Vorbild: Ursprünglich war die P-39 als Abfangjäger zur Sicherung und Luftverteidigung der kontinentalen US-Küsten gedacht. Unter dieser Einschätzung entstand ein Jagdflugzeug, das in geringen Höhen mit einer außergewöhnlichen Leistung aufwarten konnte. In der ursprünglichen Konstruktion von der Firma Bell Aircraft war ein Turboladermotor vorgesehen, der dem Flugzeug auch im Luftkampf in großen Höhen eine gute Leistung in Steigfähigkeit und Geschwindigkeit geben sollte.
Nach dem Erstflug der XP-39 im Jahre 1938 entschied das US Army Air Corps aber, den Allison V-171E4 Motor ohne Turbolader in die Maschine einzubauen. Dadurch verlor die Airacobra vieles an Leistung, was sie für einen Luftkampf mit ebenbürtigen Gegnern gebraucht hätte. Ansonsten war die Konstruktion der Maschine bahnbrechend für die damalige Epoche.
Der Motor, welcher so nahe wie möglich am Schwerpunkt des Flugzeugs eingebaut wurde, ermöglichte auch erstmalig den Einbau eines Bugrades bei einem Jagdflugzeug. Und die lange Antriebswelle zum Propeller ließ im Bugraum genügend Platz um eine von Oldsmobil entwickelte T-9 Flugzeugkanone mit einem Kaliber von 37mm einzubauen. Eine weitere Novität war der seitliche Einstieg des Piloten ähnlich wie durch eine Autotür.
Bausatz: Ein durchweg interessantes Flugzeug also, welches nun dank der Zusammenarbeit des Marktführers Revell mit Special Hobby aus Tschechien auch im Großmaßstab 1:32 erhältlich ist. Das ist insofern auch erfreulich, weil der ursprüngliche Bausatz von Special Hobby im normalen Handel nur schwer aufzutreiben war. Auch der Preis reduziert sich bei der Ausführung von Revell um fast die Hälfte. Trotzdem muss bereits jetzt darauf hingewiesen werden, dass zwar der Geldbeutel des geneigten Bastlers geschont wird, aber sicher nicht seine Nerven beim Zusammenbau des Modells.
Dabei machen die über 160 Einzelteile unserer Airacobra erst einmal den Eindruck, als könnten sie kein Wässerlein trüben. Schöne saubere Gravuren, die fein und exakt gestaltet sind. Auch von allzu viel Grat ist vorerst nichts zu bemerken. Das ändert sich aber, wenn es später darauf ankommt, den Rumpf mit den Tragflächen zu verbinden.
Bau: Bei den Flügeln fängt das Problem schon damit an, die vier unteren Lufteinläufe einzupassen. Jetzt sollte die Spachtelmasse zum besten Freund des Projektes Airacobra werden. Die Flächen müssen unbedingt auch an den Hinterkanten dünner geschliffen werden. Die Hochzeit von Rumpf und Flügeln erfordert, wie bereits erwähnt, viel Geduld hinsichtlich Anpassung bzw. Ausrichtung, wozu eine Menge an Schleif-und Spachtelarbeit erforderlich ist. Vor allem ist es wichtig, dass die Flügelwurzeln bündig mit dem Rumpf abschließen, wobei auf die korrekte V-Stellung der Tragflächen zu achten ist.
So, nun noch ein wenig nachgravieren und die wichtigste Hürde ist geschafft. Erfreulicherweise ist der Einbau der Fahrwerksschächte wie auch des Cockpits völlig unproblematisch. Das Cockpit wurde bei unserem Modell mit dem hervorragenden Ätzteilesatz von Eduard aufgewertet. Die Bausatzausführung verfügt zwar über alle nötigen Teile, doch sind diese etwas grob dargestellt und die beiden Türen sind leider völlig detaillos.
Die Gabel des Bugrades ist aus fünf Teilen zu erstellen und soll dem mit viel Gewicht belasteten Modell Stabilität geben. Das ist nicht so einfach, zumal alle Teile auch noch stumpf eingeklebt werden sollen. Die Verwendung von Sekundenkleber-Gel ist hier angebracht. Um das Hauptfahrwerk sicher zu befestigen, wurden jeweils noch zwei Stützstangen, aus normalem Blickwinkel fast unsichtbar, eingebaut.
Sämtliche Rohre der Bewaffnung wurden vorne aufgebohrt und zwar mit einem spitzen Skalpell. So besteht weniger die Gefahr des Abrutschens als mit einer Bohrmaschine. Die durchsichtigen Positionslichter, nach japanischer Art auf den Flächenenden montiert, wurden mittels eines Zahnstochers auf ihre Position gebracht. Dieser wurde vorher durch Anreiben erwärmt, wodurch ein "Magneteffekt" entstand, der die winzigen Klarsichtteile dahin beförderte, wo sie hingehören, nämlich auf das Flugzeug und nicht auf den Teppichboden.
Richtig mutig von Revell ist die äußerst attraktive Bemalungsvariante einer P-39D der 36th Fighter Squadron, die 1943 auf Neu Guinea stationiert war. Die riesigen Pin-Up Girls auf den Rumpfseiten der Maschine wirken in Verbindung mit dem weißen Früherkennungsanstrich so spektakulär, dass trotz der Gefahr eines moralischen Zeigefingers nicht auf diese Präsentation der Maschine verzichten wurde.
Und dann wäre auch noch die "politisch" völlig korrekte Variante der anderen Airacobra zu erwähnen, die ebenfalls der 36th Fighter Squadron angehörte. Die Decals sollten so weit wie möglich von ihrem Trägerfilm befreit und mit Weichmacher verarbeitet werden.
Fazit: Gelangt der Bausatz in die Hände eines versierten Modellbauers ist eine sehr schöne Replik der P-39 im großen Maßstab möglich. Wer allerdings wenig oder keine Erfahrung mit dieser Art von Modellbau hat, sollte die Finger von dem Modell lassen. Trotz dieser Einschränkungen ist es zu begrüßen, dass Revell auch solche Short-Run Modelle aus Tschechien das Programm aufnimmt.
Hans-Jürgen Bauer, Berlin (April 2013)