Vorbild: Reichenberg-Gerät war die Tarnbezeichnung für eine bemannte Fieseler Fi 103-Version, die im Zuge dieser Entwicklung im Zweiten Weltkrieg gebaut wurde. Sie wurde auch als V4 bezeichnet und war eine als Selbstopfer-Waffe modifizierte V1. Auch die Japaner griffen dieses Prinzip im Rahmen der Kamikase-Einsätze auf und stellten die Yokosuka MXY-7 her.
Im Sommer 1944 übernahm die DFS (Deutsche Forschungsanstalt für Segelflug) in Ainring die Aufgabe der Entwicklung einer bemannten Version Fi 103. Innerhalb weniger Tage konnte ein Testmuster erstellt werden. Das Versuchsfluggerät diente der Erprobung der Tauglichkeit der Konstruktion und der Aerodynamik. Die Maschine wurde zu Schulungszwecken sogar in einer doppelsitzigen Version gebaut und benutzt. In Dannenberg wurde eine Produktionslinie aufgebaut. Insgesamt wurden rund 175 modifizierte V1 hergestellt, die meisten bei der Luftmunitionsanstalt Neu Tramm.
Die Modifikation bestand in der Ergänzung eines rudimentären Cockpits direkt vor dem Pulso-Strahlrohr. Die hier standardmäßig verbauten zwei Druckluftzylinder wurden durch einen ersetzt, der anstelle des ausgebauten Autopiloten platziert wurde. Die Kabinenhaube hatte vorne Panzerglas, obwohl ein Überleben des Piloten nicht vorgesehen war. Daran schloss eine stromlinienförmig verbreiterte vordere Stütze für das Argus-Rohr an. Die Flügelvorderkanten wurden verstärkt, um Seile von Sperrballons durchschneiden zu können. Der Einsatz sollte paarweise von He 111 erfolgen. Die Piloten sollten die Flugbombe nahe ans Ziel steuern und wenn möglich kurz vor dem Einschlag aussteigen, eine eher theoretische Option.
Es gab ernste Anstrengungen, das Reichenberg-Gerät als Selbstopfer-Waffe zu benutzen. Dazu wurde die Militäroperation Selbstopfer ins Leben gerufen. Die Piloten wurden im Kampfgeschwader 200 in der sogenannten Leonidas-Staffel zusammengefasst. Neben der Fi 103A-1 wurde auch eine mit 900kg Bombe versehene Me 328 für die Einsätze in Erwägung gezogen, die grundsätzlich als besser geeignet erachtet wurde. Nach Problemen bei der Umrüstung wurde dieses Projekt jedoch zurückgestellt. Auf Weisung Hitlers wurde das Reichenberg-Projekt erneut vorangetrieben. Nach einer Intervention des Geschwaderkommodores Werner Baumbach bei Hitler wurde der Einsatz jedoch nicht verwirklicht.
Nach Wikipedia: Fi 103 Reichenberg (en) und Fi 103 Reichenberg (de)
Bausatz: Special Hobby bring nach und nach, die unter dem Label MPM erschienen Bausätze in der eigenen Produktlinie wieder heraus. Dazu gehört auch die 2006 erstmals erschienene Fieseler Fi 103 Reichenberg. Der Bausatz ist einfach gehalten und besteht aus einem grauen Spritzling und der klaren Cockpitkanzel. Die Detaillierung ist sehr simpel, was aber dem Original entspricht und daher passend ist. Grundsätzlich ist die Form der V-1 von MPM/Special Hobby deutlich besser getroffen als z.B. von Tamiya.
Die Bauanleitung führt in nur 5 Baustufen zum Ziel. Die isometrischen Zeichnungen sind koloriert, was angesichts des minimalistischen Aufbaus aber nicht unbedingt notwendig gewesen wäre. Der Einbau der Innenteile ist für die rechte Rumpfhlfte virgesehen. Hier finden sich auch entsprechende Passhilfen. Die Flügel sind leider in obere und untere Hälfte geteilt. Hier sieht man deutlich das Alter des Bausatzes. Das Klarteil für die Kabinenhaube ist o.k. aber ebenfalls nicht von derselben Qualität wie aktuelle Special Hobby Bausätze.
Dem Bausatz liegt auch ein kleiner Decalbogen bei, der 3 Bemalungsvarianten darstellt. Zwei davon sind Beutemaschinen, die dritte eine hypothetische Option. Alle drei Varianten sind auf der Schachtelrückseite als farbige Seitenansicht abgebildet und in der Bauanleitung als 4-Seiten Ansicht. Das Hoheitszeichen der amerikanischen Beute wurde für die öffentliche Zurschaustellung von den Siegern angebracht.
Fazit: Wer mal wieder Lust auf ein einfaches Projekt hat, kann hier auf einen Brauchbaren Bausatz mit wenig Überraschungen zurückgreifen. Bei der Bemalung kann man sich dann austoben.
Steffen Arndt, Barsinghausen (März 2018)