Beim Lesen der Dezember Ausgabe der englischen Modellbau Zeitschrift Military Modelling, hat mich ein Artikel besonders begeistert. Der Meister selbst, Steven Zaloga, beschreibt auf nicht weniger als 11 Seiten den Bau des französischen Mannschaftstransportwagens auf Basis des bekannten Lorraine Schleppers. Um den Soldaten einen zumindest minimalen Schutz zu gewährleisten wurde die Basisversion im Heck durch einen erhöhten Aufbau modifiziert.
Da Herr Zaloga wieder einmal meisterhaft recherchiert hat und viele seiner hochinteressanten Bildquellen mit uns teilt, die neben Original Fotos unter anderem auch Detailaufnahmen eines Museumsexponates beinhalten, juckt es einen schon förmlich in den Fingern. Zusätzlich läßt er jeden Leser durch seine recht ausführlichen und klaren Beschreibungen förmlich an seinem Baufortschritten teilhaben.
Derartig motiviert habe ich beschlossen, das Projekt im Maßstab 1:35 nachzuvollziehen. Bei der Auswahl des Bausatzes bieten sich prinzipiell zwei Alternativen: Entweder man greift direkt auf den entsprechenden Bausatz von RPM zurück oder der relativ betagte Azimut / Ironside Bausatz der Ausführung 37L wird entsprechend modifiziert.
Beide Bausätze eignen sich im Prinzip, jedoch ist der Zusatzaufbau beim RPM Bausatz so plump gemacht, dass man um den Eigenbau überhaupt nicht herumkommt. Und wenn es denn schon sein mußte, bevorzugte auch ich den Ironside Bausatz , da dieser besonders im Frontbereich durch die Darstellung der "pflanzen artigen Versteifungen" links und rechts neben dem Getriebe deutlich überzeugt. Da ich zum Zeitpunkt des Bauvorhabens nur noch die Beobachtungsversion im Schrank hatte, wurde diese kurzerhand kannibalisiert, da nahezu alle wesentlichen Bauteile für die Basisversion enthalten waren.
Bereits nach kurzer Zeit konnte ich feststellen, daß man dem Bausatz sein Alter im Vergleich zu den heutigen High-Tech Produkten nicht nur auf den ersten Blick ansieht sondern auch in Form von deutlichen Gussgraten, Versatz und Passungenauigkeiten zu spüren bekommt.
Doch nun der Reihe nach. Entsprechend der "Zaloga-Vorgehensweise" habe ich in den sauren Apfel gebissen und nahezu alle Nieten vorsichtig entfernt um die relativ weichen Kanten und Sinkstellen durch Spachteln in die richtige Form zu bringen. Danach ging es an die Fahrzeugfront. Hier wurde die Getriebeabdeckung in Bezug auf die gewölbte Abdeckplatte an einer Seite um ca 1 - 2 mm gekürzt und die Form durch Schnitzen und Feilen wiederhergestellt.
Nach anschließendem Aufkleben der Abdeckung wurden Sechskant-Nieten (Punch & Die) in der passenden Größe nach Vergleich mit Referenzbildern auch in der richtigen Größe und Anzahl aufgebracht. An den Achspanzerungen habe ich jeweils kleine Streben und auch die Nieten in der "pflanzen artigen" Versteifung ergänzt. Entsprechend Grundbauplan ging es dann mit der Basisaufbau und den inneren Trennwänden weiter. Da ich das Fahrzeug in Bezug auf den Fahrerraum geschlossen plante, habe das sehr schön gestaltete Resingetriebe in die Ersatzteilkiste gelegt.
Beim Anbringen der Heckplatte erfolgte nun die erste Änderung in Bezug auf die Basisversion. Entsprechend einer Schnittzeichnung wurde eine neue Bodenplatte mit angedeuteter Klappe ergänzt. Ebenso wurde die Außenseite in Bezug auf die Abschleppösen-Befestigung und den Abschlepphaken in Anlehnung an die Fotos im Artikel überarbeitet. Nach dem Aufsetzen des vorderen Fahrzeugdaches kam das erste Grübeln. Im Artikel wurde nicht darauf eingegangen, dass darauf zu achten ist die anschließende Motorabdeckung so anzubringen, dass diese sich auf gleicher Höhe befindet, wie die vordere Abdeckung. Hier mußte ich etwas mit Sheet Material tricksen, habe aber doch ein vernünftiges Ergebnis erzielen können.
Die seitlichen Wände wurden im folgenden Schritt aus Sheet entsprechender Stärke nach einer Seitendarstellung von Doyle aus dem Spielberger Buch angefertigt. Bevor diese angeklebt wurden kam die nächste Herausforderung: Auf beiden Seiten des Mannschaftsraumes waren extrem dünne Sehschlitze angebracht. Diese sollten nun in den Maßstab 1:35 übertragen werden.
Zunächst habe ich die Schlitze mit Unterstützung von Dymoband als Führung vorsichtig eingeritzt und die Rille dann vorsichtig mit einem Bastelmesser mit leicht abgebrochener Klinge vorsichtig immer weiter vertieft. Nachdem ich den Durchbruch geschafft habe, wurden die Schlitze mit einer neuen Klinge etwas nachgezogen und durch behutsames Schleifen mit einem in entsprechender Form zugeschnittenem Sandpapier in die endgültige Form gebracht. Die gleiche Methode habe ich übrigens auch für den Sehschlitz direkt neben dem Fahrerplatz vorne links eingesetzt.
Als nächste Herausforderung folgte nun die Darstellung des Raumes im Heckbereich. Hier wurden jeweils an den Innenkanten dünne Streifen aufgeklebt und mit Nieten versehen. Wie man an den Fotos des Zaloga Artikels erkennen kann, gab es unterschiedliche Ausführung, je nach Nutzung des Fahrzeuges. Ich habe mich für die Variante mit dem französischen MG entschieden, welches nun in ausgezeichneter Form im neuen Figuren Satz der französischen Infanterie von Tamiya enthalten ist.
Die Sitze wurden neu erstellt, da die im Bausatz zu schmal ausfallen. Bei den Rückenlehnen habe ich noch ein paar Dellen und Abnutzungsspuren angedeutet. Bevor ich nun mit der Heckklappe weitermachen konnte folgte der grausamste Teil. Es mußten hunderte von kleinen Nieten ausgestanzt und neu angebracht werden. Das kostet Zeit und Nerven! Aber auch das ging vorüber und dann kam es fast schon zum Abschluß des Grundmodells. Bei den Hecktüren habe ich mich wieder an den Fotos orientiert und dabei den Schließmechanismus nachempfunden.
Als Belohnung folgten nun die kleinen Details an den Außenwänden: Im Frontbereich wurde die Hupe mit einem Abweiser angebracht. Die seitlichen Lichter wurden etwas gekürzt und angeklebt. Die leicht überarbeiteten Werkzeuge erhielten gemäß Fotos die entsprechenden Halterungen links auf der Kettenabdeckung und an der Vorderseite des Heckaufbaus. Ja, da war noch etwas. Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste ich feststellen, das in meinem Bausatz die Abdeckplatten für den Fahrer und Beifahrer nicht enthalten sind. Diese findet man nur im echten Bausatz der Basisversion als Ätzteile. So schlimm war das aber auch nicht, denn die rechteckigen Platten sind relativ schnell aus Plastik Sheet aufgebaut. Hier gab es dann aber wieder diese winzigen Sehschlitze ... Aber auch das war zu schaffen.
Nach Anbringen des Auspuffs und weiterer Kleinteile kam schon die nächste Hürde in Form des Laufwerks. Auch hier erwiesen sich die Farbfotos aus dem Artikel als extrem nützlich. Die Spannhalterungen für die Federblätter wurden abgeschliffen und durch feine Plastikstreifen ergänzt. Zusätzlich erhielt jedes Laufrollen-Paar noch die eine oder andere Niete, Beim Antriebsrad habe ich eine kleine Abdeckplatte ergänzt, bei den Leiträdern mehrere Runde Scheiben wie auf dem Referenzfoto erkennbar sowie einen Schmiernippel angebracht. Puh, fast fertig!
Letzter Schritt war nun das Zusammenkleben der Kettensegmente. Das war nicht ganz so dramatisch, da mehrere große Teile vorhanden waren und lediglich im Bereich der Antriebs- und Leiträder ein Geduldsspiel folgte. Wegen der schlechten Paßgenauigkeit der Teile war hier Schleifen ohne Unterlass angesagt. Da meine Motivation inzwischen wieder vorhanden war, gönnte ich jedem Kettensegment entsprechend dem Vorbild Meister Zaloga an den Außenseiten eine Niete, was den Gesamteindruck deutlich aufgewertet hat. Als Abschluß habe ich das MG wieder aus seiner Halterung im Innenraum entfernt und wie auf einem der Fotos in eine der drei Fliegerabwehrhalterungen geklebt.
Viel Arbeit, aber mit der Belohnung eines schönen Ergebnisses und diesmal ohne jegliches Zurüstmaterial.
Um dem Modell im Endzustand noch etwas Leben einzuhauchen, werden aus dem Figurensatz noch ein paar Ausrüstungsgegenstände im Innenraum verteilt und vielleicht kann eine der Figuren auch im Innenraum in Szene gesetzt werden. Inkonsequenter Weiterführung des Gesamtprojektes, steht nun der Bau der Hotchkiss Kanone mit dem passenden Update Satz von Azimut auf dem Plan. Der Bericht dazu erscheint demnächst.
Gert Brandl, Berlin (März 2008)
Literatur: