Neuzugang Bf 109 G-12

Hangar 10 Airfighter Academy, Zirchow/Usedom,

Wann immer ich den Sommerurlaub mit der Familie an der Ostsee auf der Insel Usedom verbringe, ist ein Besuch im Hangar 10 bei der Airfighter Academy fest eingeplant. Dieses Jahr galt es, eine neue Attraktion zu besichtigen: die Bf 109G-12, also die Doppelsitzer-Variante des bekannten Jägers. Anlass zu deren Entwicklung während des Krieges gab die zunehmende Problematik in der Ausbildung unerfahrener junger Jagdpiloten auf der 109, die besonders beim Start und der Landung häufig "Bruch" machten.

Bei dem Ausstellungsstück handelte es sich ursprünglich um einen spanischen Bf 109 Lizenzbau, eine Ha 1112-M1-L, Spitzname "Buchon" (Kropftaube), die von 1959 bis 1966 ausgerüstet mit Hispano-Suiza-Motor in Diensten der spanischen Luftwaffe stand. Danach nahm sie als Bf 109 "Rote 5" im Film "Luftschlacht um England" teil. Von der Confederate Airforce/ Texas übernommen, flog sie bis zu einer Bauchlandung 1976 auf Airshows. Der nächste Besitzer ließ sie erst 2000 wieder fliegen. 2009 schließlich fand sie ihren Weg zur Air Fighter Academy auf Usedom mit der Registrierung als D-FMVS. Bei einem Rollunfall, bei dem die Maschine einen Kopfstand vollführte, nahmen Zelle, Motor und Propeller erheblichen Schaden.

Dieser führte zur Idee eines Umbaus in eine "echte" Messerschmitt 109 und diese sollte auch gleich ein Zweisitzer werden. Problematisch war das weitgehende Fehlen von Originalplänen für diese Version, so dass man sich mit der Vermessung einer Avia CS-199, des tschechischen Nachbaus einer zweisitzigen Bf-109 im Luftfahrt-Museum Prag-Kebly, behelfen musste. Weiter halfen außerdem später gefundene Detailpläne und eine originale G-12-Haube. Da der vergrößerte Rumpfausschnitt die Stabilität der Zelle schwächte, waren Neuberechnungen der Statik vonnöten und der Einbau von Verstärkungen. Ein weiteres Problem bedeutete der Fortfall des Rumpftanks für den Einbau des zweiten Sitzes, wodurch die maximale Flugdauer auf 35 Minuten sank, zu wenig für Rundflüge mit Sicherheitsreserve. Während des Krieges hatte man sich mit dem Unterhängen eines abwerfbaren Zusatztanks beholfen, diese Option besteht jetzt bei Zivilmaschinen nicht mehr. Letztlich entschied man sich für den Einbau eines kleinen Zusatztanks hinten im Rumpf. Bedacht werden musste außerdem, dass das wegen des Propellerdralles asymmetrische Ruder eine umgekehrte Wölbung erhalten musste, da der DB-605-Motor andersherum dreht wie das ursprünglich verbaute Hispano-Triebwerk. Apropos, als neuer Antrieb konnte ein schwedischer Volvo-Lizenzbau eines DB-605 erstanden werden. Als Friedensproduktion dürfte er eine längere Lebenserwartung haben als die deutschen Motoren aus Kriegszeiten.

Der Erstflug des Umbaus erfolgte am 4. August 2016. Als Bemalung wählte man die "Gelbe 27", ein 1944 von Erla aus einer Bf-109 G-4 trop umgebauter Trainer des JG 101 aus Pau, Frankreich. Anfang 2017 kam die Meldung, dass man die Maschine für den alternativen Anbau eines Rolls-Royce Merlin 500 mit einem Quick-Engine-Change-System vorbereitete. Sinn der Aktion war es, den seltenen DB 605, von dem wohl weltweit nur ein Dutzend funktionsfähige Exemplare existieren, im täglichen Flugbetrieb zu schonen.

Nach all der Vorfreude war ich beim Besuch der Ausstellung aber dann doch etwas enttäuscht: Die Maschine steht etwas traurig ohne Flügel, ohne Seitenruder, ohne Propeller und ausgerüstet mit dem Merlin-Motor in der Mitte des Hangars. Bei einem Gespräch mit einem der Mechaniker erfuhr ich außerdem, dass (noch) nicht klar ist, ob überhaupt Passagierflüge mit der Bf-109 G-12 durchgeführt werden würden. Schade! Aber sicher wird das einzigartige Stück bei zahlreichen Flugtagen seinen großen Auftritt haben.

Utz Schißau, Berlin (Juli 2017)

Literatur:

  1. Flugzeug Classic 10/2016 S.30ff, 02/2017 S. 73f ;
  2. Infotafeln der Ausstellung Hangar 10.