Vorbild: Die Wasa (korrekt wäre eigentlich Vasa, aber da in der englischen Sprache Vasa wie Wasa klingt, hat sich Wasa durchgesetzt) ist neben der HMS Victory das wohl berühmteste Segelschiff der Welt. Gebaut wurde sie 1626 – 1628 auf Befehl des schwedischen Königs Gustav II. Adolf als sogenanntes Regal Schiff (Königliches Schiff). Hintergrund für den Bau war der Krieg mit Polen, welche in mehreren Seeschlachten die schwedische Flotte arg dezimiert hatte. Das neue Flaggschiff sollte eines der größten und prunkvollsten Schiffe der schwedischen Marine werden, um allen die Macht des Königs und Schwedens zu zeigen. Um eine noch höhere Kampfkraft zu erreichen, bestand die Forderung des Königs, dass ein zweites Batteriedeck eingebaut werden soll und das gleiche Geschützkaliber als Hauptbewaffnung zu verwenden ist. Anfang des siebzehnten Jahrhunderts waren das 24 Pfünder. Der eh schon ungünstige Schwerpunkt verschob sich dadurch noch weiter nach oben, da die Wasa nur 121 Tonnen Ballast aufnehmen konnte (mind. 100 mehr wären nötig gewesen, was aber durch das zweite Batteriedeck platzmäßig nicht zu realisieren war). Jedes dieser Geschütze brachte es auf rund 1,4 Tonnen, und die Wasa hatte 48 Stück davon an Bord. Dazu kamen noch 16 Geschütze kleineren Kalibers dazu. Gebaut wurde die Wasa vom niederländischen Schiffsbauer Henrik Hybertsson, da die Holländer damals zu den besten Schiffsbauern des Kontinents zählten. Für die über 700 geschnitzten Figuren und Ornamente die das Schiff schmückten, wurde ein deutscher Holzschnitzer verpflichtet. Das Schiff hatte eine Gesamtlänge von 61m (Rumpf 47,5m), Breite 11,7m, Höhe 52m. Es wurden 1000 Eichen für den Bau benötigt. Am 10. August 1628 trat die Wasa vom Schloss Tre Kronor aus ihre Jungfernfahrt an (sie war Ende 1627 von der Werft zum Schloss überführt worden, um sie seeklar zu machen. Dabei stellte sich schon heraus, dass das Schiff schnell zum Kentern neigte), die aber schon nach 1200 Metern jäh endete. Eine Windböe traf das Schiff, welches mit vier (von zehn) gesetzten Segeln schwamm und kenterte. Auf Grund der offenen Geschützpforten des unteren Batteriedecks drangen große Wassermengen in den Rumpf ein, die das Schiff in wenigen Minuten sinken ließen. Erst 1951 gelang es, die genaue Stelle des Wracks zu orten. Es dauerte weitere 10 Jahre, bis die Wasa endgültig gehoben werden konnte. Der Rumpf war erstaunlich gut erhalten, da in der Ostsee der berüchtigte Schiffsbohrwurm auf Grund des geringen Salzgehalts nicht vorkommt. Sauerstoffarmes Wasser und Sedimentablagerungen taten ihr Übriges. 1991, nach dreißig Jahren Restauration konnte die Wasa im eigens dafür gebauten Museum der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Bausatz: Airfix bietet dem Modellbauer mit diesem Bausatz die Möglichkeit, dieses wahrhaft königliche Schiff im Maßstab 1:144 nachzubauen. Aufgelegt wurde er schon 1971 und danach immer wieder mit einem neuen Deckelbild vertrieben. Der hier vorgestellte Bausatz stammt aus der letzten Auflage von 1991. Im praktischen Stülpkarton mit einem Bild der Wasa unter vollen Segeln kommt der Bausatz zum Kunden.
In einer Plastiktüte sind zwei Gußäste, zwei Rumpfhälften in Beige, zwei Rollen mit weissen Garn,sowie ein schwarzer Gußast mit einem Rahmen für das Herstellen der Wanten. Insgesamt hat der Bausatz 241 Teile.
Segel liegen natürlich auch bei, allerdings als tiefgezogenes Plastik. Diese sollte man evtl. durch Stoff oder Japanpapier ersetzen. Selbstverständlich kann man die Segel auch weglassen, um die Takelage besser zu sehen. Dann sollte man aber auf jeden Fall die Rahen tiefer setzen (der Fehler, die Rahen auf der Höhe wie mit angeschlagenen Segeln zu montieren wird gerne gemacht).
Die Flaggen und Wimpel liegen als selbstklebende Sticker vor. Hier gilt eigentlich dasselbe wie bei den Segeln.
Hier die beiden Gußäste mit den Einzelteilen und die Rumpfhälften. Die Abformung der Teile ist auf dem Stand der 1970er Jahre, und die Spritzformen sind anscheinend auch nie nachgearbeitet worden. Es gibt einige unschöne Auswerfermarken, Grate und Fischhäute, die beseitigt werden müssen. Schade!
Fangen wir mit den beiden Rumpfhälften an. Die Passgenauigkeit ist soweit in Ordnung. Leider wirken die Darstellung der Figuren (gilt für sämtliche Figuren und Ornamente des Bausatzes) sehr verwaschen, aber mit sorgfälltiger Bemalung läßt sich vieles kaschieren. Auf eine Holzmaserung und Stossfugen wurde verzichtet, wodurch es durchgehende Planken gibt. Hier sollte man auf jeden Fall nacharbeiten! Dies gilt übrigens auch für das Deck.
Einige Bauteile, wie zum Beispiel die Kanonen, sind allerdings historisch nicht ganz korrekt, bzw. sehr vereinfacht. Insgesamt hat das dargestellte Schiff 64 Kanonen, von denen aber die Kanonenrohre der zwei Batteriedecks nur als Halbrohre ausgeführt sind, und in die Stückpforten gesteckt werden. Die Stückpforten sind aber so versenkt, dass man bei entsprechender Bemalung mit den Halbrohren
leben kann.
Der ganz gut wiedergegebene Heckspiegel wartet mit einer Unmenge von Reliefs auf. Hier sind bei der Bemalung eine ruhige Hand und viel Geduld gefordert.
Das Deck ist sehr einfach gehalten. Die Decksplanken bestehen vom Bug bis zum Heck aus jeweils einer Planke ohne Unterteilung. Und was noch fast schlimmer ist, die Fugen zwischen den einzelnen Planken sind erhaben. Hier empfiehlt es sich, alle abzuschleifen, und neu zu gravieren. Bei der Gelegenheit sollte man gleich die Sinkstellen rund um die Mastöffnungen (Mastfischung) verspachteln. Die Grätings auf dem Deck sind nicht durchbrochen, und sollten aufgebohrt, oder von der Unterseite freigeschliffen werden. Auch die Grätings am Galion sind falsch! Hier sollte man vorsichtig die Querbalken aussägen.
Die Jungfern zum befestigen der Wanten sind eine einzige Katastrophe und sollten auf jeden Fall ersetzt werden.
Wo wir gerade bei den Jungfern sind. Dies sind die einzigen, die im Bausatz vorhanden sind! Jungfern und Blöcke für die Takelage, Fehlanzeige !!! Das ist mehr als peinlich.
Als letztes Teil kommt noch die „Wantenknüpfmaschine“. Sie ersetzt sozusagen die sonst üblichen aus Plastik gegossenen Wanten, welche ja noch nie so gut aussahen. Mit der beiliegenden Erklärung kann man sehr gute Wanten aus Garn herstellen.
Dem Bausatz liegen auch zwei Rollen weisses Garn bei, welches man einfärben kann. Durchmesser:
0,3 und 0,6 mm
Die Bauanleitung besteht aus 12 zusammengehefteten S/W Din A4 Seiten und zeigt in 14 Schritten den Bau. Die letzte Seite zeigt eine farbige Seitenansicht des Rumpfes ohne Masten. Hier sind auch die benötigten Farben angegeben. Der Takelplan zeigt leider nur rudimentär die Takelung.
Fazit: Ein nicht gerade perfekter Bausatz, aber in Anbetracht des Alters ist das in Ordnung. Das Fehlen einiger wichtiger Teile ist schon etwas ärgerlich. Zur Zeit ist die Airfix-Wasa das einzige im Plastikmodellbau erhältliche Modell, wenn man mal vom Revell- Bausatz absieht, der aber nur noch „gebraucht“ zu sehr hohen Preisen angeboten wird (und auch nicht viel besser ist). Wird die Wasa „out of Box“ gebaut, kommen auch Anfänger mit ihm klar. Der Profi wird aus dem Bausatz natürlich sehr viel mehr herausholen können. Für diesen ist natürlich eine intensive Recherche im Internet und in der Literatur unerlässlich, da es mittlerweile viele neue Erkenntnisse zum Aussehen dieses Schiffs gibt. Oder man schaut sich das Schiff direkt in Stockholm an.
Trotz einiger Einschränkungen empfehlenswert.
Literatur: Diverse
Vasa – A Swedish Warship
Fred Hocker
Medströms Bokförlag / Ocbow Books
Erscheinungsjahr 2023
ISBN 978-91-7329-101-9
Jürgen Bellenbaum – Dallgow-Döberitz (Juni 2024)