Vorbild: Die BV 222 entstand auf Initiative der Lufthansa als Transatlantik-Flugboot. Nach einer Ausschreibung und einem Wettbewerb zwischen Heinkel, Dornier und Blohm & Voss entschied sich die Lufthansa für die von Blohm & Voss vorgelegten Entwürfe und erteilte am 19. September 1937 einen Auftrag für die Fertigung von drei Versuchsmustern. Im dafür neu geschaffenen Werk in Hamburg-Finkenwerder wurde daraufhin mit der Konstruktion des Flugbootes begonnen. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch bereits klar, dass die gefertigten Maschinen direkt an die Luftwaffe gehen würden. Trotz des hohen Zeitaufwands bei der Konstruktion eines so großen Flugbootes und trotz des Kriegsausbruchs ging der Bau der Prototypen gut voran, so dass die V-1, D-ANTE, am 7. September 1940 ihren Erstflug erfolgreich absolvierte. Bis zum Ende des Krieges wurden von diesem Flugboot, mit einem Stückpreis von rund 1,7 Millionen Reichsmark, insgesamt 13 Stück gefertigt. Zur Stabilisierung auf dem Wasser wurden auf der Unterseite der Tragflächen zwei geteilte Stützschwimmer angebracht, die sich bei waagerechter Lage des Flugbootes genau 1 m über der Wasserlinie befanden. Nach dem Abheben wurden diese Schwimmer über elektrisch angetriebene Seilzüge in die Tragflächen eingefahren. Als Bewaffnung wurde auf dem Rumpfrücken ein Geschützturm und zwei weitere auf den Tragflächen verbaut. Diese Drehtürme waren mit je einem 20-mm-MG 151/20 bestückt. Der Zugang in die Türme der Tragflächen erfolgte durch röhrenförmige Kriechgänge mit einem Meter Durchmesser. Als weitere Bewaffnung wurden zusätzlich an den Rumpfseiten sowie am Bug insgesamt fünf 13-mm-MG 131 angebracht.
Vollgetankt mit 17.000 Liter hatte die Maschine ein Startgewicht von 50.000 kg und eine Reichweite von 6300 km. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 390 km/h. Besatzung: 16 Mann. Spannweite: 46 m, Länge 37 m, Höhe 10,90 m. Höhe des Rumpfes: 5,67 m.
Triebwerke:
A-Variante: sechs Bramo 323 R2 Fafnir 9-Zylinder Sternmotoren mit Benzindirekteinspritzung und bis zu 1.100 PS Startleistung. Die spätere C-Variante besaß wassergekühlte Junkers Jumo 207 C 6-Zylinder-Schwerölmotoren mit je 880 PS. Zur Leistungssteigerung wurde ein Abgas-Turbolader eingesetzt, der bei 3.000 U/min eine Startleistung von 1.000 PS erzeugte. Für das Anlassen und Warmlaufen der Dieselmotoren wurde zusätzlich ein Benzingetriebenes DKW-Bordaggregat BL 500 als Hilfsmaschine benötigt. Für den Einsatz als Fernaufklärer war auch eine umfangreiche Komunikationsausrüstung eingebaut: Schiffssuchgerät FuG 200 Hohentwiel, ein Zielfluggerät FuG 16Z der Firma Lorenz für den Leitstrahl-Zielanflug, ein Rückwärtswarngerät FuG 216 Neptun der Firma FFO, ein Feinhöhenmesser FuG 101a der Firma Siemens, ein Kenn- und Abfragegerät FuG 25a der Firma GEMA, ein Peilgerät Peil G 6 und ein Funklandegerät FuBl 1.
Von allen gebauten Exemplaren dieser Flugboote ist heute kein einziges mehr erhalten geblieben.
(Nach Lexikon der Wehrmacht und Wikipedia)
Bausatz: Genau wie das Original ist auch dieser Bausatz selbst in dem kleinen Maßstab 1/72 ein ganz schöner Brocken. Mit der Rumpflänge von 50,3 cm und einer Spannweite von 63,4 cm benötigt dieses Modell einiges an Vitrinenfläche. Nachdem dieses Flugboot bereits 1972 als Vacubausatz bei Airmodel erschien, hat sich Revell im Jahr 2002 diesem Riesenflieger angenommen und der Bastelgemeinde dieses Modell erstmals in Spritzguss beschert. Kurz nach dem Erscheinen erfolgte bereits ein erster First Look mit anschließendem Baubericht auf unserer damaligen IPMS Homepage. 2003 kam die erste Wiederauflage mit neuer Verpackungsart als Faltschachtel mit Seitenöffnung, gefolgt von einer weiteren Auflage mit neuem Decalbogen und Rückkehr zur Stülpschachtel 2014. Und jetzt, 10 Jahre später, mit wieder geändertem Decalbogen, erstmals auch mit US-Markierungen. Nach dem Öffnen der Schachtel mit dem gut gestaltetem Titelbild finden sich insgesamt sechs große Spritzlinge, die aus einem hellgrauen Kunststoff gefertigt sind, sowie einem klaren Spritzling für die Verglasung. Die Gussqualität ist hochwertig und auch auf aktuellem Fertigungsstandard.
Die Spritzlinge für den Rumpf und Tragflächen sind trotz der beachtlichen Größe ohne Verformungen oder Verzug gefertigt und besitzen eine sehr schöne Detaillierung.
Die Spritzlinge C und F enthalten die Teile für die Front und Heckbereiche sowie die Motoren mit den Trägern. Bei den Motorabdeckungen entdeckte ich zuerst einige ungünstig platzierte Auswerfer genau im Mittelbereich der Klappen. Nach einem Blick in die Anleitung (Baustufe 60) gab es jedoch Entwarnung, da genau dieser Mittelteil nicht benötigt und entfernt wird. Die Motoren entsprechen übrigens genau der A-Variante mit den Bramo Sternmotoren, die genau zu der Kennung des Decalbogens X4+EH passen. Hier wurde durch Revell augenscheinlich sehr gut recherchiert.
Besonders gefällt mir der Spritzling D mit den Teilen des Innenraumes. Hier hat Revell wirklich tolle Arbeit in der Umsetzung der einzelnen Bauteile geleistet. Die Anzeigen besitzen sogar die Zeiger auf den Armaturen und selbst die kleinen Hebel und Schalter wurden nicht vergessen. Beim Betrachten dieser Teile entsteht unweigerlich der Gedanke, dass diese vielen Details, wie bei den meisten Flugzeugen, am fertigen Modell leider nicht mehr zu sehen sind. Gerade bei diesem Monsterflugboot könnte man vielleicht sogar den Rumpf in klarem Kunststoff fertigen, um diese vielen und schönen kleinen Details auch am fertigen Modell zeigen zu können.
Der klare Spritzling E enthält die Seitenscheiben, Bullaugen, Geschütztürme sowie die Cockpitverglasung, die alle sauber und absolut klar gefertigt sind. Allein bei dieser Anzahl an Fenstern bekommt man einen Eindruck von der gewaltigen Größe des Modells. Gerade bei den vielen Streben der Cockpitverglasung wäre eine Lackiermaske aus dem Zurüstteilebereich dringend angeraten. Ein Zubehörteil, das für die spätere Präsentation des Modells übrigens sehr sinnvoll wäre, ist der „Dockwagen“, der bei CMK mit der Artikelnummer 7088 genau für diesen Bausatz erschienen ist.
Bemalung/Bauanleitung: Die Anleitung ist im bekannten Revell-Stil gehalten und besteht aus einem farbig gehaltenen Heft mit 28 Seiten. Neben den allgemeinen Bauanweisungen und den Farbangaben sind insgesamt 74 Baustufen zu absolvieren, die sehr übersichtlich und sicher zum fertigen Modell führen. Da der Bausatz 282 Einzelteile enthält, die Revell übrigens immer sehr schön auf seinen Packungen vermerkt, ist der Schwierigkeitsgrad mit dem höchsten Level 5 deklariert und erfordert somit schon einige Erfahrung im Modellbau.
Die Farbangaben beziehen sich, wie bei Revell ebenfalls bekannt, ausschließlich auf das hauseigene Sortiment. Die Bemalungsangaben beziehen sich dabei auf zwei Versionen. Eine Deutsche in der Variante 5 mit der Kennung „X4+EH“, die in der 222. Lufttransportstaffel diente und am 20. Januar 1943 durch englische Jabos in Frankreich vernichtet wurden. Erstmals ist hier auch noch eine Ausführung der Variante 2 als US-Beutemaschine vorhanden, die 1945 in Norwegen eingesetzt wurden.
Der beiliegende, umfangreiche Decalbogen besitzt Randscharfe und gut gestaltete Beschriftungen sowie auch hervorragend umgesetzte Anzeigen der vielen Instrumente.
Fazit: Mit diesem Bausatz hat Revell unsere Bastelgemeinde das Modell von einem der größten Flugboote und echten Exoten beschert. Von den insgesamt 13 gebauten Exemplaren ist heute, bis auf das Wrack der V2, kein einziges mehr erhalten. Die V2 trug bis 1946 kurzzeitig sogar US-amerikanische Hoheitszeichen. Sie wurde später, beladen mit BV-222 Ersatzteilen, an eine Stelle im Trondheimfjord zwischen Ilsvika und Munkholmen geschleppt und versenkt. Das im September 2022 wiederentdeckte Wrack liegt in mehrere Teile zerbrochen auf dem Meeresgrund in etwa 300 m Tiefe. Aufgrund des geringen Sauerstoffgehalts im Wasser ist das Wrack den Umständen entsprechend noch relativ gut erhalten. Pläne, dieses Flugzeug zu heben und es zu restaurieren, werden aber durch zu hohe Kosten wahrscheinlich nicht verwirklicht werden. Aufgrund der spannenden Geschichte dieser Riesenvögel und der guten Qualität der einzelnen Bauteile kann der Kauf dieses Bausatzes – den Vitrinenplatz vorausgesetzt – wirklich empfohlen werden. Ein Wehrmutstropfen ist zwar, dass kein Ständer für das Modell beiliegt, aber darauf hat ja der Zurüstmarkt bereits reagiert.
++Sehr Empfehlenswert++
Reiner Janick, Berlin (Dezember 2024)
Werter Kollege Janick,
hierbei „Auf gleichem Wege konnten aber auch Mechaniker während des Fluges zu den Motoren gelangen.“ handelt es sich um einen Irrtum. Es ist richtig, daß die Abwehrstände in den Tragflächen durch eine Kriechröhre erreichbar waren, diese befand sich jedoch hinter dem Hauptholm (ebenfalls eine Röhre, in welcher der Treibstoff untergebracht war). Um zu den Motoren zu gelangen, mußten die Mechaniker aber in den Kriechgang in der Flügelnase, und dieser Kriechgang befand sich logischerweise vor dem Hauptholm.
Hallo Herr Fritz,
Vielen Dank für diese Ergänzung. Ich habe den Text jetzt dementsprechend geändert.