Das Vorbild: Obwohl die USS "WARD" nur einer der vielen "Flushdecker" der US-Navy war, verbinden sich mit diesem Schiff allerhand historische Merkwürdigkeiten. Innerhalb einer Rekordzeit von 15 Tagen vom Stapel gelaufen, wurde das Schiff nach dem ersten im amerikanischen Bürgerkrieg gefallenen Marineoffizier benannt. Ein weiteres "first" ergab sich am 7.Dezember 1941 um 6.45 Uhr vor Pearl Harbor, als die "Ward" das Feuer auf ein japanisches Kleinst-U-Boot eröffnete, das versuchte in den Hafen einzudringen, und somit den ersten Schuß im Pazifikkrieg abgab. Der Kommandant W.W. Outerbridge trug bei dieser Aktion bemerkenswerter Weise einen Kimono, da er direkt aus seiner Koje auf die Brücke gerufen wurde! Warum nach einem solchen Gefecht bei ohnehin drohender Kriegsgefahr nicht der ganze Marinestützpunkt in Gefechtsbereitschaft versetzt wurde, ist bis heute fragwürdig. Doch damit endete nicht das seltsame Schicksal der "WARD"- 3 Jahre später, exakt am 7.Dezember, wurde das nunmehr als Truppentransporter dienende Schiff bei einem Kamikazeangriff so schwer getroffen, dass es aufgegeben werden musste. Das brennende und treibende Wrack wurde von der USS "O'BRIEN", mit dem gleichen W.W. Outerbridge als Kommandanten versenkt.
Der Bausatz: Mirage hat nunmehr diese Version seiner "Flushdecker"-Serie im Maßstab 1/400 herausgebracht und vervollständigt damit das Angebot in diesem traditionell in Frankreich/Polen/Russland beliebten Maßstab. Aber auch hierzulande gibt es viele Liebhaber dafür, da diese passend zu den Heller-Schiffsmodellen sind.
Der Bausatz kommt in der unbeliebten Faltbox daher, ist aber in einer guten Qualität gespritzt, die auch Kleinteile nicht in einem Meer aus Grat verschwinden lässt. Nacharbeit ist natürlich trotzdem unumgänglich und viele Kleinteile wird der erfahrene Modellbauer durch Metallteile und ähnliches ersetzen müssen.
Der Rumpf ist zweiteilig als Vollrumpf ausgeführt und bietet eine gute Ausgangsbasis für das Modell. Bei sorgfältigem Zusammenbau lassen sich die Hauptabmessungen maßstäblich bis auf den Millimeter genau einhalten. Eine Umwandlung in ein Wasserlinienmodell ist bei der Größe des Modells ratsam, denn oft sehen Ständermodelle dieser Größe wie Modelle von größeren Modellen aus, aber letztendlich entscheidet natürlich der persönliche Geschmack. Ein Abtrennen des Unterwasserschiffes sollte selbst einen ungeübten Modellbauer nicht überfordern.
Allerdings erscheinen die Seitenwände des Rumpfes etwas langweilig. Hier sollte unbedingt der charakteristische Mittelgurt der Flushdecker durch Aufbringen von Klebestreifen (Aufkleberfolie aus dem Copy-Shop an der Ecke) nachgebildet werden, um das Erscheinungsbild zu beleben. Auf dem Deckelbild ist dieser Mittelgurt auch sehr schön zu sehen. Weiterhin sei angemerkt, dass der Durchmesser der Bullaugen der unteren Reihe der Back am Original kleiner war, als die der oberen Reihe und nicht wie am Bausatz alle mit gleichem Durchmesser. Bei einer Überarbeitung der Rumpfseitenwände kann dies leicht korrigiert werden.
Sehr schön wiedergegeben ist die Wölbung des Decks. Hier hat Mirage ganze Arbeit geleistet. Die Trennung der beiden Deckshälften wurde an eine günstige Stelle gelegt.
Die Brücke kann nicht wirklich überzeugen. Zwar liegen zwei Versionen von Flushdecker-Brücken bei, aber keine zeigt die Fensterverteilung der "WARD" von 1941, die auf dem Deckelbild wieder richtig dargestellt wurde. Den Frontbereich der Brücke durch Klarsichtmaterial zu ersetzten und die Rahmen durch bemalte Tesastreifen, ist allerdings ebenfalls kein schwieriges modellbauerisches Unterfangen.
Die Trennung der Schornsteine ist spritzgußtechnisch bedingt. Diese ersetzt man am besten durch abgelängte Plastikrohre entsprechenden Durchmessers.
Den beigelegten Ständer betrachte ich einfach nur als Materialverschwendung. Bei der hohen Qualität der Kleinteile hätte hier Mirage lieber eine 1/400er Mannschaft auf diesem Rahmen verteilen sollen, der bei dem geringen Preis des Modells allein schon ein Kaufgrund gewesen wäre.
Die Decals sind sparsam aber ausreichend. Der Druck ist versatzfrei.
Die Bemalungshinweise sind wie die Bauanleitung übersichtlich und die Farbangaben sind für das Vallejo-Farbsystem. Ein Takelplan ist vorhanden, trotzdem gehört ein Quellenstudium immer zum Bau eines Modells. Das Internet gibt hier schon reichlich Auskunft.
Fazit: Das Fazit möchte ich auf die gesamte Flushdecker-Reihe von Mirage ausdehnen. Die Bausätze stellen trotz der kleinen Kritikpunkte, die meist technologisch bedingt sind, eine hervorragende Basis für den Schiffsmodellbauer dar. Diese Schiffsreihe mit ihrer atemberaubenden Anzahl von Einheiten lässt viele Möglichkeiten für die Umsetzung kreativer Ideen offen, selbst wenn einige davon von Mirage mit entsprechenden Alternativteilen ohnehin verwirklicht werden. Ich möchte hier nur einige nennen, die davon abweichen:
Matthias Erben, Berlin (Mai 2008)