Iljuschin Il-2 Schturmowik

Zvezda 4825 - 1/48

Vorbild: 1936 wurde in der luftfahrt- und technologiebegeisterten Sowjetunion von der obersten Führung die Forderung nach einem gepanzerten Mehrzweckkampfflugzeug erhoben. Im Mai 1938 wurde Iljuschin mit dem Bau eines Prototyps beauftragt, obwohl er zunächst gar nicht zum Kreis der Anwärter gehörte. Richtungsweisend wurden die ersten Maschinen als zweisitzige Flugzeuge entworfen. Im Oktober 1939 machte der erste Prototyp unter der Bezeichnung ZKB-55 seinen Erstflug. Kurz vor der Aufnahme der Vorserienproduktion wurde die Spezifikation in ein einsitziges Flugzeug geändert. Im Oktober 1940 machte ein entsprechend umgebauter einsitziger Prototyp mit einem leistungsstärkeren Triebwerk Mikulin AM-38 und einer das Triebwerk, Motor, Tank und Besatzungsraum umfassenden schweren Panzerung von 15% des Gesamtgewichts den Erstflug. Der Serienbau wurde wegen auftretender Widerstände von Stalin persönlich im Dezember 1940 angeordnet, der Serienbau begann im Januar 1941 in Woronesh.
Nach dem Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion am 22.Juni 1941 erlitten die mit der Il-2 ausgerüsteten Verbände schwere Verluste: kein oder unzureichender Jagdschutz, keine ausgearbeiteten Grundsätze der Einsatztaktik, nur unzureichend ausgebildete bzw. erfahrene Flugzeugführer und die fehlende Defensivbewaffnung nach hinten waren wesentliche Gründe. Dem entgegen stand die hohe Beschussunempfindlichkeit durch die ausgeprägte Panzerung lebenswichtiger Baugruppen. Aufgrund dieser Erfahrungen kehrte Iljuschin im Frühjahr 1942 zum ursprünglichen Konzept eines zweisitzigen Flugzeugs mit Abwehrbewaffnung nach hinten zurück, die Produktion lief im Herbst 1942 an. Viele existierende Einsitzer wurden durch Umbausets oder improvisiert mit dem Abwehrstand nach hinten umgerüstet. Ab 1943 erhielt die Il-2 wegen der veränderten Schwerpunktlage einen leicht gepfeilten Tragflügel.
Die besten Erfolge erzielte die Il-2 im geschlossenen Verband gegen Flächenziele, für Sturzflug- bzw. klassische Bahnneigungsangriffstaktiken über 30° war die Il-2 nicht geeignet, die Visieranlage war sehr ungenau und der Bordwaffeneinsatz führte zu starken Vibrationen und entsprechenden Ungenauigkeiten.
Die Angaben über die Produktionszahl schwanken zwischen ca. 31 bis über 36.000 Exemplaren, davon gingen im Krieg ca. 23.000 verloren, über 12.000 im Gefecht. Ca. 7.800 Piloten starben. Die Verlustrate der Abwehrbesatzungen, die dem Feindfeuer weitgehend ungeschützt ausgesetzt waren, lag wesentlich höher. Die Verlustquote des Flugzeugs lag bei 53 Einsätzen. Ab Frühjahr 1945 wurde die Il-2 durch die ähnlich konzipierte Il-10 abgelöst. (nach Wikipedia)

Bausatz: Nach Accurate Miniatures (1997) und Tamiya (2012) ist dies der dritte Anlauf für ein hochklassiges Spritzgussmodell im Sammlermaßstab 1/48. Die diversen Varianten von AccMin waren schwer zu bauende Expertenmodelle, die mehrere Ungenauigkeiten im Detail aufwiesen. Sie sind heute noch bei diversen Herstellern als Re-box erhältlich. Das Tamiya Modell erschien nur in einer Variante, ein in jeder Hinsicht erstklassiges Modell zu einem horrenden Preis. Die vorliegende Zvezda-Interpretation der Il-2 ist im Preis moderat bis günstig und in der Ausführung durchaus auf Tamiya-Niveau.

In dem labbrigen (wie von dem deutschen ehemaligen Weltmarktführer bekannt), aber stilvoll gestalteten Stülpkarton befindet sich ein stabiler top-open-Karton (zu öffnen mit Seitenlaschen) mit folgendem Inhalt:
Neben einer gehefteten 12-seitigen s/w Bauanleitung, einem doppelseitig bedruckten A4-Hochglanzdruck mit vier farbigen Bemalanleitungen, einem großen Plastikbeutel mit insgesamt fünf Spritzrahmen für die Einzelteile findet sich noch ein Zip-Beutel mit den Klarsichtteilen und der Abziehbilderbogen.

Die mittelgrauen Plastikteile weisen durchweg eine sehr gute Oberflächendetaillierung auf. Plane Oberflächen sind nicht auf Hochglanz poliert und weisen im Trend der Modellbaumode liegend eine Mikro-Eierschalenhaut auf. Wer es nicht mag, poliert es eben weg. Die Abstimmung zwischen core und cavity (die beiden Werkzeug-Formenhälften) ist gut, Grat wurde nicht entdeckt und die Auswerfermarkierungen liegen nicht in störenden Bereichen. In vereinfachter Form die Hauptmontageschritte in ihrer Reihenfolge:
Triebwerk, Cockpit, Kühlungsschacht > Rumpfmontage > Hauptholme (2x), zentraler Unterflügel, Fahrwerkschacht und Bombenschacht Seitenwände > zentrale Oberlügel li., re. > Heckgruppe Leitwerke, Spornradgruppe > Außenflügel > Fahrwerk > Fahrwerksverkleidung, Kühler, Motorabdeckung > restliche Außendetails.

Die Variationsmöglichkeiten im Bausatz beziehen sich auf die Bewaffnungsoptionen (Bomben für die Waffenschächte, 132 mm und 82 mm Raketen unter den Flügeln, 20 mm SchwAK oder 7,62 mm SchKAS Rohrwaffen für die Flügel), den optionalen Sandfilter (eigentlich erst bei den Zweisitzern verbaut), großes und kleines Spornrad.

Ist der Ersatz von Bauteilen durch den Zubehörmarkt zwingend erforderlich? Ich tendiere zu einem Ja. Das betrifft die Auspufftöpfe, die in Ermangelung der Abspritztechnik (kein Slide-Molding wie z.B. bei Eduard) aufgrund ihres ovalen Querschnitts nicht so einfach aufzubohren sind.

Die Propellerblätter weisen immerhin eine an das Original angelehnte Schränkung auf, sollten aber dünner geschliffen werden.

Die glasklaren, schlierenfreien und hinreichend dünnwandigen Klarsichtteile liegen für drei frühe, im Detail abweichende Varianten vor. Leider gibt es keine Landescheinwerferverkleidung für das erste Baulos mit zwei Scheinwerfern.

Anleitung/Bemalung: Die reine Graustufen-Bauanleitung auf Billigstpapier wirkt etwas antiquiert, ist aber sachlogisch und übersichtlich gegliedert, auf der Rückseite gibt es eine wertvolle Übersicht für Wartungsmarkierungen. Die Bemalanleitung verweist auf die Farbsysteme von Zvezda und Humbrol. Wünschenswert wären Farbangaben im historischen, sowjetischen Farbsystem und als Bezugsgröße Annäherungswerte für das Federal Standard-System, da sich viele Modellbauer daran orientieren und Verweise auf weitere gängige Farbsysteme.

Die versatzfrei gedruckten, glänzenden Abziehbilder scheinen im Hause Begemot gedruckt worden zu sein (kein ausdrücklicher Hinweis). Das bürgt für gute Verarbeitbarkeit. Sie ermöglichen den Bau von vier Maschinen.

Fazit: Das Preis-Leistungsverhältnis zu beurteilen ist immer eine anmaßende Angelegenheit und frei von jeglicher Objektivität. Aber hier kann gesagt werden: OK (im amerikanischen Sinne), zugreifen und den Bastelspaß genießen. Die Gesamtauslegung des Bausatzes lässt noch die zweisitzigen Varianten Il-2m und m3 erwarten.

Erhältlich bei gut sortierten Modellbauhändlern.

Andreas Beck (März 2021)

Literatur: