Der von der amerikanischen Firma Nothrop entwickelte schwere P-61 Nacht-/Allwetterjäger wunrde ab 1944 an die Nachtjagdeinheiten der USAAF ausgeliefert und war das größte Jagdflugzeug, welches die U.S. Air-Force bis dahin angeschafft hatte. Benannt nach einer Giftspinne, hatte das Design der Maschine, mit der mittleren Rumpfgondel, in dem eine Dreiköpfige Besatzung untergebracht war und den Zwillingsauslegern der Motorgondeln, fast schon dämonische Ausstrahlung, insbesondere in der schwarzen Lackierung..
Eingesetzt wurde die P-61 sowohl im Pazifikraum als auch im europäischen Kriegsgebiet. Das Serienflugzeug P-61 B mit vier Unterflügelstationen war der meist-gebaute Vertreter des Nachtjägers.
Mit dieser Variante hat sich auch die rührige chinesische Firma Hobbyboss, bei uns über IBG-Modellbau vertreten, beschäftigt. Herausgekommen ist dabei ein Projekt, welches an Monstrosität dem Original sehr nahe kommt, nur eben 32 mal kleiner. Mit dem Angebot von fast 800 Bauteilen in Plastik, hinzuzurechnen sind die Metall- und Messingätzteile, sprengt der Bausatz jeden Rahmen. Meine Werkbank hat bisher jedenfalls nichts großeres gesehen.
Die Detaillierung ist enorm, was vor allen den Besatzungraum betrifft. Dort herrscht die Devise: Einsteigen und losfliegen. Aber auch die Motoren und die Fahrwerksschächte können sich sehen lassen. Vergessen wurde auch nicht der Waffenschacht im Rumpf. Der Bausatz ist eine einzige Superlative.
Aber wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten. So geht der Zusammenbau des gesamten Modells leider nicht ohne einige Probleme vonstatten. Alle Teile der komplexen Inneneinrichtung passen hervorragend. Vorsicht ist aber mit der Verwendung von aggressiven Flüssigklebern, wie Liquid- Poly geboten. Als die Sitzelemente damit geklebt wurden, traten leichte Auflösungserscheinungen bei dem Plastikmaterial auf.
Die Decals für die Funkanlagen und die sonstigen Konsolen wurden wegen ihres zu simplen Drucks nicht verwendet. Da alle Konsolen erhaben geprägt sind, ist die Gestaltung der Instrumente durch die Trockenmalmethode effektiver. Auch der untere Einstieg für die Besatzung ist komplett vorhanden.
Der Gewichtsblock aus Metall ist leider etwas zu voluminös gegossen ist. Der Rumpf geht vorne nicht zusammen. Also ist für Gewichtsersatz zu sorgen. Bei meinem Modell wurde auf den Einbau der Radaranlage verzichtet. Irgendwie würde dadurch die Geometrie der Black Widow zerstört werden. Also wurde der gesammte Block einfach in die Bugverkleidung eingepasst.
Der Rumpfbug gibt dann auch die nächste Irritation. Hobbyboss hat ihn nicht glatt über alles, sondern leicht abgestuft gestaltet.?! Auch die Passung der Kabinenhauben lässt etwas zu wünschen übrig. Reine Fleißarbeit ist das Abkleben der selbigen mit Tamiya-Band.
Ist der Mittelrumpf soweit komplettiert, geht es an den Zusammenbau der Tragflächen nebst Außenrümpfen. Alle Steuerflächen sind separat gefertigt, jedoch können sie nur in der Nullstellung montiert werden. Beeindruckend wirken die Sturzflugbremsen aus Messingmaterial. Aber nur wenn sie auch korrekt in ihrer Rundung gebracht werden können.
Vor dem Einbau der Radschächte sollten die Fahrwerksstreben, in unserem Fall die aus Weißmetall, schon fertig in den Schächten eingebaut sein. Auch hier macht sich später Ernüchterung breit. Nämlich dann, wenn man feststellt, das die großen Reifen aus gummiähnlichen Material an die Querverstrebungen der Fahrwerksbeine anstoßen. Die Lösung war dann, die Querstreben etwas höher auf die Halterungen der Fahrwerksbeine zu setzen.
Eine Augenweide sind die beiden Pratt&Whitney-R-2800-65 Sternmotoren. Diese sind mitsamt ihrer Aufhängung gestaltet. Wenn aber auch nur ein Millimeterbruchteil beim Einbau der Brandschotte der Motoren abgewichen wird, passt nichts mehr. An den vier Zusatztanks müssen die Treibstoffleitungen zu den unteren Flügeln hin verlängert werden. Sonst gibt es keine Verbindung dorthin.
Eine große Herausforderung ist die Montage von Flügeln, Mittelrumpf und Leitwerk. Da alle Komponenten schon fertig lackiert sind, und auch die Decals schon platziert wurden, muss die Montage auf Anhieb gelingen. Und das riesige Modell ist aufgrund der Menge an Gewicht auch nicht gerade leicht.
Apropos Lackierung: Bei der Black Widow sehen wir Schwarz... und bei Schwarz über alles an einem Flugzeugmodell dieses Maßstabs, ist es wichtig, zu nuancieren. Sonst verliert sich das Auge des Betrachters leicht im Nirgendwo. Aber nicht übertreiben! Wenn man nicht über die passende Literatur verfügt, kann man auch das Internet zu Rate ziehen . Das „Wie“ sollte aber jedem Modellbauer selbst überlassen werden.
Das Modell stellt die P-61 B „Lady of the Dark“ der 547th Nachtjagdstaffel dar, welche von Lt. Arthur Bourque geflogen wurde. Stationiert war die Einheit auf den Philippinen.
Wer sich von der „Schwarzen Witwe“ beißen lässt, braucht Erfahrung und viel Geduld. Lohn der Mühe des Bastlers ist ein hoch-detailliertes, wunderschönes Modell eines historischen Kampfflugzeuges, das ein außergewöhnliches Design vorweisen kann.
Hans- Jürgen Bauer, Berlin (Mai 2013)