Vorbild: Der Leyland Retriever war ein Lkw, der für die britischen Streitkräfte vor dem Zweiten Weltkrieg entwickelt wurde. Mit einer Nutzlast von drei Tonnen war das von Leyland Motors produzierte Fahrzeug ein mittlerer Lkw. Nachdem bei Beginn des Krieges keine geländetauglichen, zweiachsigen Lkw zur Verfügung standen, wurden bis 1945 vom Retriever 6542 Stück produziert.
Monty’s Caravan: Während der Kämpfe in Nordafrika wurde ein Leyland Retriever vom britischen General und späteren Feldmarschall Bernard Montgomery genutzt. Der Aufbau des Fahrzeugs war für die italienischen Streitkräfte gebaut worden. Ursprünglich gehörte es General Annibale Bergonzoli, dem Befehlshaber des 23. ital. Korps, der bei Beda Fomm, südlich von Benghazi, im Februar 1941 in Gefangenschaft geriet. Das Fahrzeug wurde dann auch als Symbol des Sieges von Montgomery genutzt. Sein Spitzname „Monty’s Caravan“ stammt aus dieser Zeit. Für den Wüstenkriegsschauplatz hatte der Aufbau einen Waschraum und einen zweiten als Wohn- bzw. Kartenraum nutzbaren Raum. Montgomery soll während des Krieges nur für zwei Menschen auf die Nutzung seines Gefährts verzichtet haben, zum einen zu Gunsten von König George VI und zum anderen zu Gunsten von Winston Churchill. Im weiteren Verlauf des Krieges legte sich Montgomery noch ein Fahrzeug als Besprechungsraum und ein weiteres als Kartenraum zu. Bei dem im Imperial War Museum ausgestellten Leyland Retriever handelt es sich um eben jenen Wagen, den Montgomery während der Zeit des Krieges nutzte.
Bausatz: Britische Fahrzeuge, ob auf Rad oder Kette, werden immer mehr zum festen Bestandteil in der Angebotspalette der Modellbauhersteller. ICM hat jetzt nach seinen ersten beiden Leyland Retriever (early und late im Jahr 2021) den langersehnten Office Caravan von Montgomery auf dem Markt gebracht. Der erste Eindruck beim Betrachten der Bauteile fällt wie bei den früheren Retriever-Modellen wieder erfreulich positiv aus. Einige Neuerungen sind eingeflossen mit Schwerpunkt hinterer Aufbau.




Der Bausatz besteht aus ca. 436 Teilen, verteilt auf 17 Spritzrahmen, 7 Vinylreifen, einem Ätzteilbogen, Decalbogen und Bauanleitung. Die Teile sind sehr sauber gespritzt. Nacharbeiten sind keine zu erwarten. Die Auswurfmarkierungen befinden sich in der Regel in nicht sichtbaren Bereichen. Allein die 35fache Verkleinerung von Motor, Chassis und Fahrwerk verlangen beim Bau gute Fingerfertigkeiten und präzises Arbeiten. In nicht wenigen Bauabschnitten wird die ganze Komplexität sichtbar. Diese Bereiche am Fahrzeug lassen jedenfalls keine Wünsche offen. Interessant natürlich ist der hintere Aufbau am Fahrzeug. Erstreckt sich dieser Montagebereich auf über 90 Bauabschnitte. Man muss aber keine Angst davor haben, denn wie bei ICM üblich fallen pro Bauabschnitt immer wenige und überschaubare Arbeiten an.




So ist der Aufbau doppelwandig gehalten, d.h. bestmögliche Detaillierung innen und außen. Keine hässlichen Klebespuren an den Scheibenrändern.Diese werden durch Fensterrahmen kaschiert. Der absolute Knaller ist jedoch der Innenraum des Retrievers, der keine Wünsche offen lässt. Die schon erwähnten strukturierte Innenwände, ein komplettes Mobiliar bestehend aus Schränken, Regalen, Bildnisse deutscher Offiziere, Kartentisch, Kartenlampen, Schlafsofa und einem Sanitärbereich ausgelegt mit grünem Linoleum (aus Papier) und ausgestattet mit Klo, Spiegel, Handwaschbecken, Handtuchhalter und vielen weiteren Details, fallen sofort ins Auge. Ein zusätzlich angebrachter Tank außen am Aufbau versorgt den Sanitärbereich über eine Leitung mit Wasser. Im „Empfangsbereich“ lässt sich noch ein Teppich in Papierform auslegen. Beide Bodendetails findet man zum Ausschneiden auf dem Bauplan. Den bestmöglichen Einblick in diese Bereiche gewährt das abnehmbare Dach. Es gibt aber noch einen offiziellen Zugang zu Monty. Hier lässt sich wahlweise eine Treppe als Zustieg montieren. Eine ausgerollte Plane schützt diesen Bereich vor Sonne und Schlechtwetter. Der Arbeitsplatz des Fahrers ist ebenfalls hervorragend wieder gegeben. Auch hier ist alles vorhanden.




Die Spritzrahmen mit dem durchsichtigen Kunststoff liefern die Frontscheiben einschließlich der Verglasung für den Aufbau und die Scheinwerfer. Die Klarsichtteile sind absolut ohne Schlieren und in befriedigender Materialstärke produziert. Aus etwas weicherem Vinyl sind die sieben Reifen mit tadellosem Profilbild aber ohne Reifenhersteller an den Flanken. Ein kleiner Ätzteilbogen beinhaltet den Kühlergrill sowie die Leyland – Herstellerlogos.


Bauanleitung/ Bemalung: Der Bauplan ist übersichtlich gestaltet und führt durch 191 Bauabschnitte und lässt sofort erkennen, dass man es hier mit einen anspruchsvollen Modellbausatz zu tun hat. Auf den letzten drei Seiten findet der Modellbauer den Colorguide. Die Farbangaben dazu beziehen sich allerdings nur auf die Eigenmarke ICM. Der kleine Decalbogen wurde ohne Versatz gedruckt und ermöglicht den Bau von drei Varianten:
•Monty`s Office Caravan – Nord Afrika – Herbst 1942
•Monty`s Office Caravan – Tripolis – Sommer 1943
•Monty`s Office Caravan – Deutschland – Frühjahr 1945
Eine besondere Erwähnung zum Decalbogen: Wie beim Originalfahrzeug liegen die Offiziersbildnisse von Rommel, Model, Kesselring u.a. für die Innenausgestaltung bei.





Fazit: ICM hat mit dem dritten Retriever ganze Arbeit geleistet. Monty hat endlich sein „Zuhause“ bekommen. Bei sorgfältiger Arbeit sollte das Gesamtergebnis bei diesem Modell mehr als zufriedenstellend ausfallen. Ein Muss für die Freunde britischer Militärfahrzeuge. Dafür beide Daumen hoch. Eine klare Empfehlung, Preis und Leistung stimmen. Wer noch mehr Input zum Fahrzeug benötigt wird schnell im Netz fündig. Fotos aus der Zeit des 2. Weltkrieges und vom Imperial War Museum gibt es einige. Sogar ein Film auf YouTube wird angeboten.
Erhältlich ist der Bausatz bei gut sortierten Modellbauhändlern.
Alexander Hilbig, Berlin (Juni 2025)