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Noch kein Golden Oldie - Douglas A-20 G/J Havoc

Revell (AMT) - 1/48

Zur Geschichte: 1936 begann man bei Douglas unter der Leitung von Jack Northrop mit der Entwicklung eines modernen zweimotorigen Schulterdecker-Designs mit Bugrad-Fahrwerk, des Model 7A, das später neuen Forderungen der Army angepasst zum Modell 7B wurde. Wenn auch zunächst die USAAF keine Maschinen bestellten, so waren doch die Franzosen sehr an dem Typ interessiert. Auf deren Wunsch wurden zahlreiche grundlegende Änderungen an der Konstruktion vorgenommen, insbesondere wurde der Rumpf schmaler und höher, um mehr Treibstoff aufnehmen zu können. Jetzt war es in der Maschine so schmal, dass die drei Crewmitglieder nicht einmal die Plätze tauschen konnten, dafür war jedoch der Luftwiderstand geringer als beim Vorgängerentwurf. Die Flügel wurden tiefer montiert, die Motorgondeln waren jetzt unter den Flügeln platziert, dadurch konnte das Fahrwerk verkürzt werden. Interessant dürfte sein, dass die Franzosen wegen der Isolationismus-Politik der USA nur im Geheimen Beobachter zu den Probeflügen schicken durften. Das Ganze flog jedoch nach einem Crash auf, bei dem ein mitfliegender französischer Luftwaffen-Hauptmann schwer verletzt wurde!

Bei den Bezeichnungen des Typs herrschte lange Zeit einiges Durcheinander, was erst gegen Ende der Produktion 1944 ausgeräumt war: Zuerst flogen Douglas-Bomber mit ihrer alten Bezeichnung als DB-7 kurzzeitig für die französische Armee de līAir. Die Briten orderten die Maschinen in der Variante DB-7B als Bomber, die sie auch als Boston bezeichneten. Schließlich bestellte 1940 die US-Army 200 Stück der inzwischen als A-20 (A für Attack) bezeichneten Maschinen.

Die mit 2850 Stück am häufigsten produzierte Variante war die A-20 G, die sich von ihren Vorgängern vor allem durch die metallverkleidete Nase, die mit bis zu sechs Maschinegewehren bestückt war und den erstmals verwendeten elektrischen Martin-Abwehrturm unterschied. Für letzteren musste der hintere Rumpf erweitert und strukturell verstärkt werden, was u.a. dazu führte, dass die Bombenzuladung verdoppelt werden konnte.

Die A-20J war eine modifizierte G-Version, die, mit Bombenzielgerät, voller Navigationsausrüstung und einer verglasten Rumpfspitze versehen, als lead ship andere Bomber zum Ziel führte.

Die A-20 ereichte in der Klasse der zweimotorigen mittleren Bomber zwar nie den Bekanntheitsgrad der B-25 Mitchell, war aber ebenso vielseitig und zuverlässig wie diese. Allen Versionen gemein war, dass sie sehr schnell und für einen Zweimot erstaunlich wendig waren. Nachfolger der Boston/Havoc war übrigens die A-26 Invader, in der das Konzept der A-20 weiterlebte.

Mein Modell stellt "Butch", eine A-20G der 420th Bomb Group, 647th Bomb Squadron, stationiert Mitte Juni 1944 in Gosfield, Essex, Großbritannien dar. Ein so auffälliges Haifischmaul war damals für das ETO unüblich, aber gerade das macht in Verbindung mit der beeindruckenden Bewaffnung für mich den Reiz dieses Modells aus.

Der Bausatz ist eine Wiederauflage des AMT-Kits, der schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel hat, was man den Teilen auch deutlich ansieht: Die braunen Gießäste sind vom "offenen", verzweigten Typ und in Dicke und Form stark variierend, mit einigem Graten, Sinkstellen und Auswerfermarkierungen. Die Oberflächendetails sind fein versenkt ausgeführt und konsistent. Die Klarteile sind nicht separat verpackt, dafür aber ansprechend dünn und klar.

Der Zusammenbau bietet reichlich Stolpersteine: größtes Problem ist die große Bombenschachtöffnung. Da sie mal abgesehen von dem dünnen Rähmchen mit den Bomben kein Innenleben hat, sieht das ganze unrealistisch aus und die ganze Konstruktion ist auch sehr instabil. Um beidem abzuhelfen entschied ich mich, den Rahmen mit Querstreben aus Gußästen zu verstärken und anschließend die Bombenschachtklappen in geschlossenem Zustand anzukleben. Da die Passform nicht gerade begeisternd ist, gab es einiges anzupassen. Auf den interessanten Dackelbauchtank habe ich verzichtet, da die mir bekannten Aufnahmen von "Butch" die Maschine ohne den Tank zeigen. Um keinen Tailsitter zu bekommen, musste ziemlich viel (ich habs nicht abgewogen) Anglerblei und Knetmasse in der Rumpfnase untergebracht werden.

Reichlich Passungsprobleme gab es an der Rumpfnase, dem Höhen- und Seitenleitwerk, den Übergängen der Motorgondeln und den oberen Lufteinläufen. Die vielen kleinen Lufthutzen an den Motorhauben wurden vor dem Ankleben noch am Gußast aufgefräst. Das extrem fragile Fahrwerk muss aus jeweils drei Teilen zusammengesetzt werden und soll lt. Bauanleitung in Gänze vor Anbringung der Motorgondeln angebaut werden, was einer 100%igen Bruchgarantie gleichkommt. Ich entschied mich daher, die beiden oberen Streben anzukleben und den Rest bis nach der Bemalung beiseite zu legen. Der restliche Zusammenbau verlief problemlos. Das Schlauchboot hinter dem Cockpit entstand aus Milliput und wurde mit einem weiß lackierten Silberdraht umwickelt.

Die Bemalung geschah wieder mit Gunze Hobby Colors, mit 25 - 50% Gunze-Hobby-Color-Thinner vermischt in der Badger 100 bei feiner Düsenöffnung und ca. 1,0 Atü verspritzt. Der Innenraum erhielt einen Farbüberzug mit H58 Interior Green, die Fahrwerksschächte wurden in Model Master Zinc Chromate Green 4852 gehalten. Dann wurde als Grundierung außen über alles H53 Neutral Grey gespritzt.. Für die Invasionsstreifen wurden als nächstes die entsprechenden Bereiche in H11 Mattweiß gesprüht und nach dem Trocknen mit Tamiyaband abgeklebt, um anschließend die schwarzen Streifen mit H77 Reifenschwarz zu airbrushen.

Anschließend wurde alles für die restliche Bemalung wiederum mit Tamiyaband abgedeckt. Die Unterseiten blieben in Neutral Grey, die Oberseiten wurden mit H52 Olive Drab1 und H65 RLM 70 Schwarzgrün getarnt. Da die Farbgrenzen beim Original wechselnd hart und weich sind, habe ich die Bemalungsanleitung vergrößert, Schablonen passend zugeschnitten und leicht schwebend mittels UHU Patafix-Kügelchen befestigt. So entstanden softe Übergänge. Harte Grenzen erhält man, wenn man die Schablone während des Sprühvorganges andrückt. Anschließend habe ich die Innenflächen der Verkleidungspaneele mit der jeweiligen Tarnfarbe, vermischt mit ca. 20 % weiß aufgehellt.

Schließlich wurde noch einmal die jeweilige Tarnfarbe ohne Aufhellung leicht übergenebelt. Es folgte die obligatorische Versiegelung mit Future und nach 24 Stunden Durchtrocknen ein vorsichtiges Überschleifen mit Micro Mesh Schleifleinen Körnung 4000, um kleine Unebenheiten auszugleichen. Dann folgte der Auftrag der übliche Glanzlackschicht mit Future

Alterung: Im Innenraum und in den Fahrwerksschächten wurden die Strukturen durch leichtes Nachziehen aller Winkel mit verdünntem H95 Smoke Grey betont. Das Washing erfolgte wie gehabt mit wasserlöslichen Ölfarben von Goya, Elfenbeinschwarz und Siena natur gemischt, der Überschuss wurde mit Spülmittel-Wasser oder Waschbenzin entfernt. Das Chipping wurde mit einem weichen Silberstift durchgeführt. Auf Originalaufnahmen ist zu erkennen, dass das Olive Drab an den Flügelvorderkanten und an allen Blechstößen stark abgeplatzt war, daher kam der Silberstift diesmal mehr als gewohnt zum Einsatz. Dann wurden Abgas- und Schmauchspuren sowie Staub auf den Laufflächen der Räder mit MIG-Pigmenten Black smoke P023, African Earth PO38 und Ashes White PO22 mit einer Micobrush trocken aufgebracht.

Die Decals des Bausatzes sind nicht deckend. Dies fällt besonders beim Weiß der Hoheitszeichen auf, dort, wo sie die Invasionsstreifen überlappen. Das Blau der StarsīnīBars ist außerdem viel zu leuchtend. Ich habe mir geholfen, indem ich die Sterne zweifach übereinander aufgebracht habe (ein zweites Decal-Set stellte die Abteilung X von Revell freundlicherweise zur Verfügung) und anschließend alles mit Smoke übernebelt habe. Die Teile für das Haifischmaul sind zu breit und wegen der starken Krümmung der Nase nur schwer anzubringen. Wer eine ruhige Hand hat, sollte das Haifischmaul lieber aufmalen. Die übrigen Nassschiebebilder ließen sich mit Mico-Sol recht gut der Oberfläche anpassen. Zum Schluss wurde alles mit seidenmattem Klarlack (10 Teile H20 matt plus 0,5 Teile H30 glänzend) versiegelt, dann wurden die Reifen und besonders abgenutzte Bereiche der Bleche noch zusätzlich mit H20 matt pur gebrusht

Fazit: Dieser Bausatz ist ohne Alternative in diesem Maßstab, und daher trotz aller Kritik zu empfehlen. Die Details sind ausreichend, die Maße stimmen recht gut mit dem Original überein, und was am Ende des Bau in der Vitrine steht, ist ein gutes Abbild der Havoc. Wegen der Passprobleme ist dieser Kit nur etwas für erfahrene Modellbauer, Anfängern kann man ihn nicht wirklich empfehlen. Revells Firmenpolitik, preiswerte Modelle gerade auch für Anfänger anzubieten geht hier also fehl.

Für den Bau habe ich wegen der vielen Anpassungsarbeiten etwa doppelt so lange wie sonst für einen Zweimot dieser Größe benötigt!

Literatur

  1. Mesko, J. A-20 Havoc in action, Aircraft Number 56, squadron/signal publications1983
  2. Krumreich, H., Green Hornet- Douglas A-20G Havoc, Kit Flugzeug Modell Journal 2/2005, S. 46 - 51
  3. Revell, Bauanleitung Douglas A-20G/J Havoc
  4. http://de.wikipedia.org/wiki/Douglas_A-20
  5. http://www.planesnsuch.com/modules/smartsection/item.php?itemid=3

Utz Schißau, Berlin (August 2009)