieregiment zugeteilt. Aufgrund seiner geringen Größe im Vergleich zur montierten Waffe, war das Fahrzeug als Flugabwehrfahrzeug eigentlich ungeeignet, erwies sich jedoch als gutes Infanterieunterstützungsfahrzeug sowie als selbstfahrende Artillerie. Was mit den Fahrzeugen nach Kriegsende geschah, ist unbekannt.
Der LKW war mit einer Ansaldo 75/27 Kanone mit 360° Schwenkbereich und -5°/+80° Höhenrichtbereich bewaffnet. Das auf dem Lkw montierte Geschütz, war von der 75/27 C.K.-Kanone abgeleitet und verfügte über exakt dieselben Eigenschaften und Munition. Sie konnte zwei Arten von Flugabwehrmunition verschießen: eine Sprengmunition (mit temporärem Zünder) und eine Brandsplitter Munition. Die Kanone verfügte außerdem über einen halbautomatischen Verschluss, der ein Nachladen der Waffe in 3 Sekunden ermöglichte.
Der Antrieb erfolgte mit einem Lancia Tipo 61-Motor mit 4.490 ccm, der dem Fahrzeug eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h ermöglichte.
(Quelle: Homepage War Thunder)
Der Bausatz: Modellbausätze zum Thema Militärgerät Erster Weltkrieg im Maßstab 1:35 kennt man hauptsächlich von der Firma Copper State Models. Die Firma hat dazu unter anderem bereits im Jahr 2020 eine gepanzerte Version des italienischen LKWs Lancia 1ZM veröffentlicht. Für 2025 wurde noch zusätzlich die Ausführung 1A angekündigt. Weniger bekannt dabei ist, dass der für die gepanzerten Fahrzeuge genutzte Lkw auch in unterschiedlichsten Varianten eine militärische Verwendung fand.
Die italienische Firma WIP3D hat das Potential dieser Thematik erkannt und vor kurzem vier dieser Fahrzeuge als Bausatz veröffentlicht. Neben einem Beobachtungs-Lkw, einem gepanzerten Kommando-Fahrzeug und dem regulären Lkw kann man sogar noch eine Version mit dem 75/27 Geschütz zur Flugabwehr bauen.
Die im 3D Druckverfahren hergestellten Teile sind sicher in Klarsichtbeuteln in einer stabilen Box verpackt. Zusätzlich liegen auch einige Informationen zum Zusammenbau der Teile bei.

Die Bausatzteile sind auf 12 Teileträgern arrangiert und weisen schöne Details und eine wirklich beeindruckend gute Druckqualität in Bezug auf die Oberflächenbeschaffung auf. In vielen Fällen kann man perfekte Druckqualität mit absolut glatten Flächen erkennen. Dort man noch feinste Linien/Spuren vom Druckprozess erkennen kann, sind diese sicherlich mit etwas Schleifarbeit in kurzer Zeit beseitigt.
Sehr gut gelungen sind insbesondere die Räder mit feinsten Reifenprofilen, der Chassisrahmen und die Teile für das 75 mm Geschütz. Der einzige Bereich den ich in Bezug hinsichtlich Optimierungspotential auf den ersten Blick erkennen konnte, betrifft die Materialstärke der Kotflügel. Die Fahrzeuge waren damals sicherlich etwas robuster ausgeführt, aber auch zu dieser Zeit wurden die Kotflügel aus dünnem Blech und nicht aus Stahlplatten gefertigt. Auch hier sollte es möglich sein, dies mit Sandpapier oder dem Bastelmesser problemlos und schnell zu überarbeiten.



Die ca. 80 Teile müssen vorsichtig und am besten nach kurzem Erwärmen in heissem Wasser von den Druckästen befreit werden. Im Anschluss daran kann man das Fahrzeug sicherlich an einem Wochenende zusammenbauen.



Mit meinem persönlichen Schwerpunkt zur Thematik Flugabwehr finde ich natürlich das relativ plump aussehende Geschütz, das auf dem Fahrzeugheck angebracht war, besonders spannend. Hier hat der Designer von WIP3D eine absolut überzeugende Arbeit geleistet. Noch schöner wäre es aber, wenn man noch an die dazu passende Munition gedacht hätte.
Der Bauplan: Als Illustration für den Zusammenbau liegen zwei beidseitig bedruckte DIN A4 Blätter bei. Neben einem Foto vom Original und einer Drei-Seiten Ansicht sind auch diverse Abbildungen des Modells und dessen Einzelkomponenten in unterschiedlichen Farben zu finden. Die Art der Bauanleitung ist für Einsteiger allerdings eher ungewohnt, weil man wie auf einem Suchbild alle einzelnen Teile erst identifizieren und dann lokalisieren muss. Letzten Endes sollten aber keine Fragen offen bleiben.


Für die Bemalung und weitere Detaillierung kann man diverse Bilder im Internet nutzen, wobei man mit einer grünen Farbe sicherlich nicht falsch liegt.
Fazit: Ich finde es extrem lobenswert, wenn Anbieter den Mut besitzen den üblichen Pfad zu verlassen und auch exotische Modelle anbieten. Wahrscheinlich ist die Nachfrage deutlich niedriger als bei einem neuen Panther oder Tiger Bausatz, aber bei dem einen oder anderen Modellbauer könnte das Herz schneller schlagen, wenn damit endlich ein langersehnter Wunsch erfüllt wird.
Sehr empfehlenswert!
Man sollte jedoch über etwas Erfahrung zum Umgang mit 3D gedruckten Teilen verfügen.
Vielen Dank an Armando von WIP3D für die Bereitstellung des Bausatzes.
Erhältlich direkt im Online-Shop von WIP3D.
Gert Brandl, Berlin (Juni 2025)