Vorbild: Kurz nach Ende des zweiten Weltkrieges begann die USA mit der Entwicklung von Interkontinentalraketen auf Basis der erbeuteten deutschen V2 Rakete. Eine dieser Raketen war die Atlas. 1957 startete die erste Atlas. Nachdem die Sowjetunion mit dem Sputnik 1957 als erste Nation den Weltraum eroberte, fühlte sich Amerika zutiefst gedemütigt, dachte man doch, dass die Sowjetunion technisch der USA weit unterlegen sei. Eiligst wurde deshalb 1958 ein ziviles Weltraumprogramm ins Leben gerufen. Aber es sollte bis zum Apollo-Programm dauern, eh die USA im Wettrennen um den Weltraum die Nase vorn hatte. Das Mercury-Programm war darauf ausgerichtet den ersten Astronauten der USA in den Weltraum zu schicken. Vorgesehen waren sieben Astronauten, weswegen die Mercury-Kapseln als Mercury 7 in die Geschichte eingingen. Als Trägerraketen kamen Redstone und Atlas Kontinentalraketen zum Einsatz, da beide Typen ja schon entwickelt, und einsatzfähig waren. Für erste Versuche wurden allerdings nur Redstone-Raketen verwendet. Da die Anforderungen sich aber immer weiter erhöhten, kam schließlich nur noch die Atlas in Frage. Die Mercury-Kapsel hatte eine Länge von 3,51 m bei einem Durchmesser von 1,89 m, und hatte Platz für einen Astronauten. Am 5. Mai 1961, 23 Tage nach Juri Gagarin, flog Alan Shepard als erster Amerikaner in den Weltraum.
Bausatz: Auf der Suche nach Plastikmodellbauraritäten bin ich zufällig über diesen Bausatz gestolpert. Er ist die erste Wiederauflage aus dem Jahre 1984, wobei die Form viel älter ist. Der Bausatz wurde 1962 von Revell auf den Markt gebracht! Insgesamt gab es fünf Wiederauflagen, wobei lediglich der Karton verändert wurde. Die letzte Auflage realisierte 2019 von der Firma Atlantis (die die Formen von Revell übernommen hat).
Im praktischen Stülpkarton mit dem Bild des gebauten Models befinden sich insgesamt vier Gussäste mit 150 Teilen, die Bauanleitung und ein Bogen mit Decals. Die Abspritzung ist Anbetracht des Alters der Formen im Großen und Ganzen OK. Es gibt wenige Sinkstellen, und auch Auswerfermarken halten sich in Grenzen.
Aus fertigungstechnischen Gründen (Massenproduktion des Bausatzes) sind natürlich einige Teile dicker und gröber ausgefallen, als der Maßstab 1/110 es verlangen würde. Dies fällt vor allem bei den Geländern auf. Hier sollte man eventuell Abhilfe schaffen.
Witzig ist auch, dass ein Astronaut vorhanden ist, den man aber in der Raumkapsel nicht sehen würde, da die Fensteröffnungen nur angedeutet sind. Da wären dann Skalpell und Feile angesagt. Wie zu damaliger Zeit üblich sind die Panellines erhaben gespritzt, womit gerade beim Bau der Trägerrakete Vorsicht beim Verschleifen angebracht ist.
Bauanleitung/ Bemalung: Die Bauanleitung ist S/W gedruckt und zeigt in 33 Explosionszeichnungen den Zusammenbau. Diese sollte man sich gut anschauen, da die Aufmachung gegenüber dem heutigen Standard doch etwas gewöhnungsbedürftig ist.
Die Decals wurden wohl von Revell selber gedruckt, sehen aber ganz gut aus. Lediglich die US-Flagge und die drei Kokarden sind etwas aus dem Raster geraten. Die Decals sind allerdings auf Grund des Alters leicht vergilbt. Hier hilft nur eine Behandlung mit UV-Licht (künstlich oder Sonne), damit man sie wieder richtig verwenden kann. Zur Farbgebung lässt sich nicht viel agen. Revell sieht hier lediglich Lufthansagelb, Rot, Mattschwarz, Matt Dunkelgrün und Silber vor (Hauseigene Enamelfarben). Hier sollte man bezüglich weiterer Farben etwas Recherche im Internet betreiben.
Fazit: Ein Bausatz, der das Herz von Nostalgikern höherschlagen lässt. Selbstverständlich ist der Detailierungsgrad nicht mit heutigen Bausätzen zu vergleichen. Dieses ist dem damaligen Stand der Abformtechnik geschuldet. Aber je nach Fähigkeit lässt sich einiges sicher verbessern. Dieser Bausatz ist eher für den fortgeschrittenen Modellbauer geeignet, obwohl auch von Anfängern zu beherrschen.
Jürgen Bellenbaum, Dallgow-Döberitz (Juni 2020)