Vorbild: Die LFG (Luftfahrzeug-Gesellschaft), die später ihren Namen in Roland änderte, um Verwechslungen mit der LVG (Luft-Verkehrs-Gesellschaft) zu vermeiden, war für den für 1915 hochentwickelten Roland C.II "Walfisch" Zweisitzer verantwortlich. Es wurde großer Aufwand in die Aerodynamik des Walfischs gesteckt. Dies führte zu einem glatten Rumpf mit vielen Kurven und der Montage der oberen Flügel am Rumpf um den Luftwiderstand zusätzlicher Streben zu vermeiden. Der glatte aerodynamische Rumpf wurde in 2 Hälften aus 2 Schichten dünner Sperrholzstreifen erstellt, wobei jede Schicht in einem entgegengesetzten Winkel von etwa 60 Grad über einem Bock aufgebracht wurde. Nach Fertigstellung wurde jede Hälfte des Rumpfes verklebt und auf das innere Gerüst geklebt, die Mittelliniennähte verklebt und dann der gesamte Rumpf schließlich mit Stoff überzogen.
Der Prototyp Roland C.II ging im Oktober 1915 in die Luft und erwies sich als 30 km/h schneller als andere vergleichbare Flugzeuge und schneller als die meisten Einsitzer. Sein glatter aerodynamischer Rumpf, der 160 PS starke Daimler-Mercedes-Motor und seine geringe Größe ermöglichten es ihm, seine beabsichtigten Aufgaben der Aufklärung und Artilleriefeuerleitung in dem Wissen zu erfüllen, dass er fast allen feindlichen Flugzeugen entkommen konnte. Jedoch behinderte der tiefe Rumpf den Luftstrom über das Heckleitwerk, was die Manövrierfähigkeit beeinträchtigte. Die Flügel behinderten die Abwärtssicht des Piloten, was zu vielen Landeunfällen führte. Die meisten Roland C.II/C.IIa waren Mitte 1917 aus dem Frontdienst ausgeschieden. (nach: Wingnut Wings)
Bausatz: Der Karton ist ist mit einem sehr schönen Bild versehen und von oben zu öffnen. Der Guss ist einwandfrei. Zur Auswahl stehen fünf verschiedene Versionen der Roland C.II, die sich nicht nur in den Wasserschiebebildern, sondern auch bei verschiedenen Bauteilen unterscheiden.
Der 48-teilige Daimler-Mercedes D.III-Motor ist eine Pracht. Diverse Resinteile aus dem Zubehörhandel können den Motor weiter aufwerten.
Ebenfalls beigefügt sind ein Beute-Lewis-Maschinengewehr (dafür gibt es Ätzteile) sowie Fotoapparat, Verbandskasten, Brieftaubenkasten, Klappleiter, Anstellleiter, Teddybär (Pilotenglücksbringer) sowie ein Anemometermodell aus Plastik. Dieses Anemometer liegt sowohl als normale Version wie auch als Modell im "Fischdesign" vor, wie es auf zeitgenössischen Fotografien einer Maschine gesichtet wurde.
Interessant ist auch der Aufbau des Cockpits mit Sitzen und Bedienungselementen. Diese erden in einen Strebenrahmen gesetzt und erst anschließend in die zwei Rumpfhälften eingebaut. Für die Sitze gibt es geätzte Gurte.
Die Klarsichtteile sind spärlich und einwandfrei. Die Roland hatte insgesamt vier Beobachtungsfenster.
Bauanleitung/Bemalung: Die Bauanleitung ist farbig, übersichtlich und hoch informativ. Es werden Originalfotos mit Erläuterungen abgedruckt. Enthalten sind die Wasserschiebebilder für die fünf Bemalungsvarianten. Der historische Hintergrund jeder Variante wird erklärt.
Laut Wingnut Wings hält die gängige Meinung einer blass-blauen Roland C.II einer genauen Prüfung nicht stand. Sie begründen dies wie folgt: Die Roland C.II erschien zu einer Zeit, als Tarnung gerade erst auf deutschen Flugzeugen eingeführt wurde. Das Innere des Rumpfes wurde mit einer Farbe versiegelt, die höchstwahrscheinlich bläulich-grau (oder möglicherweise grau-grün) war, mit Metallhalterungen und Armaturen, die grau-grün, schwarz oder mit der Innenfarbe übermalt waren. Das Äußere des Rumpfes, der Metallplatten und -armaturen usw. des Roland C.II und des frühen C.IIa wurden alle in der Fabrik in einer einheitlichen blassen Farbe lackiert, deren genaue Farbe von den Piloten mit "hellblau", "creme" und "hellgelb" bezeichnet wurde. Die Oberseiten vieler früher leinenbedeckter deutscher Flugzeuge erhielten einen Überzug aus weißer oder blasscremiger gelber Farbe, um das Gewebe vor harten UV-Strahlen zu schützen, und viele Roland C.II scheinen diese Behandlung erhalten zu haben. Zusätzlich wurden viele Roland C.II im Feld getarnt, zunächst mit getönten grünen oder braunen Glasuren und später mit ähnlich farbigen opaken Tarnfarben. Es ist wohl selten, dass der Hersteller eines Bausatzes zugibt, dass er die korrekte Bemalungsweise nicht kennt und nur Vermutungen dazu anstellt. Einige Modellbauer könnten davon abgeschreckt werden. Tatsächlich liegen die verschiedenen Farbvarianten nicht weit auseinander und hängen auch vom Farbempfinden des Betrachters ab.
Fazit: Das Modell ist von Wingnut Wings-typischer Qualität und besticht durch sein besonderes Design mit Fenstern und tiefliegenden Flügeln. Es gehört jedoch nicht zu den farbenfrohen Doppeldeckern und ist nicht so spektakulär wie andere Modelle des Herstellers. Holzmaserung und große naive Seitenbemalung sucht man vergeblich, wenn man das kleine Gebiss und die Augen am Bug nicht zählt. Die einen mögen das, die anderen suchen etwas Besonderes. Diese finden die Variante mit im Feld aufgesetztem, nach vorne schießendem Maschinengewehr, das mit Schnüren am Abzug abgefeuert wird.
Das Modell enthält ein Beute-Maschinengewehr und weiteres auch ungewöhnliches Zubehör. Damit könnte es mit einfachen Mitteln zu einem sehr interessanten Diorama werden. Flieger- und Mechanikerfiguren finden sich unter anderem bei Black Dog und Kellerkind Miniaturen.
Der Bausatz ist derzeit schwer erhältlich. Er ist im laufenden Programm des Herstellers, muss jedoch seinen Weg nach Europa finden. Wingnut Wings hat wegen Corona vorläufig den Versand eingestellt. Der Preis lag bisher bei ca. 119 Euro. Zu beobachten ist, dass der Preis für lieferbare Modelle auf Handelsplattformen angestiegen ist.
Erhältlich bei gut sortierten Modellbauhändlern.
Burkhard Kötke, Mai 2020