Geschichte: Die ab Herbst 1939 den Truppen ausgelieferte Messerschmitt Bf 109E-3 war eine frühe Version des Luftwaffen-Jägers mit Daimler-Benz-DB601Aa-Antrieb. Sie erhielt in den Flügeln MG-FF-Waffen statt der bisherigen MG 17 und eine verstärkte Panzerung. Optisch unterschied sie sich von späteren Versionen vor allem durch die oben abgerundete Kabinenhaube im Gegensatz zur späteren eckig gestalteten ab Version E-4. (nach Squadron Signal in action)
Der Bausatz: An früheren Modellen der Bf 109E hat es, wie man sich denken kann, seit Erscheinen der ersten Spritzgussmodelle nie gemangelt. Laut Scalemates machte Aurora 1953 den Anfang, es folgten Monogram 1963, dann Hasegawa 1988, Hobbycraft und Academy 1992, Airfix legte 2010 zu und Eduard 2022. Die Chinesen haben nun auch ein Angebot in ihrem Katalog. Der Bausatz kommt in einem relativ kleinen Stülpkarton daher mit einem ansprechenden computeranimierten Bild zweier 109 beim Begleitschutz einer Ju 88 unter ihnen. Der Kit enthält in jeweils einem eigenen Plastikbeutel zwei große und zwei kleine Rahmen mit je einem vermutlich per Slidemold erstellten Spinner bzw. Vergaserlufteinlauf. Insgesamt finden sich im Bausatz 70 gut detaillierte graue Teile. Hinzu kommt ein in typisch chinesischer Manier in Polsterfolie eingewickelter Rahmen mit 5 Klarteilen. Dazu gesellen sich ein kleiner Decalbogen auf hellblauem Papier und ein kleiner weißer Bogen mit vorgeschnittenen Maskierfolien.
Die Bauanleitung besteht aus einem knapp A4-großen, schwarz-weiß gedruckten achtseitigen Heft, das in 15 Baustufen klar und verständlich zum fertigen Modell führt. Eine kleine Anleitung zur Positionierung der Maskierfolien ist in Stufe 11 enthalten. Für die Farbgebung des Modells liegt typischerweise wieder ein zweiseitiges Hochglanzblatt mit farbigen Vierseitendrucken der Vorbilder bei. Hierauf werden für die Farbtöne Bezeichnungen aus den Sortimenten von Mr. Hobby, Acrysion, Vallejo, Model Master, Tamiya und Humbrol auflistet. Leider fehlen bei den Bemalungsvorschlägen und auch in der kleinen Typenbeschreibung auf der Kartonseite wieder einmal jegliche Angaben über die gewählten Vorbilder.




Die Bemalungsvariante Nr. I stellt nach meinen Recherchen wahrscheinlich eine Maschine des JG71, die Nr. II eine der II./JG51 dar, beide um 1940. Die Kunststoffteile sind sauber gegossen, es finden sich keine Sinkstellen oder Gussgrate von Bedeutung, allerdings gibt es an unauffälligen Stellen zahlreiche Auswerfermarkierungen. Die Oberflächen zeigen saubere und kontinuierliche, versenkte Gravuren, Schnellverschlüsse und Zugangsdeckel. Ansonsten werden reichlich feine versenkte Nieten geboten. Die Glasteile sind dünn und schlierenfrei gegossen. Aber hier kommen wir zum Pferdefuß des Bausatzes: Der Rumpf ist im Querschnitt oben viel zu breit und abgerundet, was bei der Cockpithaube zu einem deutlich zu breiten und flachen Querschnitt führt. Die Windschutzscheibe sollte annährend quadratisch sein, zeigt sich aber stattdessen deutlich breiter als hoch. Und, um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, verjüngt sich die Haube auch noch deutlich von vorn nach hinten!
Der Bau beginnt wie meistens mit dem Cockpit, das recht ordentlich detailliert ist, wobei einige Details bereits an die Rumpfinnenseiten gegossen sind. Für den separat anzubauenden Ölkühler gibt es einen Kühlergrill und eine Steuerstange für die Ausgangsklappe. Die Landeklappen sind separate Teile, die Querruder und die Vorflügel sind leider nur Teil der Flügel. Gleiches gilt auch für die MG FF, sie sind bereits in den unteren Flügel eingegossen, dafür aber ausgehöhlt! Der dreiteilige Propeller aus Spinner, Rückplatte und Blättern scheint in das vordere Rumpfende nur eingeklickt zu werden, ob er drehbar bleibt kann ich nicht sagen. Die Hauptfahrwerke setzen sich je aus einem schmalen einteiligen Rad mit deutlichen Querprofil aber ohne Abplattung, einem Fahrwerksbein mit angegossener Bremsleitung und der Fahrwerksklappe zusammen. Das Spornrad ist ein separates Teil und in eine aus zwei Teilen zusammenzusetzende Schere einzusetzen. Zum Schluss gibt es noch einen zweiteiligen Zusatztank mit Träger zu montieren.




Fazit: Reflexmäßig stellt man sich die Frage „Brauchen wir wirklich noch eine Bf109E-3?“ Und, vorausgesetzt, der Kit baut sich so einfach wie die meisten aus dem Hause HobbyBoss-Trumpeter lautet die Antwort eigentlich: warum nicht, der ist sicher preiswert und etwas für Anfänger!
Aber so sieht nun mal leider keine E-3 aus, mit so einem breiten Rumpfrücken und so deformierten Glasteilen. Was kann man tun? Den Rumpfrücken und die Motorhaube schmaler arbeiten einschließlich Innenausstattung und dann eine korrekte Ersatzhaube aus der Restekiste oder von Squadron oder Rob Taurus draufsetzen? Oder man beschleift Motorhaube, Rumpf und Haube soweit wie möglich, poliert letztere dann wieder und gleicht die Fehler durch Bemalung so weit wie möglich aus? Ziemlich viel Arbeit in Anbetracht dessen, dass es so viele bessere Kits gibt! Dieser Bausatz ist höchstens was für die jüngsten Enthusiasten oder die, denen die Formfehler einfach schnuppe sind.
Daher nur äußerst eingeschränkte Empfehlung! (Oder wie Brett Green es bei einem anderen Modell mal so dezent umschrieb: „This kit is quite a mixed bag“)
Literatur (Auswahl)
- Messerschmitt Bf 109 in action, Part 1, Aircraft no. 44, squadron/signal publications, 1980;
- Ritger, L., The Messerschmitt Bf 109; Part 1: Prototype to `E` Variants, SAM Publications;
Utz Schißau (Berlin, Februar 2025)