Vorbild: Die Boeing B-29 Superfortress war ein Langstreckenbomber des US-amerikanischen Herstellers Boeing Airplane Company aus den 1940er-Jahren. Sie war der größte und leistungsfähigste Bomber des Zweiten Weltkriegs und stand noch in der Anfangsphase des Kalten Krieges im Dienst. Das Höchstabfluggewicht konnte mehr als das Doppelte des Vorgängermodells Boeing B-17 "Flying Fortress" betragen. Der Buchstabe "B" in der Bezeichnung stand für Bomber. Die B-29 gehört zu den aufwändigsten und kostenintensivsten Rüstungsprogrammen des Zweiten Weltkrieges. Die Twentieth Air Force (20 AF) der United States Army Air Forces (USAAF) setzte den viermotorigen Mitteldecker erstmals im Sommer 1944 ein. B-29 wurden auch für die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki verwendet. Bevor der erste Prototyp überhaupt geflogen war, gingen Bestellungen über 1600 Exemplaren ein (The Three Billion Dollar Gamble) und überall in den USA waren Montagewerke und eine Vielzahl von Zulieferern für die Produktion des neuen Superbombers vorbereitet. Dazu mussten nicht nur riesige neue Montagehallen gebaut werden, sondern auch eine Vielzahl von Arbeitskräften eingestellt und angelernt werden. Serienvorbereitung und Entwicklung hatten bereits drei Milliarden Dollar gekostet. Das Manhattan-Projekt mit seinen ähnlich hohen Kosten war direkt an den Erfolg der B-29 gekoppelt, da kein anderes Transportmittel für die Atombomben in Frage kam.
Die B-29 war eines der ersten Großflugzeuge mit Druckkabine. Der vordere Cockpitbereich, der mittlere Bereich mit den Plätzen für die Bordschützen sowie der Heckstand waren druckbelüftet. Die vordere und mittlere Sektion waren durch einen Tunnel (Durchmesser etwa 80 cm) verbunden, der Druckschotten an beiden Enden hatte. Man musste sich auf einen Schlitten legen und konnte sich so an den beiden drucklosen Bombenschächten vorbei zum vorderen oder hinteren Teil der Maschine bewegen. Die Besatzung konnte bis 30 Minuten vor dem Einflug ins Zielgebiet ohne Sauerstoffmasken auskommen, danach mussten sie wegen des möglichen Druckabfalls im Flugzeug bei einem Treffer wieder angelegt werden und der Kabinendruck wurde wieder an den äußeren Luftdruck angeglichen. Technisch fortschrittlich waren auch die von Bordschützen unter Sichtkuppeln fernbedienten Türme für die Abwehrbewaffnung. Ein Schütze konnte einen oder mehrere Türme steuern oder an andere Schützen übergeben. Im nicht druckbelüfteten hinteren Rumpfteil befand sich ein Hilfsmotor (Auxiliary Power Unit), für dessen Bedienung der Heckschütze zuständig war. Damit war das Flugzeug unabhängig von externer Energieversorgung in der Anlassphase. Um die von der USAAF geforderte hohe Treffsicherheit zu erreichen, wurde das hochgeheime Bombenzielgerät der Firma "Norden Systems" eingebaute, das auch beim Abwurf der ersten Atombombe im August 1945 zum Einsatz kam. Im weiteren Verlauf wurden immer mehr B-29 mit dem britischen H2S-Radar für den Bombenabwurf nachgerüstet. Der Atombombenabwurf auf Nagasaki erfolgte wegen schlechter Sicht mit diesem System.
Mit den drei XB-29 aus dem Jahre 1942 wurden damit insgesamt 3970 B-29 hergestellt. Die B-29 wurde während des Zweiten Weltkrieges ausschließlich von der 20th Air Force unter General Henry "Hap" Arnold eingesetzt. Die B-29 wurde im Zweiten Weltkrieg nur auf dem pazifischen Kriegsschauplatz für strategische Bombenangriffe auf die Hauptinseln Japans und strategisch wichtiger von Japan besetzter Ziele eingesetzt. Von einer "Enola Gay" genannten B-29 wurde am 6. August 1945 die erste Atombombe "Little Boy" über der japanischen Stadt Hiroshima abgeworfen. Kommandant war Colonel Paul Tibbets. Kommandant des Begleitflugzeuges "The Great Artiste" war Major Charles Sweeney und ein weiteres Begleitflugzeug wurde von Captain George W. Marquardt geflogen. Drei Tage später warf die B-29 mit dem Namen "Bockscar" die Atombombe "Fat Man" über Nagasaki ab. Kommandant war diesmal Major Charles Sweeney. Begleitflugzeuge waren seine "The Great Artiste", geflogen von Captain Frederick C. Bock (Die Besatzungen hatten vorher ihre Maschinen getauscht). Ein weiteres Begleitflugzeug über Nagasaki war die "Enola Gay", geflogen von Captain George W. Marquardt. Die japanischen Streitkräfte konnten den Angriffen mit der B-29 nur wenig entgegensetzen. Bezogen auf den Verlust (durch Abschuss oder Totalbeschädigung) von mehr als 18.000 US-Flugzeugen - davon 9949 Bomber - und 79.265 gefallenen Besatzungsmitgliedern über Europa waren die Verluste der B-29 im Verhältnis gering. Einige B-29 mussten im Verlauf des Jahres 1944 in der Sowjetunion notlanden. Die Sowjetunion behielt die Maschinen und Stalin gab dem OKB Tupolew den Auftrag, die B-29 zu kopieren. Das Ergebnis war die Tupolew Tu-4. (nach Wikipedia)
Bausatz: 1977 brachte Monogram in den USA den ersten und bisher einzigen Kit einer Superfortress in 1:48 heraus und bewarb ihn als "THE LARGEST AIRPLANE MODEL KIT EVER PRODUCED"! Die Gussformen wurden in den Neunzigerjahren von Revell-Monogram für eine erste Neuauflage aus dem Lager geholt, Hasegawa kam zu dieser Zeit ebenfalls ins Boot und 2004 gab es eine erste Wiederauflage bei Revell. Bisher hat sich also niemand anderes an solch ein Riesentrumm gewagt. Aber inzwischen kann man bei Trumpeter ja sogar eine B-24 Liberator in 1:32 erwerben, es besteht also noch Hoffnung.
Hier liegt uns nun eine weitere Wiederauflage der B-29 als "Platinum Edition" vor, der Kit wird von Revell zu Recht dem Level 5 zugeordnet. Die gigantische Packung ist als Stülpkarton ausgeführt und zeigt zwei B-29 der 421st Bomb Squadron aus Tinian beim Bombenwurf vermutlich über Japan. Innen findet man eine gefalzte Zwischenlage aus dickem schwarzbedrucktem Karton, die vermutlich die gewaltigen Rumpfhälften am Herumrutschen hindern soll. Außer diesen zwei Rumpfhälften finden sich in drei riesigen Plastikbeuteln und einem kleinen, alle nicht wiederverschließbar, 202 weitere Spritzgussteile aus relativ hartem, mittelgrauem Plastik und 13 Teile aus Klarsichtmaterial an sieben grauen und einem klaren Gussrahmen.
Die Gussqualität des Kits ist für sein Alter noch sehr gut, besonders an den Kleinteilen finden sich einige Gussfrate die entfernt werden müssen, jedoch nichts Dramatisches. Besonders die großen Teile zeigen deutliche Schlieren, die aber sicher nach der Bemalung verschwunden sein werden. Sinkstellen sind nur wenige zu finden und sie sind nichts, was man nicht mit ein wenig Spachtel beseitigen kann. Zahlreich sind dafür Auswerfermarkierungen, die beispielsweise an den Bombenklappen auffällig tief sind und auch nach dem Zusammenbau sichtbar bleiben. Hier kann man sich vielleicht am besten mit dem Einkleben und Verspachteln von ausgestanzten runden Plastikscheiben behelfen. Sehr schön, wenn auch nicht wirklich maßstabsgerecht sind die Gewebestrukturen der Ruder dargestellt. Am Rumpf findet sich auf halber Länge auf Höhe der Tragflächenansätze und ebenso auf den Tragflächen (dort allerdings nicht symmetrisch!) Bereiche, an denen die Oberfläche aufgeraut ist. Dadurch entstehen auch schon bei Verwendung nur eines einzigen Silbermetallic-Tones bereits realistische Farbtondifferenzen! Alle Linien auf der Oberfläche des Modells sind mit feinen erhabenen Gravuren dargestellt, was dem Stand der Modellbautechnik in den Siebzigern entsprach. Wer will, kann alles nachgravieren, wegen der starken Rundungen am Rumpf sicher am besten, indem man die vorhandenen Linien als Leitschienen zum Gravieren verwendet und diese erst anschließend abschleift. Zuerst schleifen und dann Dymo-Tape als Führung für die Gravur nehmen geht auch. In beiden Fällen macht man sich aber einiges an Arbeit. Meines Erachtens sieht das Modell auch aus dem Kasten gebaut sehr gut aus. Auf jeden Fall kann man die Blechstöße als Grenzen für verschiedene Silbertöne nutzen.
Die enormen Rumpfhälften messen ohne Nasenverglasung und Heckstand gut 60 cm! Ähnlich eindrucksvoll sind die Flügel, von denen jede Hälfte mehr als 41 cm misst, was eine Modellspannwerte von 90 cm ergibt. Leute, macht Platz in Euren Vitrinen! Während die Oberflächen von einigen wenigen Schnellverschlüssen, Nieten und Wartungsklappen mal abgesehen nicht allzu viel zu bieten haben, so sind die Rumpfinnenseiten doch vom Cockpit ab nach hinten bis auf Höhe des Leitwerkes mit Rippen, Stringern und im Cockpitbereich selbst mit Kabeln und Schaltkästen ausgestattet. Alle Ruder und die Landeklappen sind leider nur in Neutralposition darzustellen. Sehr schön gestaltet sind dafür die Räder, deren Laufflächen ein Diagonal-Profil haben und sehr gut detaillierte Felgen. Abplattung war zur Entstehungszeit dieses Kits noch nicht "in". Leider dürfte das Profil beim Zusammenkleben der Radhälften Schaden erleiden. Wer will kann sich aber mit Resinrädern von True Details oder Eduard behelfen.
Sehr gut gefallen mir immer noch die in zahlreichen Monogram-Kits enthaltenen USAAF-Besatzungsfiguren, die sich auch hier auch wiederfinden. Ich denke, es lohnt sich, diese Figuren zu bemalen und neben sein fertiges Modell zu stellen, sie beleben auch ohne ein Diorama die Szenerie ungemein. Eine Kuriosität sind die im Raum hinter dem Bombenschacht zu platzierenden Betten, in denen sich die Mannschaft auf den Langstreckenflügen ausruhen konnte.
Neben den Hamilton Standard-Propellern mit Manschetten (Cuffed Blades) gibt es noch einen Gießrahmen mit Aeroproducts-Propellern ohne Manschetten, die aber in der Bauanleitung keine Erwähnung finden. Ebenfalls verschwiegen werden dem interessierten Modellbauer, dass der Kit auch "Little Boy" und "Fat Man" enthält, die beiden Atombomben, die auf Hiroshima und Nagasaki fielen. Dazu gehört auch noch ein passender Transportwagen.
Die Glasteile sind sehr dünn gespritzt, absolut klar und mit feinen Nieten auf den Rahmen versehen. Nur die vier Beobachtungskuppeln für die Abwehrbewaffnung zeigen wegen ihrer starken Wölbung eine gewisse Verzerrung, die sich aber noch im Rahmen hält. Wen das stört, der findet bei Squadrons Vakuumhauben Abhilfe.
Wohl, um die Bezeichnung Platinum Edition zu rechtfertigen liegen dem Kit aus der Produktion von Eduard drei Ätzteilrahmen bei, einer messingfarben, zwei farbig bedruckt. Ersterer ist für externe Verbesserungen, vor allem Zündkabel für die Motoren und Bleche für die Motorhauben, die übrigen enthalten Gurte und Details für das Cockpit wie Schalt- und Instrumententafeln. Eine weitere wertvolle Ergänzung sind die zwei Bögen mit den typischen gelben Kabuki-Tape Masken für das große Kabinendach und die Haupt- und Bugfahrwerksräder.
Der Bau beginnt wie üblich mit der Cockpit-Einrichtung. Hier kommen bereits die fotogeätzten Gurte, die Instrumentenbretter, die Motorinstrumententafeln für den Bordingenieur, die Funkgeräte und zahlreiche andere Bedientafeln sowie ein neuer Gashebel-Block zum Einsatz. Hinter dem Cockpit folgt der Arbeitsraum des Navigators mit Tisch und Sitzen und nach hinten hin schließt die Druckkammerwand den vorderen Besatzungsraum ab. Eine kleine Leiter führt hinauf zum Eingang des Tunnels zum hinteren Besatzungsraumes, der hinter dem Bombenschacht liegt. Für den Bombenschacht selbst gibt es zwölf Bomben, die an einzubauenden Trägern Platz finden. Hinter der hinteren Druckwand findet sich der Sitz für den Schützen, der die Abwehrbewaffnung fernsteuerte und die erwähnten Betten für die Besatzung. Nach hinten schließen der Hecksporn und der Arbeitsplatz des Heckschützen den Aufbau des Rumpfinneren ab.
Vor dem Schließen der Rumpfhälften sind zwei lange Spanten für die Aufnahme der Tragflächen quer einzusetzen. Die Kanzelverglasung wird als nächstes montiert. Wer mag, kann dabei einen Fensterrahmen aussägen, um dahinter eine Figur vom Bodenpersonal zu stellen, die aus der Maschine nach draußen blickt. Dann folgt der Zusammenbau der Höhenleitwerke und deren Montage. Die Flügelhälften werden unter Einschluss der Fahrwerksschachtdächer verklebt und als nächstes sollen die Lüftungsschlitze an den Motorgondeln in Vorbereitung für die darüber zu klebenden Fotoätzteile verspachtelt und verschliffen werden. Nach Durchtrocknung können die Flügel auf die Spanten geschoben werden. Wenn die Passung ausreichend gut ist, wäre es möglich, die Flügel zur Montage nur aufzustecken und sie für Lagerung oder Transporte wieder abzunehmen. Nächster Programmpunkt ist der Zusammenbau der Bugräder und des Bugfahrwerkes. Analog geht es mit dem Hauptfahrwerk weiter. Die Auspuffrohre werden nach Anleitung ausgebohrt und weitere acht Rohre sollen aus Gießast selbst angefertigt werden. Die Bombenklappen erhalten Verstellhebel und die ferngesteuerten Waffentürme werden zusammengesetzt und in die Turmöffnungen eingeklickt. Die Motor-Reliefs werden mit den fotogeätzten Zündkabeln ausgerüstet und verschiedene geätzte Klappen und Bleche auf den Flügeln platziert. Dann werden die Motoren in die Motorhauben geklebt und die Propeller montiert. Da die Propellerachsen von hinten eigeklebt werden, muss man sich etwas einfallen lassen, wenn man die Propeller erst nach der Lackierung des Modells anbringen möchte. Letzte Schritte sind der Zusammenbau des Heckwaffenturms und das Anbringen von Positionsleuchten und diversen Antennen.
Anleitung/Bemalung: Das in Italien gedruckte Decalblatt ist etwas größer als A5 und enthält nur Markierungen für zwei Flugzeuge plus Wartungshinweise und Decals für die Instrumente. Die Bauanleitung ist im neuen Revell-Stil gehalten, poppig-bunt und in Hochglanz. Sie enthält leider keine Angaben zur Historie des Vorbildes, jedoch einen zweiseitigen Teileplan und führt in 66 Schritten zum fertigen Modell. Es schließen sich zwei großformatige 4-Seitenrisse in Farbe für die zwei Decalvarianten an. Die Farbvorschläge beziehen sich wie gehabt nur auf die hauseigenen Farben, ein Hinweis auf andere Farbsysteme, wie er inzwischen bei den meisten anderen Herstellern üblich ist, findet sich nirgendwo.
Fazit: Der Grundbausatz ist, von den erhabenen Gravuren mal abgesehen ein echtes Juwel, ein typischer Monogramklassiker! Revell hat dieses Klassemodell dem Quarterscaler nun wieder leichter zugänglich gemacht und dafür sei Dank. Außerdem hat man sich in Bünde diesmal ungewöhnlich viel Mühe gegeben und zu den etwas dürftigen zwei Decalvarianten zwei Bögen mit Masken und sage und schreibe drei Bögen mit Ätzteilen gepackt. Dieser Riesenkit erfordert beim Zusammen nicht nur viel Platz auf dem Basteltisch, sondern auch noch etwas Erfahrung, ist also nichts für absolute Neulinge, und eine sehr große Vitrine sollte man auch besitzen! Alles in allem sehr empfehlenswert!
Erhältlich bei gut sortierten Modellbauhändlern, direkt bei Revell oder für Händler bei Glow2B.
Utz Schißau, Berlin(Januar 2021)