Reizen Sie auch besonders die Dinge, die anders sind als das übliche? Nurflügler sind eine exotische Art Flugzeug und trotzdem gibt es eine überraschend große Zahl von Konzepten und Varianten. John K. "Jack" Northrop war sicher auch der Faszination der reinsten Flugzeugform erlegen. Mit den Aerodynamikern Theodore von Kàrmàn und William R. Sears entwickelte er die N-1M "Jeep", Damit begann eine der faszinierendsten Produktentwicklungen der USA, die direkt zum teuersten Flugsystem aller Zeiten führt: dem US Stealth Bomber B-2!
Die Unterschale mit dem Aufbau für das Cockpit:Sitz von True Details mit Armaturenträger und Ätz-Pedalen. Links der Grill für den Lufteinlauf, rechts die realitätsnahe Steuersäule.
Der Technologieträger N-1M wurde ein Jahr nach der Firmengründung der Northrop Aircraft Inc im Jahr 1939 in einem Exemplar weitgehend aus Sperrholz erstellt. Um die Aerodynamik des Nurflüglers möglichst gezielt zu erproben, wurden die Flächen so mit dem Rumpf verbunden, dass Pfeilung und Anstellwinkel eingestellt werden konnten. Gleiches galt für die Flügelspitzen, die - ausgestattet mit Spreizklappen - zunächst nach unten geklappt montiert wurden. Der Erstflug fand am 3. Juli 1940 in dieser Konfiguration auf dem Muroc Salzsee statt, der heutigen Edwards Airforce Base.
Unter- und Oberschale von innen. In der Oberschale sind die Cockpitwände eingepasst. Sie müssen so angebracht sein, dass sie die Peilöffnungen im Bug nicht abdecken.
Ab Oktober 1943 war nach etlichen 100 Flügen die endgültige Konfiguration gefunden, nämlich die einfachste: ein gerader Flügel mit der Pfeilung des Rupfmittelstücks. In dieser Form befindet sich die N-1M heute im National Air & Space Museum. Es ist erstaunlich, wie konsequent die spezifischen Detaillösungen dieses Technologieträgers bis in die B-2 hinein bei jeder Weiterentwicklung wieder aufgenommen wurden.
Das Flugzeug mit den hängenden Ohren und den Schubpropellern sieht schon sehr futuristisch aus
Das Modell von Planet ist überraschend einfach, besonders in Anbetracht des Preises und der voluminösen Schachtel. So viel Schlichtheit ist schon ergreifend. Insgesamt 39 Teile aus Resin sind nahezu fehlerfrei gegossen, es müssen nur wenige Löcher zugespachtelt werden. Aber nur 4 davon sollen das Cockpit darstellen, wobei keines der Form des Originals auch nur entfernt ähnelt. Auf diese Teile hätte ich gern verzichtet, vielleicht zu Gunsten eines zweiten Cockpitdachs: diese Vacuteile sind ja immer etwas problematisch, und wenn das Cockpit offen dargestellt wird, ist eine zweite Kanzel unabdingbar. Die Bauanleitung besteht ganz im sinne der angesprochenen Schlichtheit aus einem Blatt DIN A4, trotz beidseitiger Bedruckung nur mit den nötigsten Informationen, sodass gute Quellen für den Bau des Modells unabdingbar sind.
Die Draufsicht zeigt die klare Deltaform. Auch die hellgelben Abdeckungen für den Verstellmechanismus sind gut zu erkennen. Die Markierung fehlt noch, ebenso der Northrop Aufkleber auf der Bugnase.
Der Rumpf besteht aus Unter- und Oberschale sowie den beiden Flügelspitzen. Das Cockpit wurde komplett neue "erfunden": Seiten- und Rückwand werden in die Oberschale eingebaut. Die Seitenwände erhalten Verstrebungen und diverse Hebel und Räder mit den dazugehörigen Kabeln. Auf der Unterschale wird der Boden aufgebaut, davor der Instrumententräger auf dem Gehäuse des Bugfahrwerks, ebenso die Pedale. Planet schlägt einen Steuerknüppel vor, der wandert in die Krabbelkiste. Stattdessen wird der für alle Northrop Nurflügler typische seitliche Träger mit dem Lenkerhorn (einige Quellen zeigen ein Dreispeichenlenkrad) scratch gebaut. Wer die sehr schönen Teile aus dem Sword Bausatz der N-9M kennt, hat damit eine gute Vorlage. Das Armaturenbrett sollte auch neu entstehen: Instrumente von Reheat helfen, da die Instrumententafel von hinten durch die Frontscheibe einsehbar ist, sind auch kleine Rundprofilabschnitte zur Darstellung der Instrumentengehäuse sowie dünne Drähte für die Verkabelung empfehlenswert. Der Sitz stammt von True Details, ein round back bucket seat.
Die Motoren liegen beidseits des Cockpits und treiben über Fernwellen die Schubpropeller an. Eine passende Nabe dazu entstand im Eigenbau.
Die Linien auf Ober- und Unterteil zur Position der Verkleidung der Luftschraubenwellen und des Stützrades habe ich mit einem dünnen Bohrer durchbohrt, dann mit Weißleim die Teile aufgeklebt: so kann man so oft üben, bis es wirklich richtig sitzt. Dann kann von innen durch die bestehende Bohrung auch das korrekt positionierte Teil verbohrt werden, das dann abgenommen werden kann. In diese Bohrungen können nun Stifte eingesetzt werden, die die endgültige Montage mit Sekundenkleber stressfrei machen. Zunächst werden die Lufteinläufe eingesetzt: Ein netter Gedanke von Planet, den Grill in einen Rahmen einzusetzen, aber auch eine hübsche Herausforderung für den Modellbauer. Der Rahmen passt glücklicherweise sehr gut in die Unterschale. Leider fehlt im Kit der in der frühen Variante übliche Einlaufspoiler, der aus Alufolie hergestellt wurde und ganz zum Schluss eingesetzt wird. Jetzt werden zunächst die Rumpfschalen verklebt.
Die schlichte Grundform wird nur von den Spoilern in den Lufteinläufen unterbrochen. Sie fielen später weg, nachdem die endgültige Aerodynamik mit geraden Flächen die besten Ergebnisse zeigte. Das Pitotrohr wanderte dann auch vom Bug in die linke Fläche.
Die Flügelspitzen sollten vor der Montage mit Bohrungen zur Montage der außen liegenden Mechanik der Spreizklappen versehen werden: diese fehlen im kit, aber auch jede Information dazu. Quellen zeigen deutlich Position und Form dieser Teile, die aus 0,3 mm Stahldraht gefertigt werden können. Die Flügelspitzen sollten wie überhaupt alle Teile eines Resinbausatzes sorgfältig trocken angepasst werden, denn die Breite stimmt nicht ganz und symmetrische Position bestimmt ganz wesentlich den Gesamteindruck des fertigen Modells. Eine Kartonschablone hilft hier erheblich. Ach ja, dann fehlt noch eine Kleinigkeit: die inneren Querruder sollten voneinander getrennt werden, da hilft die Rasierklingensäge. Wer das von Anfang an macht, tut sich leichter beim Einpassen der nötigen Verkleidung der Klappen. Eine Kleinigkeit fehlt noch: 2 Auspuffrohre aus Kanülen werden in die entsprechend aufgebohrte Unterschale eingesetzt.
Die äußeren Grills lassen Luft zu den Kühlern und dem Motorraum. Die "Augen" auf beiden Seiten des Bugs sind Peilöffnungen, die dem Piloten beim Landeanflug trotz des für Nurflügler typisch hohen Anstellwinkel ein Minimum von Bodensicht ermöglichen.
Planet sieht je Propeller lediglich 3 viel zu dicke Blätter vor, die auf einen Fortsatz an der Verkleidung der Propellerwelle montiert werden sollen. Nun zeigen die Quellen eine ausgeprägte Propellernabe, die scratch gebaut wurde. Die Blätter werden verdünnt und vor der Monate lackiert, nicht nur in Holz gemäß der Planet-Anweisung, sondern mit Metallverstärkung an der Vorderkante und dem Herstellerzeichen in Flugrichtung auf dem Blatt. Angebracht werden die Propeller am fertigen Modell. Das ist auch der richtige Zeitpunkt, um das Pitotrohr anzubringen, aber nicht das im Bausatz enthaltene, sondern eines aus Metall mit der bei den ersten Flügen installierten Verkleidung zum Rumpf, das aus Milliput geformt werden kann.
Einfach und klar sind alle Linien dieses Technologieträgers. Das Einziehfahrwerk ist pragmatisch, aber ausreichend mit breiter Spur.
Das Fahrwerk ist Plante 8 Teile wert, inklusive des hinteren Stützrads. Die Räder des Hauptfahrwerks sind schön gegossen, müssen aber mit der Bohrung zur Montage auf der Achse am Federbein versehen werden. Am Bugrad passt nicht viel: hier gilt es zu improvisieren. Auch Streben und Halter werden nötig: selber machen! Die Fahrwerksschächte werden innengrün lackiert, die Fahrwerkskomponenten in Metalltönen. Zur Erleichterung der Ausrichtung habe ich die Mulden in der Unterschale des Rumpfes aufgebohrt und die Federbeine darin mit Weißleim verklebt. Bremsschläuche runden das Kapitel Fahrwerk ab. Abdeckungen für das Hauptfahrwerk gab es erst nach 1943!
Der Einstieg ins Cockpit war sicher für trainierte Piloten kein Problem. Wo die Herren dann Platz gefunden haben, ist mir schleierhaft. Die Instrumententafel enthält das nötigste, Schalter und Hebel sind an den Seitenwänden platziert.
Die Lackierung ist ja nun wirklich einfach: nur zwei Gelbtöne. Ich habe die verklebten Rumpfhälften nachgraviert und dann lackiert, Modelmaster ist meine Wahl. Die Lufteinläufe sind Alufarben, das Cockpit teilweise Holz, teilweise innengrün. Vor dem Aufbringen der Aufkleber, die ein wenig zu groß sind (oder das Modell zu klein?), wird alles mit Future lackiert, Fahrwerk und Anbauteile sind noch nicht montiert. Jetzt ist es am einfachsten, mit Wasserfarbe die Stöße in Holzbraun nachzuziehen und die Klappen mit kleinen Vertiefungen für die Befestigungsschrauben zu versehen. Dann soll das Ganze hochglänzend überlackiert werden bis auf die "Dehnfugen", die Herr Northrop zur Abdeckung der Verstellmechanismen der Flächen vorgesehen hat: die werden matt gehalten. Jetzt können auch die in zwei Teile zersägten Kanzelteile aufgesetzt werden, ich habe Weißleim dazu genommen, das füllt auch die kleinen Abstände, die bei mir leider wohl unvermeidlich sind.
Ob der Pilot in Nevada wirklich so gut angezogen war? Die Dienstgipfelhöhe war auf Grund der schwachen Motorisierung nicht berauschend, da wird der Pilot sicher nicht gefroren haben!
Fazit: Ein interessantes Modell, das wegen seiner geringen Größe (wie passt da nur ein Pilot rein?) sicher kein Hingucker ist. Aber mit ein paar Accessoirs oder Figuren dazu kann es schon einer werden, denke ich, auch wegen der Farbe. Der Preis wird Kinder wohl weitgehend davon abhalten, dieses als ihr erstes Modell zu wählen, und das ist auch gut so. Jeder sollte es sich gut überlegen, ob er sich diesen Bausatz antun soll. Aber das Gefühl, wenn es dann endlich fertig ist - unvergleichlich!
Quellen:
Christian Breuning (IP 84), Much-Kranüchel (Januar 2007)