Vorbild: Die Lockheed SR-71 ist bis heute ein futuristisches und in jeder Hinsicht außergewöhnliches Flugzeug. Weiterentwickelt aus der A-12 Oxcart flog sie zum ersten Mal 1964. Das Projekt des Entwicklerteams „Skunk Works“ um Ingenieur Clarence „Kelly“ Johnson setzte die Reihe der geheimen „black projects“ wie z.B. der U-2 oder der A-12 mit einem mehr als Mach 3 schnellen Höhenaufklärer fort, der sowjetisches Territorium überfliegen und dabei einfach zu schnell für Abwehrraketen sein sollte.
Um eine frühzeitige Entdeckung zu verhindern, nutzte die SR-71 Tarnkappentechnik wie eine besondere, Radarrückstrahlung vermeidende Formgebung und spezielle Werkstoffe. Eine besondere Hausforderung war die bei hohen Mach-Geschwindigkeiten auftretende Erhitzung der Außenhaut auf mehrere hundert Grad. Dafür erhielt die SR-71 ein ausgeklügeltes Kühlsystem mit Kraftstoff, der dafür besonderen Anforderungen genügen musste.
Die SR-71 brach reihenweise Höhen- und Geschwindigkeitsrekorde. Das Programm wurde 1998 eingestellt, da Satellitenaufklärung letztlich weniger aufwändig und deutlich günstiger war als dieses exotische Flugzeugprojekt im Grenzbereich des technisch Machbaren. Eine Legende bleibt die SR-71 bis heute.
Bausatz: Es wurde Zeit, einen aktuellen Bausatz der SR-71 in 1/48 herauszubringen. Bisher gab es nur den recht betagten Kit von Italeri/Testors aus dem Jahr 1982. Somit Lob für Revell allein für das unternehmerische Wagnis, einen so großen Bausatz neu auf den Markt zu bringen.
In der riesigen Schachtel und auf einem Trenneinsatz aus Pappe erwarten einen zunächst die beiden Rumpfhälften (Ober- und Unterseite). Sie gehen durchgehend fast über die gesamte Länge des Flugzeugs. Dies beugt Passproblemen von einzelnen Rumpfabschnitten vor – was schon aus einem Guss ist, muss man nicht zusammendengeln. Die Rumpfoberfläche ist nicht glänzend und bietet damit eine gute Grundlage für das eher matte Finish der SR-71.
Beim Plastik hat man dankenswerterweise auf schwarze Einfärbung verzichtet. Die Qualität und Detailgrad der Bauteile sind durchgehend gut, wenn auch nicht ganz auf dem Niveau der Weltspitze um Tamiya und Bandai. Die Cockpitdetaillierung geht in Ordnung (bei geschlossener Kanzel sieht man eh nicht viel davon). Puristen können bemängeln, dass bei der Detaillierung der Fahrwerkschächte durchaus etwas mehr drin gewesen wäre
An Individualisierungsmöglichkeiten gibt es Einiges: Fahrwerkschächte offen oder geschlossen, Kanzelhauben offen oder zu, Luftbetankungsklappe offen oder zu. Je nach gewählter Decalvariante gibt es sogar eine spezielle Flugzeugnase mit zur Variante passenden Panellinien. Die Triebwerke liegen als wunderbar detaillierte separate Bauteile bei, so dass sich die J58-Triebwerke zum Schluss neben dem Flugzeug präsentieren lassen.
Apropos Präsentation: Insbesondere für die Darstellung im Flug mit geschlossenen Klappen legt Revell einen Displayständer bei. Dieser kann auch gleich die separaten Triebwerke aufnehmen. Löblich. Das wünscht man sich öfter.
Die SR-71 ist lang und dünn. Also flach. Beim Original sorgt eine Metallunterkonstruktion dafür, dass das Flugzeug nicht durchhängt. Beim Modell hat Revell etwas Ähnliches verbaut: Ein langer, stabiler Hauptspant mit Querstreben zieht sich einmal von vorn bis hinten durch die Maschine und sorgt für Ebenheit und Stabilität. Keine Durchhänger mehr.
Wie auch bei anderen Bausätzen neigt Revell bei dickeren Bauteilen manchmal zu Sinkstellen. Das ist meistens nicht wild, und auch nichts, was man mit etwas Spachtel und Schleifpapier nicht schnell wieder hinbekommt. Bei einem nagelneuen Bausatz in der 80 €-Klasse müsste man es aber auch nicht unbedingt erwarten.
Normalerweise nicht so gern gesehen: Die Hauptfahrwerksbeine müssen zusammen mit den Fahrwerkschächten relativ früh verbaut werden. Man kann sie aber drehbar locker hängenlassen oder einklappen, so dass sie bei der weiteren Lackierung nicht stören oder abbrechen. Passt.
Anleitung/Bemalung: Wie bei Revell in letzter Zeit üblich, führt die farbige Bauanleitung übersichtlich durch die Konstruktion. An Decalvarianten hat Revell ein Paar ältere und ein Paar neuere Maschinen zusammengestellt, dabei jeweils mit Rekordmaschinen, sowie die letzte fliegende Maschine. Im Einzelnen haben wir:
AF61-7958 US Air Force, 27/28th July 1976, World Speed Record Runs (High Visibility mit einem auffälligen weißen Kreuz über die gesamte Unterseite)
AF61-7955 Air Force/Lockheed Flight Test Aircraft, Palmdale Plant 42, Edwards AFB, 1972-94 (High Visibility)
AF61-7972 US Air Force, 6th March 1990 (Rekordmaschine New York – London, 1st Sept 1974; Los Angeles – Washington DC, 6th March 1990)
AF61-7967 US Air Force Last Flight Det 2, Edwards AFB, 10th Oct 1997
Die Decals sind wie in letzter Zeit immer von Cartograf aus Italien – der Industriestandard, viel besser geht nicht. High Viz- und Low Viz-Lackierungen verfügen jeweils über ihren eigenen Satz an Beschriftungen in weiß oder rot.
Fazit: Eine neue SR-71 – endlich! In 1/48 ist dies ein großes Modell, und Revell hat sich alle Mühe gegeben, hier ein sauberes Stück abzuliefern. Der Bausatz ist detailliert, hochwertig und bietet eine Reihe von Optionen und Varianten bis hin zu einer In-Flight-Darstellung mit Displayständer. Ein mutiges Modell, wenn andere Hersteller sich nur zu F-14 und F-4 trauen.
Fortgeschrittenen Bastlern sei dieses Modell wärmstens empfohlen, denn nun ist es Zeit, den alten Italeri-Kit einzumotten. Wenn man den Platz hat, wird diese Blackbird ein beeindruckender Blickfänger in der Vitrine werden.
Erhältlich ist dieser Bausatz im örtlichen Modellbaufachgeschäft bzw. Versandhandel oder bei Revell direkt.
Christian Höcherl, Berlin (Dezember 2021)
Also – nachdem ich diverse Beschreibungen des Kits gelesen habe, habe ich mir die neue SR 71 von Revell zugelegt. So ganz kann ich die teils begeisterten Kommentare allerdings nicht nachvollziehen. Klar, ein solch spektakuläres Stück Luftfahrtgeschichte verdient ein zeitgemäßes Modell. Was ich aber für rund 85€ vorgefunden habe, finde ich ziemlich enttäuschend. O.K. – die Passform ist wirklich gut und die Teile sind sauber gespritzt. Sinkstellen sind kaum zu sehen. Dafür sind die Lufteinläufe der Triebwerke völlig überkonstruiert, fummelig zu bauen und vor allem nach Einbau absolut unsichtbar. Die Cockpits würde ich in der Darstellung als allenfalls rudimentär bezeichnen, die Schleudersitze erinnern an den Maßstab 1:72.
Die Replik der zusätzlichen Lufteinläufe rund um die Düsen hat mit dem Original wenig gemeinsam. Für die vielen Gitter der Lufteinläufe-/auslässe am Rumpf gibt‘s bei anderen Herstellern in dieser Preisklasse Ätzteile, hier leider nur eine recht verwaschene Darstellung in Kunststoff. Und nicht vergessen zu erwähnen sollte man die exzessiven Spachtel- und Schleifarbeiten an den endlosen Nähten, will man eine glatte Oberfläche. Alles in allem: leicht zu bauen (warum Level 5?), tolle Optik, für das Gebotene erheblich zu teuer. Dass Revell es wesentlich besser kann für weit weniger Geld, habe ich mit den großen Modellen der FW 190 und ME 262 erfahren.