Vorbild: Die Boeing 727 flog 1963 das erste Mal und war ein Kurz- und Mittelstreckenflugzeug des Herstellers Boeing aus den USA im klassischen 150-Sitzer Segment. Den Möglichkeiten der damaligen Zeit entsprechend wurde es als Tri-Jet mit T-Leitwerk ausgelegt.
Als erste Fluggesellschaft erhielt United Airlines 1964 die Boeing 727 in der Variante 100, als letztes erhielt 1984 Federal Express die Boeing 727 in der Variante 200F. Damit endete nach insgesamt 1.832 Exemplaren die Produktion. Sie war das erfolgreichste Passagierflugzeug ihrer Zeit.
Den Deutschen und Berlinern ist die B727 vor allem durch die Nutzung von PanAm im Internal German Service, dem Berlinflugverkehr während des kalten Krieges bekannt. Ihr Nachfolger sollte eigentlich die Boeing 757 werden, letztendlich wurden es aber die Nachfolgeversionen der Boeing 737. Für mich ist die Boeing 727 das schönste und formvollendet designteste Passagierflugzeug bis heute.
Kleine Geschichte der B727 Modelle:
Viele Hersteller versuchten sich an einem Spritzgussmodell der Boeing 727, und irgendwie hat es bisher meines Erachtens keiner geschafft, die Form in Gänze zu treffen. Viele würden maximal einen Look-a-Like-Contest gewinnen. Sicherlich kann ein erfahrener Modellbauer aus allen Angeboten brauchbare Modelle bauen, ich möchte hier definitiv nichts verdammen. Ich reiße hier nur das Thema als Übersicht an, ohne ins Detail zu gehen. Sollte etwas fehlen -> gerne eine Info an mich.
Den mir bekannten Reigen in 1/144 eröffnete Revell 1964 mit einer B727-100. Airfix konterte ebenfalls mit einer B727-100 1966 und veränderte die Form 1983 zu einer B727-200.
Minicraft verunglückte 2004 bei dem Versuch, eine B727-200 neu auf den Markt zu bringen, für die übrigens Braz-Models einen Rumpf für die -100 zum Zukauf anbot.
Hasegawa schickte seine 1/200 Boeing 727-200 im Jahr 1982 ins Rennen, die als ordentlich gilt.
In ca. 1/125 kam “Progresswerk Nürnberg” (!) in 1960ern mit der -100 heraus, ein Modell, das ich zu gerne einmal in die Finger bekäme. 1979 kam in 1/125 Heller mit seinem „Versuch“ einer Boeing 727-200 auf den Markt.
In 1/96 bot Aurora aus den USA seine B727-100 ab 1962 an, diese ist gerade bei “Atlantis Models” wieder erschienen. Im Maßstab 1/100 probierten es Nitto/Doyusha 1969 mit einer B727-200 und 1978 VEB Models aus der DDR im Maßstab 1/100, hier sogar mit PanAm Decals. Allesamt bestenfalls Sammlerobjekte.
In 1/72 erfreute uns KMC aus den USA 1999 mit einer mittelprächtigen B727-200 auf Basis der leicht verunglückten Revell B727-100 mit etlichen Resin-Teilen. Für viele Modellbauer eher ein Ärgernis denn eine Freude.
Mach-2 versuchte es ab 2022 mit einem “Short Run Injection Molding” in 1/72, zu dem ich mich nicht äußern möchte. BPK aus der Ukraine möchte ab 2025 eine B727 in 1/72 auf den Markt bringen, sicher eine gute Nachricht für die Plastik-Anhänger unter uns. Bleiben wir gespannt.
Authentic Airlines beschert uns seit den 2000er Jahren beide 727-Varianten in 1/144 und 1/72 als Resin-Bausätze. Ein Material, das nicht jeder mag und zu einem Preis, den man sich leisten können möchte. Allerdings, wenn man eine “wirkliche” Boeing 727 basteln möchte, waren diese Modelle der bisher wohl einzig gangbare Weg.
Wenn ich etwas vergessen habe -> gerne eine Nachricht an mich.
Dank an die Webpage „Scalemates“ für die korrekten Daten der Modelle.
Bausatz von CRM in 1/144 2024
Für CRM war die Boeing 727 eben wegen ihrer Modellbaugeschichte eine Herzensangelegenheit. Jahrelange Recherchen, Fotos und Kontakte zu Experten führten zu CAD-Plänen, die man zu gerne bei einem der großen Spritzguss Hersteller platziert hätte. Letztlich aber blieb nur die Variante, den Bausatz in Eigenregie auf den Markt zu bringen. Technische Unterstützung in Form von Formenbau und der Herstellung der Spritzlinge kam dann aus der Ukraine.
Es handelt sich um einen “Short Run Injection Molding” Spritzgussbausatz.
Ein Klappdeckelkarton beinhaltet alle Teile des Bausatzes.
Alle Teile sind in der Tat sehr liebevoll und akkurat designt. Feine Gravuren an den richtigen Stellen, eine Form, die der einer Boeing 727 würdig ist, und Oberflächenstrukturen, die man bisher noch nicht gesehen hat, ergeben einen tollen Bausatz. Wenn etwas an Kleinigkeiten fehlt, ist dies dem Short-Run geschuldet. Extrem kleine Details würden überdimensioniert erscheinen, was der Hersteller aber nicht wollte.
Die Teile sind so gestaltet, dass ein praktikabler Bauablauf möglich ist. Die Hinterkanten der Tragflächen sind scharf gegossen, was aber leider den Nachteil hat, dass nach dem Kleben von Ober- und Unterseite einige Gravuren nachgearbeitet werden sollten.
Liebevoll gestaltet existiert auch die hintere Bordtreppe einschließlich der inneren Einhausung. Das Cockpit wird sehr feingliedrig angeboten, und das Fahrwerk erfüllt die Anforderung an minimalem Material und Standfestigkeit in Einem. Die Räder sind zweiteilig gepresst, um Senkungen des Materials zu verhindern.
Blieb für CRM die Frage nach den Kabinenfenstern. Es gibt ja den unerbittlichen Kampf der „Offenen-Fenster-Fraktion“ und der „Decal-Fraktion“. CRM hat eine Umfrage gestartet und sich am Ende für die, ich sage mal “BPK-Variante” entschieden.
Eine Aussparung im Rumpf ermöglicht das Einsetzen eines transparenten Streifens. Dieser Streifen orientiert sich genialer Weise an den Blechstößen des Originals. Decal-Fans können nun alles lackieren und Decals benutzen. Wer offene Fenster mag, schneidet den inneren Plastikstreifen im Rumpf heraus und setzt das Transparentteil ein. Mit den beiliegenden Masken klebt man die Fenster dann einzeln ab und lackiert sein Modell. Eine Lösung also, die beide Varianten ermöglicht. Mir persönlich wären echte offene Fenster lieber gewesen. Naja.
Apropos Masken. Diese liegen auch für das fantastisch durchsichtig gepresste Cockpitelement bei. Dieses wurde á la Heller so gegossen, dass es sauber eingespachtelt werden kann, falls notwendig, ohne dabei die Scheiben zu berühren. Fotoätzteile für Details, Treppengeländer und Antennen perfektionieren den Bausatz.
Wem das alles noch nicht genug ist, der kann für Triebwerksteile, Räder und Details auch Zurüstteile aus Resin und aus dem 3D-Druck beim Hersteller extra erwerben, um noch mehr aus seinem Bausatz herauszuholen.
Im limitierten, sogenannten Profipack sind diese und weitere Ergänzungen bereits alle enthalten.
Decals / Anleitung:
Die Decals sind für die Bemalung der JAT ausgelegt. Fenster und Details sind einzeln extra gedruckt, so dass diese auch für andere Airliner-Varianten genutzt werden können. Die Hinterhofdrucker, oder neudeutsch “Boutique”-Hersteller, haben schon die Maschinen angeworfen, um uns mit vielen Airlines zu verwöhnen, da könnt Ihr euch sicher sein. Der Druck ist hochwertig angelegt, alle Elemente sind einzelne Motive, die, wie von den großen Herstellern gewohnt, einzeln verwendet werden können.
Die Anleitung ist sehr liebevoll und umfangreich gestaltet und führt den Profi wie den Anfänger Schritt für Schritt zum fertigen Modell. Es gibt auch Vorschläge, welche Modellbaufarben der Hersteller Mr. Paint, Mr. Hobby und Tamiya verwendet werden können. Besonders gefällt mir, und es erscheint mir, dass ich dies das erste Mal sehe: Die Details / Stencils der Decals werden benannt! Klasse.
Fazit: 61 Jahre nach dem Erstflug wird uns hier ein Plastikmodell angeboten, das meiner Meinung nach einer Boeing 727 würdig ist. Ich habe etwas von dem Herstellungsprozess des Berliner/Hamburger Herstellers mitbekommen und bin sicherlich auch ein wenig befangen. Aber die Reaktionen der Experten aus allen Teilen der Welt bestätigen den ersten guten Eindruck. Ein schönes Weihnachtsgeschenk 2024 für die Airliner-Fans in 1/144.
Zum Abschluss noch ein kleines Detail aus der Verpackung.
Freuen wir uns also auf die Boeing 727-100!
Das Modell kann ab 02.12.2024 direkt beim Hersteller bezogen werden:
https://cr-models.com
Uwe Damaschek, Berlin (November 2024)