Vorbild: Die S-200 ist eine zu Beginn der 1960er-Jahre entwickelte Flugabwehrrakete (Fla-Ra), die 1967 in den Dienst der sowjetischen Streitkräfte gestellt wurde. Sie wurde speziell dafür konzipiert, weitreichende Luftverteidigungslücken zu schließen und auf große Distanzen mittlere bis hohe Luftziele zu bekämpfen — insbesondere strategische Bomber, Aufklärungsflugzeuge und später auch Frühwarnflugzeuge (AWACS).

Das stationäre Langstrecken-Boden-Luft-Raketensystem arbeitet dabei im Verbund mit mehreren Modulen, die zusammen einen leistungsstarken Feuerleitkomplex bilden:

  • Tall King (P-14 „Lena“) – Weitreichendes 2D-Überwachungsradar mit einer Reichweite von über 400 km; dient zur ersten Zielerfassung.
  • Side Net (PRW-17) – Höhenmessradar mit einer Reichweite von bis zu 160 km; bestimmt präzise die Höhe des anfliegenden Ziels.
  • Square Pair (5N62 / K1) – Präzises Feuerleitradar mit einer Reichweite von bis zu 300 km; übernimmt die Zielverfolgung und leitet die Raketen im Endanflug.
  • 1L22 „Parol“ – Freund-Feind-Abfragesystem (IFF) zur Identifikation der erfassten Luftziele.
  • K-9 – Führungs- und Zielzuweisungskabine für das Feuerleitsystem und die Raketenstarts.

Die Rakete selbst beeindruckt durch ihre enorme Reichweite und Flughöhe: In ihrer leistungsstärksten Ausführung konnte sie Ziele in bis zu 400 km Entfernung und in Höhen von bis zu 35 km bekämpfen. Damit war sie in der Lage, außerhalb der Reichweite vieler gegnerischer Luftangriffsmittel zu operieren.

Die S-200 war eine halbaktive Radarlenkwaffe: Die Rakete empfing während des Fluges kontinuierlich Steuerbefehle und wurde durch das Feuerleitradar auf das Ziel gelenkt. Trotz ihrer Größe (die Raketen waren rund 10,7 m lang und wogen mehr als 7 Tonnen) erreichte sie im Flug Geschwindigkeiten von bis zu Mach 4.

Die Variante 5V28 gehörte zu den modernisierten Raketen und wurde auch an mehrere Staaten exportiert; sie erreichte eine Reichweite von rund 240 km. Die spätere Version 5V28N stellte den technologischen Höhepunkt der Baureihe dar. Sie konnte bei Bedarf mit einem taktischen Nuklearsprengkopf von ca. 5 Kilotonnen ausgestattet werden, um im Ernstfall großflächige Bomberformationen oder AWACS-Maschinen mit einem Schlag auszuschalten.

Trotz ihres hohen Alters blieb die S-200 in mehreren Ländern noch bis weit ins 21. Jahrhundert hinein im Einsatz. In der sowjetischen und später russischen Luftverteidigungsdoktrin spielte sie lange Zeit eine zentrale Rolle als „Großkaliber der Luftabwehr“, bevor sie schrittweise von Systemen der S-300- und S-400-Familie abgelöst wurde.

Bausatz: Der Bausatz kommt in einem von Trumpeter gewohnt stabilen Stülpkarton mit gemaltem Deckelbild. Im Inneren ist man zunächst überrascht von der doch hohen Anzahl an Gussrahmen und Einzelteilen. Trumpeter hat viele dieser Luftabwehrsysteme im Programm, dieses hier erschien im Jahr 2018.

Die Teile sehen durchweg sehr gut aus – Gussfehler oder sogenanntes „Fleisch“ findet man hier nicht. Grundsätzlich ist alles im Karton so, wie man es von Trumpeter kennt: Besonders filigrane Bauteile sind separat in Schaumstoff gewickelt oder in einem kleinen Extrakarton untergebracht.

Als Erstes fällt die in einem Stück gegossene Hauptrakete ins Auge. Sie weist zwar viele kleine Angussstellen auf, aber man muss hier nicht zwei Raketenteile über die gesamte Länge sauber miteinander verkleben – das spart einiges an Arbeit und potenziellen Spachtelaufwand.

Ebenfalls ein separates Teil ist die Spitze der Rakete, die Booster hingegen werden jeweils aus zwei Hälften zusammengesetzt. Die Finnen der einzelnen Raketen sind sehr filigran gearbeitet – man sollte beim Umgang mit ihnen darauf achten, sie nicht zu verbiegen.

Die S-200 kann in zwei Positionen gebaut werden: einmal waagerecht für den Transport und einmal aufgerichtet in Feuerbereitschaft. Dafür liegen unterschiedliche „Kabel“ bei, die jeweils passend für die gewählte Darstellung geformt sind. Leider gibt es keine flexiblen Kabel, um zwischen den Positionen wechseln zu können.

Der Launcher ist eindeutig das weitaus komplexere Teil, was den Zusammenbau betrifft. Hier gibt es eine Vielzahl winziger Bauteile, die teils sehr aufwendig angebracht werden müssen – darunter beispielsweise kleine Handschrauben, die ringsum verteilt angebracht werden. Diese sind etwa 1 mm groß, und es sind über 40 Stück davon zu verbauen. Sie sauber vom Gussrahmen zu trennen und dann nicht vom Teppichmonster verschlucken zu lassen, erfordert Geduld.

Ansonsten ist auch der Launcher sehr schön umgesetzt. Auch hier wurde versucht, möglichst viele Teile aus einem Guss zu fertigen, um den Zusammenbau zu vereinfachen und die Detailtreue zu erhöhen.

Anleitung: Die Anleitung bietet keine Überraschungen – klassisch in Schwarz-Weiß gehalten, wie man es von Trumpeter kennt. Wie immer muss man ein wenig auf die Details achten, da diese nicht besonders hervorgehoben sind. Schön ist: Dieser Bausatz enthält ein kleines Heftchen mit Detailfotos einer echten S-200. Da könnte Trumpeter gern weitermachen und seine Anleitungen insgesamt etwas attraktiver gestalten – Hersteller wie Rye Field zeigen, wie es besser geht.

Für die Bemalung gibt es nur einen Vorschlag – dabei fällt allerdings die überraschend große Anzahl an Decals auf. Da kommt einiges an Arbeit auf einen zu. Wie von Trumpeter gewohnt, ist der Bemalungsvorschlag farbig gedruckt, was die Lackierung deutlich erleichtert.

Fazit: Auf den ersten Blick könnte man meinen, es handelt sich um ein tolles Projekt für zwischendurch, doch angesichts der vielen Kleinteile entpuppt sich der Bausatz schnell als recht aufwendig. Die Größe rechtfertigt dann aber auch den Preis von knapp 50 €. In 1:35 bekommt man hier ein Modell, das größer ist als die meisten Panzer. Für Anfänger ist der Bausatz vielleicht nur bedingt geeignet, es sei denn, man stört sich nicht an winzigen Teilen. Ich persönlich bin begeistert und kann den Bausatz aufgrund seiner Qualität wärmstens empfehlen.

Erhältlich im gut sortierten Fachhandel.

Florian Schuster, Berlin (Juni 2025)

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