Flower Class Corvette
HMCS SNOWBERRY

Revell 05132 - 1/144

Vorbild: Diese Schiffsklasse hatte für Großbritannien, insbesondere für Premierminister Churchill, im zweiten Weltkrieg dieselbe Bedeutung, wie für den Führer der Sowjetunion Josef Stalin das berühmte Schlachtflugzeug Il-2.

Die Schiffe selbst waren eigentlich nur Walfangboote, die hauptsächlich auf kanadischen Werften zu improvisierten U-Boot-Begleitjägern für die Versorgungskonvois der Alliierten umgebaut wurden. Es war ein Art Belagerungskrieg der ab 1940 stattfand, mit dem Ziel Großbritannien von der Versorgung mit Lebensmittel und kriegswichtigen Dingen abzuschneiden. Was in früheren Jahrhunderten bei der Belagerung von Städten die Wurfkatapulte und Angriffstürme waren, wurden im 2.Weltkrieg die U-Boote der deutschen Kriegsmarine, die unter dem Kommando von Admiral Dönitz mit der sogenannten Wolfsrudeltaktik den Atlantik beherrschte. Die Flower Class Korvetten konnten auf Grund der schon vorhandenen Schiffskörper in Massen und in kurzer Zeit billig hergestellt werden. Der Nachteil war allerdings, dass die Schiffe den teilweise sehr heftigen Wetterbedingungen im Nordatlantik kaum gewachsen waren.

Außerdem hatte die aus der Handelsmarine stammende 80-85 Mann Besatzungen keine Erfahrung mit dem Dienst auf Kriegsschiffen. Ein erfahrener Kapitän, angehöriger der Royal Navy, musste deshalb den zusammengewürfelten Haufen auch erst einmal zu einer Einheit zusammenschweißen. Wenn das gelang, wurden die Korvetten allerdings zu einer ernsthaften Gefahr für die deutschen U-Boote. Von den 288 eingesetzten Korvetten wurden über 50 U-Boote zerstört. Einige der Schiffe operierten auch unter amerikanischer und französischer Flagge. His Majesty Canadian Ship "Snowberry" war rund 60 Meter lang und erreichte 16 Knoten (29 km/h) an Geschwindigkeit. Der Antrieb erfolgte mittels Dampfkessel. Neben dem 4 Zoll Geschütz auf dem Vorderdeck und weiteren Zwillings Maschinenkanonen von Vickers und Lewis, war als Hauptbewaffnung die hinteren Wasserbombenwerfer und die seitlichen Abwurfschienen für Wasserbomben (Hedghog = Heckenhockerigel) für den Erfolg bei der U-Boot Bekämpfung ausschlaggebend. Natürlich muss man auch die Radaranlagen vom Typ 271 ASDIC einbeziehen, welche schon zu Ende des ersten Weltkrieges in der Entwicklungsphase war.

Der wohl bekannteste Roman im deutschsprachigen Raum, welcher sich der Flower Class und ihrer Besatzung widmet, ist das Buch von Nicolaus Montserat "The Cruel Sea" oder auf Deutsch: "Verdammter Atlantik." 1962 wurde der Stoff mit Jack Hawkins in der Hauptrolle verfilmt.

Bausatz: Die absolute Neuheit im Bereich der Bausatzform und des Maßstabes wurde schon lange erwartet. Mit ihm setzt Revell diesen tapferen Schiffen ein weiteres Denkmal und ist wie viele Modell dieser Art, auch ein Leckerbissen für historisch interessierte Bastler. Der Schwierigkeitsgrad wird mit der Nummer "5" angegeben. Damit liegt der Aufwand des Zusammenbaus der ca. 500 Teile also im oberen Bereich.

Die filigranen Einzelteile aus grauem Plastik sind sauber gearbeitet und verfügen über wunderschöne Darstellungen von Gravuren und Details. Einzig die beiden Rumpfhälften wirken als wenn dem Hersteller die Puste ausgegangen ist. Besonders die Versteifungen der inneren Bordwände könnte etwas prägnanter ausfallen.

Wieso für die offenen Bullaugen die Verglasung fehlt, obwohl selbst für die Kommandobrücke und den kleinen Luken der Niedergänge Klarsichtteile vorhanden sind, ist nicht ganz klar. Da die Bullaugen relativ groß im Durchmesser sind, sollte für ihre Versieglung auf "Cristal Clear" von Humbrol zurückgegriffen werden.



Ansonsten gibt es aber nichts zu beanstanden, bis auf den üblichen unpraktischen Karton). Selbst die Reling ist für den Maßstab 1:144 gut gelungen. Für die Bereiche wo auch bei dem Original keine fest geschweißte Reling war, sind zumindest die Pfeiler vorhanden. Diese sollen, ebenso wie die Takelage, laut Plan mit "Muttis" Nähgarn verbunden werden. Einfach vergessen und als Gedenken an die 1950er Jahre abtun und auf gezogene Gussäste zurückgreifen. So wird ein Schuh daraus.

Bei solch einem Modell macht sich der Verzicht auf historische Informationen in der sonst ausgezeichneten neuen Bauanleitung negativ bemerkbar. Denn diese Schiffe haben nicht den Bekanntheitsgrad ihrer deutschen Kontrahenten, der U-Boote vom Typ VII c.

Bemalung: Markierungen gibt es nur für die HMCS Snowberry. Bei dem Lackieren sollte auch bedacht werden, das diese Schiffe Wind und Wetter im Dauereinsatz ausgesetzt waren. Zeitgenössische Fotos und Filme zeigen wie ramponiert die Tarnanstriche in Wirklichkeit waren.

Fazit: Trotz kleiner Unterlassungen ein toller Bausatz zu einem annehmbaren Preis (ca. 35 €). Sehr zu empfehlen.

Zu kaufen ist der Bausatz im Fachhandel.

Jürgen Bauer, Berlin (Juni 2016)