Vorbild: S-300 ist die Sammelbezeichnung für einen Flugabwehrraketenkomplex (FlaRak-Komplex) des russischen Rüstungsherstellers NPO Almas (heute Almas-Antei). Es existiert eine Vielzahl von Varianten. S-300-Systeme wurden bereits in der Sowjetunion zur Abwehr oder Bekämpfung gegnerischer Kampfflugzeuge und Marschflugkörper konzipiert. Neuere Versionen sind zur Bekämpfung ballistischer Raketen und LO-Fluggeräten geeignet.
Das erste System S-300P (NATO-Codename: SA-10A Grumble) wurde 1978 von der sowjetischen Luftverteidigung in Dienst gestellt. Gegenüber den Vorgängersystemen S-75 und S-200 zeichnet sich dieser Komplex durch eine Phased-Array-Antenne und deutlich leistungsfähigere Elektronik aus. Die derzeit modernste Variante ist das S-400-System (NATO-Codename: SA-21 Growler), welches ca. ab dem Jahre 2004 verfügbar war und eine Weiterentwicklung der S-300 Familie darstellt.
Seit den 1970er-Jahren wurden mehrere verschiedene S-300-Systeme mit unterschiedlichen Raketen, verbesserten Radarsystemen, verbesserten ECCM-Eigenschaften und höherer Treffgenauigkeit, vor allem gegen tieffliegende Ziele und ballistische Raketen entwickelt. Im Wesentlichen sind drei Hauptvarianten zu unterscheiden.
(1) S-300P
Der Komplex S-300P (NATO-Codename: SA-10 Grumble) wurde als sogenannter FlaRak-Komplex großer Reichweite vorrangig für die Einheiten und Verbände der Luftverteidigung (PWO) entwickelt, um strategische Ziele sowohl gegen strategische Luftangriffsmittel, aber auch gegen Marschflugkörper zu verteidigen. Gleichzeitig wurde die Modifikation S-300PT-1 und S-300PT-1A als mobiles System zum Schutz der Streitkräfte am Boden bereitgestellt. Es können Luftziele bis zu einer Entfernung von 75 km bei einer maximalen Flughöhe von 25 km bekämpft werden.
Entwicklungsstufen:
(2) S-300F
Die S-300F Fort (NATO-Codename: SA-N-6) wurde 1984 als schiffbasierte Version der S-300P mit der neuen 5W55RM-Rakete eingeführt. Mit 90 km und 6.120 km/h waren Reichweite und Höchstgeschwindigkeit deutlich erhöht. Die Gipfelhöhe wurde dagegen auf 25 km reduziert. Die Marineversion setzt verschiedene Radar- und Funkfernsteuerungssysteme ein. Installiert und auf See erprobt wurde das System auf Kreuzern der Kara- und Slawa-Klasse. Die 5W55RM-Rakete wird in sechs oder acht Raketen fassenden, rotierenden Raketenwerfern unter Deck aufbewahrt.
Die Weiterentwicklung S-300FM Fort-M(NATO-Codename: SA-N-20) wurde 1990 eingeführt.
(3) S-300W
Das S-300W-System (NATO-Codename SA-12A Gladiator und SA-12B Giant) wurde für die Truppenluftabwehr entwickelt. Sämtliche Komponenten sind auf Kettenfahrzeugen untergebracht. Das S-300W-System ist hochmobil und auf die Bekämpfung ballistischer Raketen ausgelegt. Das S-300W-System war bei seiner Indienststellung das erste einsatzfähige mobile Raketenabwehrsystem weltweit. Später erfolgte eine Weiterentwicklung zum deutlich leistungsgesteigerten S-300WM-System (Antey 2500, NATO-Codename SA-23 Gladiator / Giant).( siehe Literatur und Wikipedia)
Die NVA erhielt 1989 einen S-300PMU-Komplex mit vier Hauptrampen 5P85SU und acht Nebenrampen 5P85DU (eine Hauptrampe steuerte im Normalfall zwei Nebenrampen), eine NWO 76N6 mit Mastanlage 40W6M auf Auflieger mit MAZ-537 und KraZ-260 als Zugmaschinen, eine RPN 30N6-1 auf MAZ 7910 mit Extramastanlage 40W6M, zwei 5T99 Lademaschinen und eine Reihe weiterer Fahrzeuge und Geräte ( z.B eine ST-68U auf Auflieger). Weitere Informationen siehe Literatur [3].
Bausatz: Modelcollect hat in seiner Reihe sowjetischer bzw. russischer Raketentechnik auch die S-300P herausgebracht. Dieser Bausatz zeigt eine Nebenrampe 5P85D bzw. 5P85DU des Systems S-300PM/PMU (nach Kartonaufschrift), wobei die PMU eigentlich eine Exportvariante der S-300PS ist und aus der zweiten Hälfte der 80er Jahre stammt. Die S-300PM ist wiederum eine Weiterentwicklung der PS mit neuer Elektronik, neuen und weiterenwickelten Radargeräten, Kommunikationsgeräten, Führungsmitteln und Raketen. Welche optischen Auswirkungen hat das auf die Nebenrampe ??
Die neuen Raketen der S-300PM (z.B 5V55RD) waren etwas länger als die der S-300PS/PMU (z.B 5V55KD), es gibt längere Startbehälter, wobei nicht klar ist, ob die neuen Raketen diese hatten. Hier und bei anderen Fragen hilft nur eine ausführliche Recherche, trotzdem werden Fragen offen bleiben zu den optischen Unterschieden der verschiedenen Varianten der Rampen. Jedenfalls sieht die Hauptrampe wie eine Hauptrampe aus und der MAZ wie ein MAZ.
Der Bausatz enthält neun graue Spritzlinge (Spritzling I ist zu den Hauptrampenspritzlingen hinzugekommen), 1 graues Fahrerhaus als einzelnes Großbauteil, 9 Reifen aus einem Gummimaterial (leider), einen durchsichtigen Spritzling, 2 photogeätzte Platinen sowie einen Decalbogen. Die gut zu studierende Bauanleitung ist farbig gedruckt. Die allgemeine Qualität der Bausätze ist hoch. Auswerfermarken an falschen Stellen, Sinkstellen sowie Flash sind nur in äußerst geringem Maße vorhanden. Über die Passgenauigkeit kann hier noch nichts gesagt werden, das wird erst der Bau zeigen.
Der Problematik der gut detaillierten Gummiräder ist eine erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken; bei anderen Bausätzen wie E-50, E-75 und diversen T-64, T-72 und T-80 hat man die Gummiketten bereits durch Segmentketten aus Plast ersetzt (was ich sehr begrüße), es wäre schön wenn man die Gummiräder durch welche aus Plast ersetzt bzw. als 2. Alternative mit anbietet. Die geätzten Platinen sehen gut aus und enthalten mehr Bauteile, als man laut Bauanleitung verbauen soll. Dabei ist der recht prägnante Schutz des Dachscheinwerfers (PE 72037-4) doch sehr willkommen. Dafür fehlen die markanten Scheinwerferschutzgitter, diese findet man erst auf der Platine 72043 und diese ist erst in den neuen Modellen MAZ 7911 (Moco 72064) und MAZ 7410 (Moco 72048) vorhanden. Vielleicht wird sie ja späteren Auflagen beigelegt. Die Faltung der Raketenflügel sollte man sich in der Fachliteratur anschauen, die ist hier im Modell falsch. Das wars aber schon mit der Maulerei.
Bemalungsvarianten: Die Bauanleitung zeigt als Tarnvorschlag vier nicht näher definierte Fahrzeuge in unterschiedlichen Tarnschemen. Als spezieller Farbmischer wird MiG genannt.
Fazit: Ein empfehlenswerter Bausatz, aufgrund der Ätzteile sowie der Gummiräder ist er eher für den fortgeschrittenen Modellbauer geeignet.
Erhältlich ist dieser Bausatz im gut sortierten Fachhandel oder für Händler bei glow2b.
MKT (Juni 2017)
Literatur:
[1] | Newskij Bastion 3 "S-300", russ. | |
[2] |
Serie in den Heften Technika i Wooruschenije 2004-07 bis 2004-12 "System S-300P", russ. | |
[3] | Biedermann et.al. "Der Fla-Raketenkomplex S-300PMU in der NVA", Steffen-Verlag, 2012 | |
[4] | S-300 Familie bei DTIG |