Früher war es einfach. Man bekam einen Modellbausatz geschenkt, nahm etwas Uhu-Kleber und los ging’s. Die Teile wurden abgedreht und schnell zusammengeklebt. Schließlich hielt man ein Plastikflugzeug oder ähnliches in Händen, unbemalt und mit Klebespuren übersät. Die Klarsichtteile waren stumpf vom großzügigem Einsatz des Klebstoffs. Dann konnte man damit spielen. Irgendwann malte man ein Modell zum ersten Mal an. Und schließlich wurde man vielleicht ein Modellbauer. Heute verschenkt kaum jemand mehr einen Modellbausatz. Zu groß ist das Risiko, den Zorn der Gerechten auf sich zu laden. Entweder ist es ein Militärmodell, schlimmstenfalls aus der Nazizeit. Das macht keinen guten Eindruck. Oder es ist ein Zivilmodell, dann ist es jedenfalls aus Plastik. Plastik ist schlecht, Kinder sollten mit naturbelassenem Holz spielen.
Aber angenommen, diese Hürde ist überwunden. Der Beschenkte verschwindet mit dem Geschenk im Kinderzimmer und beginnt. Was bekommt er? Ein paar Plastikteile, die mühselig vom Gussast getrennt werden müssen. Schwierig zusammenzusetzen. Und am Ende hat man ein Ding in grauem Plastik. Ein häßliches Entlein, verglichen mit den vollfarbigen und perfekt passenden Lego- oder Playmobilmodellen, die man ohne Klebstoff zusammensetzen und wieder zerlegen kann, die mit interessanten Funktionen aufwarten, mit denen man spielen kann, ohne dass kleine Plastikteile abbrechen und unwiederbringlich verloren sind. Vielleicht hat das Kind Glück. Vielleicht hat es einen Helfer, der etwas von Modellbau versteht. Es könnte dann Freude am sorgfältigen Zusammenbau, am Anmalen und am fertigen Modell haben, das viel mehr Ähnlichkeit mit dem Vorbild hat als jedes Legomodell. Ist der Beschenkte erwachsen, wird er den Bausatz irgendwann frustriert in die Ecke werfen. Das Studium der kryptischen Bauanleitung hilft nicht weiter, es fehlt das richtige Werkzeug und die Kosten dafür sind erheblich.
Die alten Zeiten sind vorbei. Wer glaubt, dass die neuen Modellbauer schon irgendwie auftauchen werden, der irrt. Da sind keine Jugenderinnerungen mehr an regnerische Nachmittage, an denen ein neues Modell geklebt wurde, an das Spielen damit. Die neuen Modellbauer haben andere Erinnerungen. Wer ohne Hilfe zum Modellbauer wird, ist ein seltener Fall.
In Europa sind es Revell, Airfix, Heller und neuerdings Italeri, die eine Art Komplettpaket für den Anfänger anbieten. Das besteht aus dem Modell, Klebstoff und ein paar Töpfchen Farbe. Bei Italeri bekommt man sogar einen kleinen Seitenschneider, eine Plastikpinzette und eine Feile dazu. Daneben gibt es Modelle, die man ohne Klebstoff zusammenstecken kann. In den Anleitungen bekommt man jedoch kaum Hilfe. Nur wenn man weiß, worum es geht, sind sie informativ. Schwierig wird es für den Anfänger, der auf den ersten Bildern lernt, dass er die Teile mit H2O und „Soap“ einreiben soll. Wirklich durchdacht ist das alles nicht. Bauanleitungen für Anfänger müssten völlig anders aussehen.
Die eigentlichen Probleme sind jedoch, dass der Bausatz zum einen nicht als echtes Anfängermodell beworben wird und zum anderen, dass er den anzusprechenden Kundenkreis nicht mehr erreicht. Es genügt nicht, „Easy Click“ auf den Karton zu schreiben. Dem unbedarften Kunden sagt es nur, dass es irgendwo mal Klick macht. Sonst nichts. Und wo wird der Anfänger den Bausatz finden? Die Modellbaugeschäfte mit einem Inhaber, der den Kunden beraten kann, gibt es kaum noch.
Doch halt, ein Bereich des Modellbaus blüht. Das sind die Sammelhefte, die am Kiosk erhältlich sind und den Bau eines schönen Modells versprechen. Regelmäßig kommt ein neues Heft mit einem neuen Bauteil heraus, und nach einem oder zwei Jahren hält der Modellbauer das fertige Modell in Händen. In jedem Heft wird ausführlich auf die Historie des Originals eingegangen und eine sorgfältige Bauanleitung zum Einbau des gelieferten Bauteils geliefert. Das fertige Modell hat am Ende sehr, sehr viel Geld gekostet. Aber die Kunden mögen und kaufen es. Leider hat dieses Beispiel für geschäftlichen Erfolg bei den etablierten Modellbaufirmen keinen Eindruck hinterlassen. Aber wer weiß, vielleicht kommen die Modellbauer von morgen ja aus dem Zeitungsgeschäft.
BK (November 2023)
Hallo Burkhard,
ja ist schon eine interessante Fragestellung, wie man zum Plastik-Modellbauer wird bzw. wurde.. Doch hast Du irgendwie den vlt. wichtigsten Punkt nicht erwähnt. Also ich wage mal zu behaupten das selbst heute immer noch Väter, Großväter ältere Geschwister usw. zur Seite stünden! Da wird also sicherlich so manch Modell noch irgendwie zusammen-geschustert werden können. Ob es dem Nachwuchs aber wirklich Spaß macht und er weitermachen wird wollen. Ich sage mal bei 1 von 10 vielleicht.. Doch ist es heute gar auch nicht mehr einfach mit seinem Werk irgendwie zufrieden sein zu können, finde ich. Die Konkurrenz der alten Hasen die ihre Sachen online stellen ist ja beinah erschlagend. Und wer kann diesen Standard erreichen? Da können wenige mithalten und somit kann man auch abgeschreckt werden auch! So geht es mir selbst heute noch. Und von den Kosten will ich hier gar nicht sprechen! Die Zeiten als man noch mit seinem Taschengeld pro Monat mal einen einmotorigen Jäger kaufen konnte und noch einen Grundsatz an Farben um alles daraus selbst mischen zu können, die sind pasé. Da werden heute doch schon sehr leicht 100€ erreicht. Zumal man sich vlt. noch etwas an Teilen zum Supern gönnt. Aber auch bei günstigeren Preisen fürchte ich das es schwer wird neue Käufer bzw. den Nachwuchs begeistern zu können, Leider!
Das ist zum Teil richtig. Ich behaupte mal ganz dreißt das Geld nicht wirklich ein Faktor ist.
Mein Sohn ist jetzt 11 und wenn ich sehe was die Kids alles so haben und wieviel Geld da im Spiel ist da dürfte Modellbau wirklich nur Krümelkram sein. Die Masse in seiner Klasse hat IPhones, Konsolen und und und. Elleine für die Sneakers seiner besten freundin bekommst schon eine gescheite Airbrush inkl Kompressor.
Ich denke eher das es daran liegt das die relevante Zielgruppe andere Themen hat mit denen sie sich beschäftigen. Vor ca 2 Jahren bekoam mein Sohn an einem Kindergeburtstag den revell Snowspeeder, der Alte(ICH) war sofort Feuer und Flamme, hab Farben gekauft, ein zweites Modell um das ganz romatisch mit meinem Junior am Küchentisch zusammen zu schustern. Pustekuchen, er hat 5-6 Bauteile zusammen geklebt und danach schon kein Bock mehr gehabt. Ich bin dabei hängen geblieben und baue immer noch modelle (ich werde besser aber von dem dir erwähnten Standard bin ich noch Lichtjahre entfernt). Mein Sohn schämt sich vor seinen Kumpels ein bisschen das ich (Zitat) “in deinem Alter noch mit Plastikpanzern” spiele. Lego ist auch weniger das kreative bauen ein Thema sondern eher das Prestige. Millenium Falken, At-At und Tie Fighter von Lego haben wir und das ist auch anders als in meiner Kindheit. Da wurde ein Set einmal nach Anleitung aufgebaut und danach massiv modifiziert, auseinander genommen und neues Gebaut……das ist heute nicht mehr unbedingt der Fall. Da bauste die Sets auf und stellst es in den Schrank. Gut für Lego da die immer neue Sets verkaufen aber der Gedanke des modularen/kreativen Spiels ist einfach weg.
Bei uns sieht das derzeit so aus: Sohnemann spielt Minecraft online während der alte derzeit einen Tiger II zusammen klebt…..
Naja, so schlimm sehe ich die Lage nicht- es ändert sich nur der Zugang. Vermutlich wird mittelfristig der Einstieg in den Modellbau über Marken wie zum Beispiel Warhammer laufen- erst das PC Spiel gezockt- dann gegoogelt was man da hat und dann in den Store. Und ja, das Niveau ist gerade seit den letzten 20 Jahren stark gestiegen, was möglich wurde durchs Internet. Außerdem wird es immer mehr Hybride geben- der Cobi Tiger hat nicht mehr viel mit dem lego meiner Kindheit zu tun, der Wahnsinn was da geliefert wird. Deswegen keine Panik- Modellbau geht weiter. Ändert sich und bleibt doch gleich.
Ich bin mittlerweile ein alter Hase, in Sachen Modellbau. Bin seit nun 50 Jahren am kleben und bauen. Vor gut 20 Jahren habe ich mich an den Holzbau von Schiffen gewagt. Man wächst dort mit der Zeit immer mehr rein. Das was dem Nachwuchs heute fehlt, ist ein wenig die Geduld. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Wie ich so in den Foren mitbekomme, legt der Modellbau mit Holz zur Zeit gerade zu. Auch wenn man sieht, wie in YouTube Videos Tipps und Tricks gezeigt werden. Man braucht da aber auch ein bisschen Wille zu. Und wenn ein Modell fertig ist, traut man sich an etwas Anspruchsvolleres. Aber es ist auch richtig, dass die Kinder und Enkelkinder lieber in die Onlinewelt abtauchen. Das ist eigentlich sehr schade, denn da bleiben Kreativität und Fingerfertigkeit auf der Strecke.
Ich mache das nunmehr seit 40 Jahren, angefangen mit einen Airbus 310 zum Geburtstag.
Und aktuell gerade wieder sehr intensiv, mehre Projekte am basteln, und es macht immer noch spas.
Es ist auch zum Teil länderspezifisch. Bei uns – ich bin Österreicher – und ich denke das gilt auch für Deutschland, ist dieses Hobby vorwiegend eins der Älteren der Generation 40+. Ich schließe mich der Meinung an das die heutigen Jugendlichen komplett andere Interessen haben und auch das die Geduld fehlt. Bei der heutigen Reizüberflutung ist dies auch verständlich.
Ein anderer Punkt ist das z.B. in England in regelmäßigen Abständen bei Discountern (Aldi, Lidl) Einsteiger Pakete von Airfix im Wochenangebote sind (in Österreich undenkbar!) und das in Ländern wie GB, USA die Aversion in der Gesellschaft gegen Kriegsgerät und deren Modelle nicht so ausgeprägt ist wie hier bei uns.
Das Aussterben der sogenannten Modellbaugeschäfte mit ihren Schaufenstern, in die man eintreten konnte um nach Herzenslust herumzustöbern ist sicher auch ein Grund hierfür. In Wien mit ca. 1,9 Mio Einwohner gibt’s gezählte 2 1/2 einschlägige Geschäfte!
Ich möchte ganz kurz auf den letzten Satz von BK in seinem Artikel eingehen. Das der Modellbauer seine Anfänge im Zeitungsgeschäft beginnt, ist nicht neu. 1968 zog meine Familie nach Augsburg um und ich habe damals als 12-jähriger mit dem Modellbau angefangen. Meine ersten Kits erstand ich im Schreibwarengeschäft ganz in der Nähe meiner Schule. Der Laden hatte ein kleines Sortiment von Airfix- sowie Revell-Kits im Angebot und das in der damals üblichen Blisterverpackung. Somit kam man als Schüler beim Einkauf von Schulmaterial zumindest in den Blickkontakt mit dem Modellbau.
Damals hatte ich ein paar Schulkameraden, welche auch diese Kits kauften und “zusammenklebten”! Beim Modellbau geblieben ist aber außer mir kein weiterer (soweit mir bekannt ist) . Ob die Rückbesinnung auf Kindheitserfahrung die auslösende Triebfeder für einen Erwachsenen sind, zum Modellbau zurückzukehren möchte ich mal in Frage stellen! I
So Burkhard,
sieht so aus das sich hier wohl keiner noch melden tut. Immerhin hatten wir dann ein bisschen Resonanz, was das wichtigste wäre. Doch fände ich es gut das Du jetzt vlt. noch einen Abschluss verfasst, oder? Ich meine ich kann das natürlich jetzt genauso gut, will dir aber nicht vorgreifen. Die Kollegen die sich meldeten wollen ja zumindest irgendwie ein Wort des Dankes hören. Freilich können wir dieses wichtige Problem-Feld jetzt nicht auflösen. Es sollte aber doch auch nicht ganz untergehen oder gar vergessen werden oder so, finde ich. Die lieben Kollegen in den Marketingabteilungen der Hersteller sollten hier evtl. vlt. mal endlich auch mitlesen! Aber wollen uns nicht weiter ärgern, solange dort keine Vollblut-Modellbauer sitzen wird niemals etwas wirklich Gutes herauskommen. Wohl wird das Überleben der Unternehmen letztlich noch erreicht, mit den richtigen Neuerscheinungen bzw. Wiederauflagen würde der Umsatz jedoch locker verdreifacht werden können. Aber will jetzt nicht abschweifen. Danke euch für die FLs und versucht halt bitte irgendwie kritischer zu werden und Revell, Glow-Heller und dem Rest auch mal offenen Gegenwind entgegen zu bringen. Nur so kann sich nämlich wenn überhaupt was ändern. Solange es hier manchmal in den FLs praktisch leider quasi bald oft schon nach einer Art wohlwollender Billigung klingt, brauchen die Hersteller ja nicht einmal TV-Werbung etc. zu fahren, hihi. Unser aller Wunschtraum sollte vielmehr bleiben das alle Neuheiten erst einmal hier zur Abstimmung vorgelegt werden sollten, davon hätten wir nämlich alle was. Ein frommer Wunsch zwar doch sollte er nicht ganz verstummen.