Luftwaffe Sturmgruppen
Aviation Elite Units No. 20
Autor : |
John Weal (sowie Zeichner) |
Verlag : |
Osprey Publishing |
Reihe : |
Aviation Elite Units No. 20 |
ISBN : |
1-84176-908-8; Bezug: ospreypublishing.com |
Preis : |
ca. 19 € |
Nachdem Klaus Lehmann das Heft im Allgemeinen beschrieben hat, möchte ich heute eine etwas andere Sichtweise zweier Sturmgruppenexperten vorstellen. Erich Brown und Neil Page beschäftigen sich schon “etwas länger” mit den Sturmgruppen IV./JG 3, II./JG 4 und II./JG 300 und haben sich ein entsprechendes Fachwissen angeeignet. Wer selbst tiefer in die Thematik einsteigen möchte, sei an Jochen Prien: IV./JG 3, Eric Mombeek Sturmjäger (2 Bde. zum JG 4 in deutsch) und Sturmstaffen 1 (Reich Defence 1943-1944 - The War Diary; in englisch) und das neue 2bändige Werk zum JG 300 von Jean-Yves Lorant und Richard Goyat (englisch) verwiesen. In Arbeit ist noch ein 2 bändiges Werk zur Sturmstaffel 1 und zur 11. und 14. (Sturm)/JG 3 von Barry Smith. (AT)
Die Osprey-Werke von John Weal sind ein leichter, gut aufgemachter Lesestoff. Leider tendiert der Autor dazu, alle alten Mythen und Fehlinformationen zu wiederholen und so für ihre Festigung zu sorgen. Mit der Thematik “Sturmgruppen” hätten sich wohl die meisten Autoren schwer getan. Die Quellenlage ist nicht besonders üppig und vieles publiziertes ist voll von Fehlinterpretationen und Fehlern. Nicht von ungefährt haben die beiden französischen Autoren der JG 300 Chronik über 25 Jahre gebraucht, um historisches Material publikationsreif zusammenzutragen.
John Weal stützt sich leider zu oft auf überholte bzw. zweifelhafte Publikationen. Augenzeugenberichte sind sehr spärlich, u.a. Berichte aus Walther Dahls streitbarem Buch “Rammjäger”. Erst später wenn Ernst Schröder über seinen Abschuss im November 44 berichtet , bekommt man einen persönlichen Eindruck vom Einsatz. Ansonsten gibt es keine Augenzeugenberichte und später wird es noch fader, wenn einzig über Verluste und die schwindende Stimmung in den Einheiten berichtet wird. Der Abschnitt ab dem August 1944 bis zum Ende des Buches las sich wie ein Abklatsch von Werner Girbigs “Start im Morgengrauen”. Das letzte Kapitel in welchem der Autor den Zusammenhang von Sturm- und Rammjägern herzustellen sucht, hätte lieber weggelassen werden sollen. Das Kommando Elbe hat mit den Sturmjägern rein gar nichts zu tun!
Im Jahre 1944 waren Flugzeuge wesentlich leichter zu ersetzen als Flugzeugführer und so wurde die Idee der Sturmjäger geboren, die zu den Bombern durchdringen und diese ohne Rücksicht auf das Material (!) bekämpfen sollten. Ein Rammstoß war zwar die letzte Option des Piloten, jedoch nicht zwingend gefordert. Immerhin waren erfahrene Piloten sehr schwer zu ersetzen. Das Kommando Elbe (1945) hingegen wurde mit der Intention aufgestellt, dass die Piloten auf jeden Fall einen Bomber rammen sollten, auch unter Hingabe ihres Lebens. Der Unterschied wird hoffentlich deutlich und die meisten der ehemaligen Sturmjäger würden sich wohl eine Gleichstellung verbitten.
Statt dieses Abschnitts hätte ich lieber eine detailliertere Auseinandersetzung mit den Einsätzen während der Ardennenoffensive am 17., 23., und 24. Dezember 1944 und am 14. Januar 45 gesehen. Vielleicht wäre auch ein kurzes Eingehen auf die mit Fw 190 D ausgerüstete IV./JG 3 unter der Führung Oskar Romms sinnvoll gewesen.
Ein Blick auf die Fotoauswahl zeigt Bilder die bereits bei Prien, Mombeek und Price veröffentlicht wurden. Weiterhin wurde das JG 300 Material von Bernd Barbas aus den alten Luftwaffe Aces Büchern verwendet. Vieles ist auf der JG 300-Seite von B.Otto zu sehen und ich rechne fest damit, das alles im 2. Teil von Lorant/Goyats Geschwader Chronik wiederzufinden sein wird. Bemerkenswert ist die Quellenangabe Bethge/Hennig, vielleicht stammt von dort ein Großteil der Abbildungen?
Ich würde diesem Werk auf einer Skala von 1-10 eine 2minus geben, wobei die Fotos das Heft noch etwas retten.
Erich Brown mit Anmerkungen von Neil Page
Hier folgt eine Aufstellung von Korrekturen und Anmerkungen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind dies nicht alle. Beginnen wir mit den Profiles:
Die Wappenschilder der Flugzeuge vom JG 4 sind inkorrekt. Die meisten Zahlen an den Flugzeugen sind falsch, was den Stil, Ziffernhöhe und/oder die Stärke der Schrift betrifft. Die Profiles stellen die Motorhauben der Flugzeuge vom JG 3 alle schwarz dar. In Wirklichkeit hatte die Farbe eine deutliche Blautönung.
- Profile 08: Die “gelbe 17” war nicht das Flugzeug von Willi Unger
- Profile 09: Maximowitz' “schwarze 8” hatte keinen rot-gelben Spinner, sondern einen schwarz-gelben.
- Profile 10: Die “blaue 13” von Walther Dahl hatte kein weißes Rumpfband mit Welle, da er nie Angehöriger der IV./JG 3 war. Das Profile ist aus dem Photo auf Seite 59 (Mitte) abgeleitet. Das Profile ist komplett falsch! (siehe unten zu S.59)
- Profile 16: Paul Lixfeldts “gelbe 12” ist falsch dargestellt, da der helle “Nasenring” und die Spinnerdetails falsch dargestellt sind. Ich möchte lieber nicht zu viele Kommentare zu JG 300 Maschinen abgeben, da der 2. Band der JG 300 Chronik von Lorant/Goyat hier hinreichend Aufschluss geben wird.
- Profile 24: Gefreiter Wagners “weiße 11” hatte nicht die Mk 108 in den Außenflügeln, sondern das MG 151, die weiße “11” ist falsch.
- Profile 26: Salffners “weiße 6” ist falsch, auch hier ist die Flügelbewaffnung falsch dargestellt
Nun etwas zum Text von Neil:
- Es gibt keinen Hinweis darauf, das Kornatzki die freiwilligen Piloten in seinem Berliner Büro interviewed hat. Alle Piloten meldeten sich von ihren Stammeinheiten und reisten direkt nach Achmer.
- Das Rammen eines Bombers durch Wahlfeldt am 30.Januar 1944 ist nicht erwiesen.
- Erich Kornatzki hat die “weiße 20” nicht geflogen.
- Die Sturmstaffel 1 hat niemals das rote Reichsverteidigungsrumpfband auf ihren Flugzeugen getragen.
- John Weal hat die meisten Aufnahmeorte der Fotos fehlinterpretiert
Fotos: Die Wiedergabe der Fotos ist nicht besonders gut und natürlich gibt es kein neues Fotomaterial (Anmerkung AT: dies ist eigentlich auch nicht zu erwarten!).
- Seite 34: Unteres Foto von Oskar Böschs Fw 190 A-6 (Bildunterschrift). Hier sind 2 Mechaniker zu sehen, nicht der Pilot selbst.
- Seite 36: (Bildunterschrift) hier sind Olt. Haase, Hptm. Moritz und sein Adjutant zu sehen (Sommer 1944)
- Seite 37: (Bildunterschrift) Walter Loos diente nicht in der IV.(Sturm)/JG 3, er gehörte der alten IV./JG 3 an und flog hier Bf109 G-6 mit WGr.21.
- Seite 49/50: Beide Bilder zeigen dasselbe Flugzeug
- Seite 51(ff): Weal investiert in die Luftschlacht von Oschersleben vom 07.07.1944 einige Seiten und es schien, das es etwas Hoffnung für dieses Werk gäbe, leider stammt der einzige Zeitzeugenbericht aus Walter Dahls “Rammjäger”. Die Oschersleben Fotosequenz ist aus der Wochenschau (die ist im Original ca. 5 Minuten lang). Die Flugzeuge haben verschiedenste Waffenausstattung: mit und ohne Rumpf-Bewaffnung, einige mit MK 108 andere mit MG 151 in den Außenflügeln. Selbst die Markierung ist noch nicht einheitlich, die Spinner der Flugzeuge der 10. und 11. Staffel haben weiße Spiralen, die der 12. gelbe und die der 2./JG 51 sind mit roten gekennzeichnet. Ab Ende August sind dann alle weiß.
- Seite 52 /53: Maximowitz' Luftsieg; Ich habe den Wochenschaubericht gesehen, und mir ist unklar, warum Herr Weal diese Bilder gewählt hat. Andere Bilder zeigen die völlig zerstörte linke Seite der B-17, die von 2 und 3cm Munition zersiebt ist und bei der durch interne Explosionen Trümmerteile nach aussen wegsprengen.
- Seite 54: Diese Aufnahme zeigt eine B-24 der 445th BG, die am 27. September 1944 von 2cm und 3cm Geschossen durchsiebt wird. (wie auf dem Film zu sehen ist)
- Seite 59: Weal scheint nicht zu wissen, welches Dahls Maschine ist. Einerseits behauptet er die “schwarze 13” sei von EkkehardTichy und gleich darauf ist es Dahls “blaue 13”. Die Filmsequenz zeigt die “schwarze 13” der 11.Sturm/JG 3 und gleich links daneben die “weiße 13” von der 10.Sturm/JG 3. Weal hat aber aus diesem Bild das Profile 10 abgeleitet (siehe auch Kommentar dort!). Das Foto oben zeigt nicht Ekkehard Tichy mit Dahl und Moritz, sondern Konrad Bauer von der 5./JG 300
- Seite 60: Einige Hinweise zum Foto aus dem Film. An dieser Stelle (als einige Sturmjäger über abgestelte Flugzeuge fliegen) sieht man deutlich, dass die meisten mit Scheuklappen ausgestattet sind. Das von Weal wegen fehlender Rumpfbewaffnung hervorgehobene Flugzeug schient ein helles (vielleicht weißes) Seitenruder zu haben. Die taktische Nummer ist leider nicht zu erkennen.
- Seite 81: Fw 190 A-7 “schwarze 1” im Frühjahr 1944 mit MK 108 in den äußeren Waffenpositionen aber ohne Panzerung. Das Flugzeug wurde von Fritz Engau (erste Gruppe) geflogen. (Quellen: Engau, F. : Frontal durch die Bomberpulks S.99; 2 Fotos/ Prien: JG 1 und 11)
- Seite 87: Foto von Klaus Richter angeblich von der 5./JG 300. Weal behauptet dies sei “rote 4”. Dies wäre das erste Foto einer Fw 190 des JG 300 mit Scheuklappen. Ich bin der Meinung das Foto schon mal woanders gesehen zu haben, zusammen mit einem anderen, das diesen Piloten am Heck dieser Focke-Wulf zeigt. Auf diesem Foto ist eine weitere Fw 190 mit Scheuklappen im Hintergrund zu sehen. Meiner Ansicht nach ist das Rumpfband nicht blau-weiß-blau, sondern schwarz-weiß-schwarz und damit wären die Flugzeuge der II./JG 4 zugehörig. Außerdem, warum würde das JG 300, das die Installation der Scheuklappen wegen Vereisung ablehnte, im Winter 44/45 Maschinen mit eben diesen Scheuklappen im Bestand führen? Aber dies ist nur meine persönliche Sichtweise.
- Seite 87: Neil ist anderer Ansicht: Das Bild zeigt Klaus Richter! Es gibt einige Fotos vom JG 300, die Fw 190 mit Scheuklappen zeigen. Einige Piloten haben diese sicherlich behalten.
- Seite 104/105: Oskar Bösch auf seiner A-8/R2 im August 44. Weal behauptet dann auf Seite 105, das dies dieselbe “schwarze 14” mit Piloten der14. Staffel sei. Ist sie nicht! Im Dezember 1944 hatte Bösch eine andere Fw 190 “schwarze 14”. Ein anderes Foto, das eine Reihe von Maschinen zeigt macht dies deutlich. Dieses Foto (dessen Original Barry Smith besitzt) war z.B. der Aufmacher von Neils SAM Artikel über die Sturmböcke vor ein paar Jahren.
Erich Brown, Grants Pass, Oregon (übersetzt von Steffen Arndt)