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Short Sunderland Mk 1

Italeri - 1/72

Vorbild: Flugboote waren in den 30er Jahren für die Zivilluftfahrt so effizient, wie heute die Airbusse oder die Jumbos. Und die Short Sunderland war vom Ursprung her die militärische Variante der riesigen britischen „Empire“ Flugboote, welche eine enorme Anzahl von Passagieren, vor allen innerhalb der Commonwealth Staaten wie Australien und Neuseeland beförderten.

Die Entstehung der Sunderland begann 1933, als ein neues Seeüberwachungs-Flugboot gefordert wurde. Daraufhin wurden die Empires für militärische Zwecke überarbeitet, und bekamen neben einer neuen Rumpfkonstruktion Abwehrstände für die Eigenverteidigung und im Inneren den Platz um verschiedene Waffenlasten, wie Wasserbomben, Bomben und Minen aufzunehmen. Diese waren an Trägern auf Laufschienen befestigt. Bei einem Angriff, z.B. auf U-Boote öffneten sich die großen seitlichen Klappen unter den Tragflächen, und die Schienen mit den Bomben fuhren heraus. Angetrieben wurden die Flugboote mittels vier Bristol Pegasus Sternmotoren. Die meist siebenköpfige Besatzung verfügte über eine Küche und Ruhemöglichkeiten, um die langen Patroullienflüge erträglich zu machen.

Ab 1938 wurden die ersten Maschinen Sunderland Mk. I an das Royal Air Force Coastal Command übergeben und begannen ihre militärische Karriere bei der 230. Squadron in Singapur. Von den MK I Produktionen wurden über 90 Stück gefertigt. Von dem Zeitraum an entwickelte sich die Sunderland zu dem wichtigsten maritimen Flugboot der Commonwealth-Streitkräfte und gipfelte schließlich in ihrem bekanntesten Muster, der Sunderland Mk.V, mit dem markanten tropfenförmigen Waffenturm auf dem Rumpfrücken. Diese Maschinen leisteten auch ihren Dienst bei der Berliner Luftbrücke. Zeitgenössische Fotos zeigen die Sunderlands beim Ausladen der Fracht, auf dem Berliner Wannsee.

Bausatz: Es dauerte über 50 Jahre, bis sich der Markt für Plastikmodelle wieder an dieses schöne Flugboot erinnert und neben den Uralt-Bausatz von Airfix im 72er Maßstab, ein zeitgemäßes Modell der Sunderland in den Handel bringt. Die Firma Italeri lässt nun die Short Sunderland Mk. I auf den heimischen Basteltischen wassern, und enttäuscht uns engagierte Modellbauer leider etwas mit der Umsetzung des Projektes: „Sunderland“! So sind vor allem die Gravuren zwar negativ, aber völlig überdimensioniert ausgefallen.

Der Zusammenbau der Rumpfkonstruktion ist nicht so einfach. Fangen wir mal bei den Bullaugen an Diese passen so weit gut in ihren Aussparungen, so lange nicht die obere Wölbung des Rumpfes betroffen ist. Da fehlen den Teilen nämlich die erforderlichen Rundungen. (Ich persönlich löse solche Probleme, indem ich einen kleinen Tropfen Future mittels einer Kanüle in die Öffnung mit dem eingeklebten Klarsichtteil gebe und aushärten lasse, bis die Verglasung plan erscheint.) Die oberen vier Bullaugen sollen von innen in einer Rumpfhälfte eingeklebt werden. Auch nicht so toll. Denn nach den Zusammenkleben der Hälften sitzen sie einfach schlecht. Ich habe sie später verspachtelt und plangeschliffen. Viel Fotos zeigen diese Fenster nicht.

Des weiteren ist es sicher gut gemeint, die Pilotenkanzel vor dem Zusammensetzen des Rumpfes in einer Aussparung an ihren Platz zu kleben. Leider funktioniert die Idee, damit ein grösstmögliche Verbindung zum Rumpf hin zu erreichen, nicht. Eine spätere Korrektur ist kaum möglich. Aber mit etwas vorsichtigen Spachteln und Schleifen lassen sich die Fugen ausgleichen. Auch die extra gefertigte Finne des Seitenruders Backbord, um die Ruderflächen beweglich zu halten, ist überflüssig. Wir wollen mit unseren Modellen ja nicht spielen.

Nach so viel Kritik auch mal etwas Positives: Die Passung der inneren Flugdecks und deren Aufbauten wie das Cockpit und die Waffenstände ist hervorragend. Auch die Detaillierung in den Bereichen kann sich sehen lassen. Vor allen für die Ausgestaltung des Cockpits sind dem Bausatz eine Platine mit Messingteilen beigefügt. Diese haben es aber wieder in sich. Das Falten und Biegen erfordert Nerven und entsprechendes Werkzeug. Denn die Teile sind steif und hart. Schon das Abtrennen aus den Rahmen ist nicht leicht.

Das Montieren der Maschinengewehre in den hinteren Waffenständen sollte erst am Schluss des Zusammenbaus erfolgen. Sonst besteht Bruchgefahr! Wenn die Montage des Rumpfes gelungen ist, hält sich weitere Nacharbeit in Grenzen. Die Bristol Pegasus Motoren bestehen aus vier Radialteilen, mehr nicht. Aber was man nach der Bemalung noch sehen kann, ist okay. Die markanten Auspuffrohre wirken sehr realistisch. Natürlich gibt es für die Präsentation ohne Wasser auch das nötige Hilfsfahrwerk für das Modell.

Da sich Italeri die Mk I Variante des Fliegers vorgenommen hat, ist die Bemalung auch noch in dem anfänglichen Sichtschutz von Dunkel-Seegrauen/Braunen Farbtönen gehalten. Dieser lässt die übertriebenen Gravuren etwas neutralisieren. Insgesamt sechs Markierungen für Maschinen in unterschiedlichen Einsatzgebieten lässt der Bausatz zu.

Fazit: Alles in allem aber lässt sich trotz der genannten Kritikpunkte eine schön Replik des alt-ehrwürdigen Seeflugzeuges erstellen. Die fast 170 Einzelteile werden übrigens in einem prächtigen Stülpkarton geliefert, welcher auf der Rückseite auch über Farbrisse der Sunderlands verfügt. Auch ein kleines Typenbuch liegt dem Bausatz bei. Das und der für heutige Verhältnisse günstige Preis, lässt auch wieder freundschaftliche Gefühle für das Modell aufkommen.

H. J. Bauer, Berlin (März 2013)