Das Vorbild: Eines der bekanntesten Geschütze des zweiten Weltkrieges ist zweifelsfrei die auf deutscher Seite eingesetzte 8,8 cm Flak, die sowohl zur Flugabwehr wie auch im Erdkampf genutzt wurde.

Die Entwicklung der Flak begann bei der Firma Krupp bereits weit vor dem zweiten Weltkrieg basierend auf der 7,5 cm Flak L/60, die im spanischen Bürgerkrieg ihre Feuertaufe hatte. Mit fast identischer Kreuzlafette aber etlichen Abänderungen in Bezug auf die Lafette und den Höhenrichtmechanismus folgte die 8,8 cm Flak 18, die noch mit einem einteiligen Geschützrohr versehen war. Die Waffe war inzwischen als Halbautomat ausgelegt. Dabei öffnete sich nach dem Schuss der Verschluss selbständig, die Patronenhülse wurde ausgeworfen und die Schlagfeder neu gespannt. Nach dem Einlegen einer neuen Granate konnte diese damit sofort wieder abgefeuert werden, wodurch mit einer eingespielten Mannschaft eine Kadenz von bis zu 20 Schuss pro Minute möglich war. Der Transport der Flak fand mit Hilfe des Sonderanhängers 201 statt

Mit Einführung der Flak 36/37 erhielt die Waffe ein dreiteiliges Rohr, wobei dies in Bezug auf einen Rohrwechsel von extremen Vorteil war. Für den Transport wurde nach und nach auf den Sonderanhänger 202 umgestellt.

Besonders erwähnenswert ist die Nutzung der Waffe auf verschiedensten Gebieten. Neben dem Einsatz auf Transportkähnen (Siebelfähre) und auf Eisenbahnwaggons existierten sogar Selbstfahrlafetten auf den Halbkettenfahrzeugen Sd.Kfz. 8 und 9. Eine leicht modifizierte Version der 8,8cm Flak war die 8,8cm Bunkerflak, die primär zur Bekämpfung von Erdzielen Verwendung fand. Diese Ausführung unterscheidet sich deutlich von der herkömmlichen Version in Bezug auf das Layout der Lafette mit gekürzten seitlichen Auslegern und dem Abfeuerungsmechanismus. Zusätzlich wurde bei dieser Version innen am Schild eine Kiste mit Bereitschaftsmunition angebracht.

Der Bausatz: Deutsche Flak Geschütze stellen einen meiner Interessensschwerpunkte dar, weshalb ich mit grosser Spannung auf den von Border angekündigten neuen Bausatz gewartet und ihn nach Veröffentlichung sofort bestellt habe. Der 8,8cm Flak 36/37 haben sich bis vor kurzem lediglich die Hersteller Tamiya und Dragon gewidmet, wobei der Tamiya Bausatz nicht mehr dem Stand der Technik gerecht wird. Um fair zu bleiben, will ich die Neuheit von Border mit den Dragon Bausätzen aus den Jahren 2005 – 2009 vergleichen.
Der Bausatz beeindruckt bereits bei der Gestaltung der Box. Diese ist in der limitierten Erstauflage aus Metall angefertigt und zeigt auf den Seiten schöne Abbildungen der Flak und auf der Box Rückseite sind mehrere Fotos mit einer Beschreibung zur Historie der Waffe abgebildet. Die Boxart selbst ist grafisch sehr schön umgesetzt, wobei mir allerdings nicht gefällt, dass der Rohrrücklauf übertrieben ausgeführt ist. So weit würde der Verschluss nur bei Entkoppeln der Waffe mit der Rohrwiege nach hinten reichen.

Die Box selbst ist mit 29 Spritzlingen aus grauem Plastik gut gefüllt, wobei diese zum Teil miteinander verbunden sind.

Die Aufteilung der Gussäste sieht wie folgt aus:
A: Lafettenteile
B: Teile der Waffenhalterung
C (2x): Lafetten- und Anhängerteile
D (2x): Anhängerteile
E (2x): Kabeltrommel Teile
F (2x): Kleinteile wie Handräder
G (2x): Kleinteile
H (2x): Halterungen für Kabeltrommeln
I: Schutzschild – Variante A
J: Rohrwiege
K: Rohrwiege
L (2x): Munition und Munitionskisten
2 weitere Schildvarianten sowie zweimal Hauptteile des Sonderanhängers 203.


Z2 – Z7: Teile für 6 verschiedene Figuren

8 Reifen aus weichem Plastikmaterial
Ätzteilebogen

PE Bogen
Metallrohr

Alle Bausatzteile sind von hervorragender Qualität und müssen einen Vergleich mit den Dragon Bausätzen nicht scheuen. Das Layout der Teile entspricht im Großen und Ganzem dem von Dragon, wobei es sich aber eindeutig um eine Neuauflage handelt. An einigen Stellen erkennt man kleine aber feine Unterschiede. Beispielsweise sind die Kabeltrommeln bereits so gestaltet, dass man die Leitungen nicht separat aufwickeln muss, sondern diese entsprechend als Prägung bereits vorhanden sind.

Viele der Teile sind im aufwändigen Slide-Mold-Verfahren hergestellt, was die Darstellung zusätzlicher und feinster Details möglich macht. Dies trifft unter anderem für das Rohr zu, bei dem der vordere Teil des Plastikteiles einteilig inklusive Riffelung im Rohr ausgeführt ist. Alternativ liegt der limitierten Edition ein entsprechendes Metallrohr bei.

Für den Bau bieten sich die Möglichkeiten die Flak ohne oder mit drei unterschiedlichen Schutzschilden darzustellen. Entsprechende Hinweise und Sonderteile dazu findet man im Bauplan. Die Teile für die Darstellung der Waffe selbst kann man auch als perfekt bezeichnen, wobei hier Dragon mit der Idee die Nase vorne hat, die Anzeigen als Klarsichtteile mit aufgedruckten Skalen anzubieten.

Bei den Reifen gehen die Meinungen sicherlich in Bezug auf das verwendete Weichplastikmaterial auseinander, da man damit zwar sehr schöne Reifenprofile erhält, aber nicht sicher sein kann, dass die im Material enthaltenen Weichmacher in ferner Zukunft die Felgen vom Modell angreifen. Ich würde da lieber auf Nummer sicher gehen und die Felgen vor dem Zusammenbau gründlichst mit einer Schicht Grundierung schützen.

Abschließend sind die sechs beiliegenden Figuren noch positiv zu erwähnen. Die Details sind sauber und überzeugend dargestellt und auch die Gesichtsausdrücke für Plastikfiguren gut umgesetzt. Das Schmankerl ist jedoch auch im Sinne einer neuen und guten Idee die Tatsache, dass bei zwei der Figuren für die bereits sehr schön ausgestalteten Hände die Daumen als separate Teile beiliegen, um den Entfernungsmesser bzw. das Handrad des Richtkanoniers auch überzeugend „im Griff“ zu haben.

Prima Idee!

Im Ätzteilebogen finden sich einige Kleinteile, wichtigste Bestandteile sind aber die Bodenplatten der Geschützgranaten.

Die Bauanleitung: Als Bauanleitung liegt dem Bausatz ein 20 seitiges Heft im Querformat DIN A4 bei. Der Zusammenbau der Teile wird darin in 27 Baustufen ausführlich und klar dargestellt. Baustufe 28 widmet sich danach den Figuren.

Bauanleitung

Abziehbilder und Bemalungsvorlage: Auf Basis des umfangreichen Abziehbilderbogens, der wahrscheinlich so nur der limitierten Auflage beiliegt, kann man die unterschiedlichsten Geschütze inklusive Symbole für erfolgreiche Abschüsse darstellen. Als Bemalungsvorlage findet man zwei farbig illustrierte Seiten im Bauplan mit den folgenden Optionen:

  • Ostfront 1942 – 1943 (Wintertarnung weiss)
  • Ostfront 1942 – 1943 (Wintertarnung)
  • Ostfront 1944 (dunkelgelb mit grünem Streifenmuster)

Als Referenzen für die Farben findet man die RAL Nummern sowie die entsprechenden Kodierungen des Sortimentes von MIG.

Fazit: Auf den ersten Blick macht dieser Bausatz einen perfekten Eindruck und steht der Alternative von Dragon in fast nichts nach. Wer den Gold-Standard wählt, erhält bei Dragon zusätzlich noch Metall Granaten und weitere Schmankerl, muss aber dafür deutlich tiefer in die Geldbörse greifen und sich zusätzlich noch mit einem Figurensatz ausrüsten. Hier hat Border ganz klar die Nase vorne.

Inzwischen steht auch eine weitere Alternative von Trumpeter kurz vor der Veröffentlichung, die in Bezug auf den Preis wahrscheinlich noch etwas günstiger sein könnte.

Mein Wunsch wäre aber, dass sich eine der grossen Firmen endlich der Bunkerflak annehmen sollte, die es bis heute nur als teure und inzwischen vergriffenen und damit schwer erhältliche Bausätze von Crielmodel, New Connection oder Azimut gibt.

Erhältlich im gut sortierten Fachhandel

Gert Brandl, Berlin (Juli 2022)

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