Für den Vorbildteil zur Bf 110 möchte ich auf die Besprechung des Eduardbausatzes der Bf 110G-2 verweisen. Hier folgen einige Ausführungen zur Messerschmitt Bf 110 G-4
Vorbild: Laut Handbuch vom Oktober 1943 wurde auch die G-4 als Bomber eingesetzt, dann jedoch ohne Nachtjagdausrüstung. Nach einer Meldung vom 22.06.1943 wurde die G-4 ab Juni 43 werkmäßig mit dem Rüstsatz M2 (2 ETC 500) und M3 (je 2 ETC 50 unter den Tragflächen) ausgeliefert, jedoch sollte ab Juli der Rüstsatz M1 (2 MG 151/20) zu 100% eingebaut werden.
Die ursprünglichen Flammenvernichter reduzierten die Geschwindigkeit um 30 km/h und verschlechterten die Flugeigenschaften in großen Höhen. Der M1 Rüstsatz kostete 20 km/h. Durch die Verwendung des FuG 220 Lichtenstein SN2 Radars mit großen Antennen sank die Geschwindigkeit um weitere 20 km/h, so dass die Bf 110G-4 im September 1943 nicht schneller war, als die He 111 von 1939. Weiter hatten die Antennen eine Destabilisierende Wirkung. Daher wurden neue, widerstandsärmere Flammendämpfer entwickelt, die in den letzten Produktionsmonaten eingebaut wurden.
Aus Leistungsgründen ist der Rüstsatz M1 vielfach an der Front wieder abmontiert worden und später ganz entfallen. Dafür kamen MG 151/20 oder MK 108 in der Rumpfspitze und MG FF als "schräge Musik" zum Einsatz. Die Antennenanlage des FuG220 wurde von der stark verstrebten Ausgangsversion auf Einzelstreben umgestellt.
Parallel mit der Einführung des Funkmessgerätes SN 2 sind aus Stabilitätsgründen vergrößerte Seitenruder in Holzbauweise eingeführt worden, um die Flugeigenschaften der Nachtjäger in Ordnung zu bringen. In Einzelfällen gab es aber auch die Kombination SN2 in alter Ausführung mit kleinen Seitenrudern. Diese Maßnahmen führten jedoch nicht zu einer neuen Bezeichnung des Flugzeuges. Bei späteren Ausführungen der Antennenanlage des SN2 sind die Antennen schräg gestellt worden. Diese Ausführung kam mit beiden Strebenarten vor.
Mit zunehmender Zahl der FT-Geräte, aber auch wegen der wachsenden Gefahr durch feindliche Nachtjäger entstand 1944 der Wunsch, drei Mann Besatzung mitzunehmen. Der Funker wurde durch die stundenlange Beobachtung der Radargeräte nachtblind und fiel als Schütze und Beobachter aus. Darum wurde ein Bordschütze, in der Regel der erste Wart, mitgenommen, der hinter dem Funker auf dem länglichen Sitz Platz nahm. Wegen des Platzmangels hatte der Schütze einen Bauch und der Funker einen Rückenfallschirm.
Aus Gewichts- und Raumgründen konnte die Bf110 aber nur 3 Mann, zwei Mann und einen GM-1-Tank (Bf 110G-4/U7) oder zwei Mann und ein Zusatztank (Bf 110G-4/U8) untergebracht werden. Nur in der Version ohne Tanks in der Kabine konnte die Schrägbewaffnung aus zwei MG FF (Bf 110G-4/R8) montiert werden. In der Nachtjagdbesprechung vom 05.11.1943 ist festgelegt worden, etwa zu je 50% die Schrägbewaffnung bzw. die Innentanks zu verbauen.
Erwähnt sei noch, dass die Baureihe G-4 standardmäßig mit einer Panzerschürze um den Pilotenbereich ausgestattet wurde. Zu den Einzelnen Unterbaureihen verweise ich auf Mankau/Petrick, die in aller Ausführlichkeit die Details in Wort und Bild aufzeigen, wenn auch für den Modellbauer nicht immer 100% zufriedenstellend.
Quelle: nach Mankau/Petrick:Messerschmitt Bf110, Me210, Me410 Aviatic Verlag, Oberhaching 2001, ISBN 3-925505-62-8
Bausatz: Wieder einmal hat Revell in seinen reichen Formenvorrat geschaut und mit der Bf 110 von 1997 eine Wiederauflage auf den Markt gebracht. Diesmal in der Variante Bf 110 G-4. Leider zeigt der Bausatz inzwischen einigen Grat (siehe z.B. Kanzelteile). Alles in allem erhält man jedoch einen ordentlichen Bausatz in guter Qualität zu einem guten Preis.
Die Bauanleitung ist gut strukturiert, weshalb der Bausatz auch Anfänger nicht vor unlösbare Probleme stellt. Der Bausatz ist insgesamt gut gestaltet und zeugt von Revells Willen, die Montage des Bausatze möglichst einfach zu halten. Insofern wäre dieser Bausatz eine wirkliche Alternative zum doch recht komplexen Eduard kit. Aber die Formgebung der Motorgondeln und Spinner ist nicht korrekt. Insbesondere die unterdimensionierten Gondeln sind schwer zu korrigieren. Ich habe mir mal den sehr teueren Cutting Edge Korrektursatz geleistet, der inzwischen nicht mehr erhältlich ist. Der Unterschied ist deutlich sichtbar. Also scheiden sich hier die Geister. Entweder man lebt mit dem Fehler und baut die 110 aus dem Kasten, oder man investiert viel Zeit in die Korrektur oder den Eduard-Bausatz.
Der Bausatz enthält variantenspezifisch die großen Seitenruder, Flammvernichter und die großen Antennen mit vereinfachter Anstrebung für das FuG 220. Der in der übersicht der Spritzlinge gezeigte Figurenrahmen ist nicht enthalten. Ein entsprechender Hinweiszettel leigt dem Bausatz bei.
Bemalungen: Neben den beiden im Bausatz angebotenen Bemalungsvarianten, sind auch Decals mit anderen Versionen von diversen Herstellern erhältlich. Eine Suche auf deren Webseiten ist sicher lohnenswert. Die Bausatz-Abziehbilder von Zanchetti sind in meinem Bausatz perfekt im Register (also nicht verdruckt !) aber stumpf-matt.
Fazit: Wie bereits angesprochen, scheiden sich die Geister an diesem Bausatz. Wer einfach nur einen Bf 110 Nachtjäger bauen möchte ist hier gut bedient. Modellbauer, die auf möglichst große Vorbildähnlichkeit Wert legen, müssen den Bausatz korrigieren oder bei der Konkurrenz vorbeischauen.
Literaturtipps:
Messerschmitt Bf 110, Me 210, Me 410. Die Messerschmitt- Zerstörer und ihre Konkurrenten.; Mankau/Petrick ; Aviatic Verlag; ISBN: 3925505628; 2001 |
Steffen Arndt, Barsinghausen (Juli 2013)