Das Vorbild: Ab 1920 wurde damit begonnen, die politisch gesteuerte Umsetzung der „Vereinheitlichung der Fahrzeuge der dt. Fischereiflotte“ voranzutreiben. In enger Abstimmung mit dem Germanischer Lloyd entwickelte sich der Reichsfischkutter, meist in Holz ausgeführt, und konnte von privaten Betreibern zusammen mit einem günstigen Reichsdarlehen bestellt werden. Als Gegenleistung musste das Fahrzeug im Krieg der Marine überlassen werden. Der Kriegsfischkutter basiert auf dem ab Mitte der 1930er Jahre forcierten größeren Modell mit einer Länge von 24m und einer Breite von 6.50m. Ab 1942 gab die Kriegsmarine 1072 dieser Kutter in Auftrag die von insgesamt 42 Werften gefertigt wurden. Fertiggestellt und in Dienst gestellt wurden 612 Stück, 554 kamen zum Fronteinsatz, wovon mindestens 135 sanken.
Neben der Sicherung der Nord- und Ostseeküsten kamen diese Boote auch zur U-Boot Jagd zum Einsatz. Für diesen Zweck wurden einige Kutter mit Sonar ausgerüstet. Neben der Standard Flugabwehr Bewaffnung von 2cm und 3,7cm Fla-Geschützen konnten sie auch mit Wasserbomben ausgerüstet werden. Angetrieben wurden sie mit Dieselmotoren in verschiedensten Bauarten. Kutter, die den Zweiten Weltkrieg überlebten, wurden wieder für ihre ursprünglichen Aufgaben zurückgebaut. Obwohl sie historisch kaum Beachtung fanden, waren die KFK für die deutsche Kriegsmarine eine wichtige Unterstützungsflotte.
Der Bausatz: Nachdem bereits der Hersteller „ICM“ im Jahr 2022 diesen KFK im Maßstab 1:350 sowie 1:144 auf den Markt brachte, folgt hier nun die Ausführung von „Special Navy“ im größerem Maßstab 1:72. Der Bausatz besteht aus insgesamt neun Spritzlingen die in graublauem Kunststoff gefertigt wurden, sowie einem weiteren klaren Spritzling für die Fenster.


Hier hat sich der Hersteller auch die Mühe gemacht, die Holzplanken des Rumpfes sowie der Decksplanken, sehr fein detailliert umzusetzen. Sehr lobenswert.




Bei dem Spritzling F sind mir einige Besonderheiten bei den Teilen 8 und 18 aufgefallen, die eigentlich nicht üblich sind. So ist der Propeller (8) hier eine rechtsdrehende Version, die bei Schiffen mit einer Antriebsschraube, meist als linksdrehende Ausführung verbaut wird. Dies ist, stömungsbedingt, beim Manövrieren und Anlegen wesentlich einfacher. Das Ruderblatt (18) ist hier sogar eine „Costa-Birne“ (Spatenruder). Diese Ruderart besitzt eine horizontale, tropfenförmige Verdickung im Propellerstrahl mit der die Ruderwirkung optimiert wird. Diese kleinen Details zeigen wie sich der Hersteller bemüht hat, selbst solche Sachen genauestens umzusetzen.




Die einzelnen Bauteile dieses Modells sind durchweg hervorragend umgesetzt und frei von Auswerfermarken oder Fischhäuten. Einzig zwischen den Stäben der Decksluken muss etwas Fischhaut entfernt werden, was jedoch fertigungsbedingt in Spritzguss, nur schwer zu vermeiden ist.
Anleitung / Bemalung: Die Bauanleitung besteht aus einem Heft mit 20 Seiten, die in 78 Baustufen zum fertigen Modell führen. Diese hohe Anzahl ist bedingt durch die sehr übersichtliche und auch Anfänger freundliche Darstellung der einzelnen Montageschritte. Hierbei kommt es wirklich zu keiner Unklarheit und man wird sicher durch den gesamten Bau geführt.




Die Farbangaben beziehen sich einzig auf das Sortiment von „Gunze Color“ und der beigelegte Decalbogen enthält neben den Instrumenten des Steuerhauses nur eine Nummer 55, mit der ein Kriegsfischkutter in einheitlich grauem Farbton dargestellt werden kann.

Dieser Kutter 55 ist übrigens mit einer kleinen Bildergalerie des Originals, sehr gut Dokumentiert.
Fazit: Mit diesem Bausatz hat uns der tschechische Hersteller „Special Hobby“ in seiner Navy Serie ein tolles Modell dieses Kutters, der zu dem größtem Schiffsbauprogramms der ehemaligen Kriegsmarine gehörte, im großen 1:72 Masstab auf den Basteltisch gebracht. Es darf eventuell sogar vermutet werden, dass vielleicht bald auch noch eine Version in 1:35 erscheinen wird. Jedenfalls freue ich mich sehr über diesen interessanten Bausatz, der mit seiner guten Detaillierung somit eine klare Kaufempfehlung erhält.
Erhältlich im gut sortierten Fachhandel oder direkt bei Glow2b.
Reiner Janick, Berlin (Juni2025)