Das Flugzeug: Vor nunmehr fast 59 Jahren hob die Mirage III-001 erstmals am 17. November 1956 ab. Die Version IIIC folgte im Oktober 1960 und die hinter dem Cockpit verlängerte IIIE im April 1961. Mitte der Sechziger folgte auf Basis der IIIE die für die Bodenunterstützung optimierte Mirage 5. Nach dem sogenannten 6-Tage-Krieg im Juni 1967 verhängte Frankreich ein Waffenembargo gegen den Aggressor Israel, das zur Ergänzung seiner IIIC Flotte 50 Mirage 5J und zwei 5DJ geordert hatte.
Ob mit geheimer französischer Unterstützung oder auch nicht gelangten die Pläne für die Zelle und das Atar 09C Triebwerk nach Israel, wo beide Komponenten ohne Lizenzierung gebaut wurden Von der nun "Nesher" (Adler) genannten Maschine wurden 51 Einsitzer und 10 Zweisitzer gebaut. Im Oktober-Krieg 1973 nahm Ägypten, zunächst sehr erfolgreich, die israelisch besetzten Gebiete östlich des Suez Kanals ein. Die Nesher spielte in diesem Krieg neben der F-4 und der A-4 auf israelischer Seite eine große Rolle.
Zwischen 1978 und 1982 wurden ca. 35 Nesher nach Argentinien exportiert und erhielten dort den Namen Dagger (A und B). Sie ergänzten die argentinische IIIEA Flotte und trugen während des Krieges mit dem Vereinigten Königreich um die Malvinas (Falklands) 1982 eine große Last der Kämpfe auf argentinischer Seite. Zur Kompensierung der 11 in dieser Auseinandersetzung verloren gegangenen Dagger kaufte Argentinien 10 peruanische Mirage 5P, die modernisiert nun als "Mara" bezeichnet werden. Die noch aktiven Dagger wurden ebenfalls modernisiert und in einigen Bereichen auf den Standard der IAI Kfir gebracht. Diese Flugzeuge erhielten die Bezeichnung "Finger". Später erhielt Argentinien zur Aufrechterhaltung seiner Mirage-Flotte noch etwa 20 Mirage III CJ.
Der Bausatz: Mit Porto und Verpackung sind € 80.- für einen nicht sehr großen 48er Jet wirklich nicht leicht aus der Geldbörse gezogen. Also wird gewogen - und nicht für zu leicht befunden. Neben dem Plastik (identisch mit Kinetic #48050 Mirage IIIE/O/R/RD/EE/EA nebst der entsprechenden Bauanleitung) gibt es jede Menge Resin, ein gedrehtes Pitot-Rohr und AoA Sensor, Maskierfolie, zwei kleine Ätzplatinen, zwei große Decal-Bögen, eine mehrseitige Farbanleitung mit jeder Menge Zusatzinformation und eine mehrseitige mit umfangreichen Erläuterungen gespickte Montageanleitung für alle Zusatzelemente und z.T. Ursprungsteile.
Unabhängig von der Wahl des Vorbilds bleiben nach dem Bau des Modells noch reichlich Teile übrig: Mindestens ein Schleudersitz und eine Rumpfnase, eventuell einige Außenlasten und Kleinteile sowie eine immer noch überwältigende Menge von Decals für mehr als eine Maschine. Dafür bietet sich geradezu der demnächst auch auf dem hiesigen Markt aufschlagende Kinetic-Kit 1/48 Mirage IIIEBR / IIIEA / IAI M5 Dagger South America an. Doch gehen wir den Bausatz der Reihe nach durch.
Der Originalbausatz: Die Oberflächenstruktur ist etwas gröber als bei einem Hasegawa-Kit aber immer noch besser als bei einigen berüchtigten chinesischen Produkten. Nach Kinetic-Maßstäben eindeutig der beste Versuch verglichen mit allen bisherigen Kits. Aufgrund der vielen Varianten der Mirage III/5 Baureihe gibt es jede Menge Kleinteile, die Rumpfstruktur ist etwas zerklüftet. Sorgfältiges Bauen und Trockenanpassung sind gefragt, die Befolgung dieses Rates wird mit Sicherheit belohnt. Viele Teile müssen nach dem Abtrennen versäubert werden.
Unschön ist die Aufteiling der im Querschnitt halbrunden äußeren Lufteinlaufverkleidungen. Die unteren "letzten" 10% sind Bestandteil des durchgehenden Unterflügels. Bleibt man bei der Montage nach Vorgabe durch die BA, so wird eine kleine Hässlichkeit fast zwangsläufig entstehen. Der Gegenvorschlag: Den genannten Bereich aus dem Unterflügel aussägen und mit den Lufteinlaufverkleidungen verkleben, gut durchtrocknen lassen und dann sauber verschleifen. Den Spanungsspalt nach der Montage verspachteln und säubern. Vielleicht etwas aufwändig, aber kosmetisch wertvoll. Weitere nützliche Hinweise findet man im Thread zu diesem Kit auf den Forumsseiten unserer Kollegen von aircraftresourcecenter.com.
Die Resinteile: Im Besprechungskit sind alle Teile unbeschädigt und ohne Verformung vorgefunden worden. Hersteller ist Wingmans israelischer Partner. Die Qualität der Abgüsse ist ohne Tadel. Einer der Schleudersitze MB Mk.4 oder Mk.6 und eine der Nasen für die Nesher oder die Finger (Kfir-Stil) bleibt übrig. Sollte ein zweiter "Parallelbausatz" in Angriff genommen werden, so können die Resinteile durchaus als Vorbild für eine Verfeinerung der Spritzgussteile unter Anwendung von "Hausmitteln" dienen.
Die Decals: Sie kommen nicht mehr aus dem Hause Cartograf in Italien. Dort hat man nach einigen produktionstechnischen Neuerungen heftig an der Preisschraube gedreht - und nicht nur Wingman ist auf der Suche nach Alternativen. Im graphischen Bereich kann der tschechische Hersteller bezüglich Randschärfe, Feinheit in Details, Versatzfreiheit und genauer Überfüllung durchaus mit Cartograf mithalten. Nicht gefallen haben die Farbtöne für die Kennungen einiger argentinischer Mirages sofern sie nicht schwarze Buchstaben/Zahlen haben, sondern in komplementären Tarnfarbtönen an den Flugzeugen aufgebracht waren. Die Farben sind zu dunkel und müssten einen höheren Grauanteil haben. Da hilft nur Ausschneiden und als Schablone verwenden und mühsam die Ränder nachspritzen. Der Trägerfilm der Decals wurde noch nicht auf Verträglichkeit mit den diversen Weichmachern und Setting-Solutions getestet.
Die Farbanleitung, so wie die Zusatz-Montageanleitung auf gutem Papier für Farbkopierer doppelseitig und farbig bedruckt, enthält Markierungsvorschläge für 7 israelische Nesher (1972 bis 1977), 11 getarnte argentinische Dagger (1980 bis 1984), 2 getarnte Finger (1983/84), 3 graue Finger (2010 bis 2012) und eine getarnte Mara (Ende 80er). Eine Seite ist Erläuterungen zur Farbgebung argentinischer Maschinen insbesondere den Zusatztanks gewidmet und eine Seite präsentiert scharfe aussagekräftige Detailaufnahmen.
Die ergänzende Zusatzanleitung umfasst 8 Seiten in einem übersichtlichen und in der Aussage klaren Graphiken zur Montage, Bemalung und mit interessanten zusätzlichen Informationen zum Original sowie weiteren drei Fotos zur Bewaffnung (Shafir 2 Missile).
Die Ätzteile sind relativ dick und stabil wie wir es von Italeri Bausätzen kennen. Für die vorgesehenen Zwecke geht das völlig in Ordnung. Die Messingdrehteile stammen von Master und sind von der üblichen sehr guten Qualität. Die Maskierfolie ist aus Kabuki-Krepp, die Passgenauigkeit wurde nicht getestet.
Fazit: Glückwunsch an das Wingman Team und Andreas Klein die mit großer Akribie und Herzblut einen guten aber keineswegs perfekten Normalbausatz zu großem Glanz gebracht haben.
Der Bausatz wurde aus der eigenen Tasche bezahlt.
Andreas Beck, Berlin (August 2015)