Vorbild: Der Chefkonstrukteur der britischen Firma General Aircraft Limited (GAL) F.F. Crocombe sah nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs den Bedarf an einem neuen Transportflugzeug voraus, das über gute Kurzstart- und Landefähigkeiten auch von unbefestigten Pisten aus verfügen sollte. Entsprechende Erfahrungen waren in der Firma durch den Bau von Lastenseglern wie der Hamilcar im Zweiten Weltkrieg vorhanden. Crocombe konnte das britische Luftfahrtministerium von dem Konzept überzeugen und erhielt Mitte 1946 den Auftrag für den Bau eines Prototyps der GAL.60 genannten Maschine. Sie sollte von vier Bristol-Hercules-Motoren angetrieben und auch in einer Zivilversion gebaut werden. 1949 fusionierten General Aircraft und Blackburn, in deren Werk in Brough auch die Endmontage der Maschine stattfand.
Der Erstflug der GAL.60 erfolgte am 20. Juni 1950 mit Harold Wood am Steuer. Zwischenzeitlich hatte die Royal Air Force (RAF) ihre Anforderungen um eine Abwurfvorrichtung für größere Lasten erweitert und bestellte 1952 zwanzig entsprechend modifizierte Maschinen. Zum Bau eines entsprechenden Prototyps wurden Teile des vorgesehenen zweiten Prototyps der GAL.60 verwendet und der neue Prototyp als GAL.65 und dann, entsprechend dem Blackburn-System als B-100 bezeichnet. Die GAL.65 hatte am 14. Juni 1953 ihren Erstflug. Sie war nun mit den stärkeren Bristol Centaurus 171, abnehmbaren Hecktüren und geänderten äußeren Flügelsektionen ausgerüstet. Im Mai 1954 wurde die Bestellung auf 47 Stück erhöht, und am 29. Januar 1955 startete die erste Beverley C.1 der Serienversion, nun mit vier Bristol Centaurus 173 ausgestattet, zum Erstflug.
Die Maschine ist eine eigenwillig aussehende Konstruktion in Schulterdeckerbauweise, Doppelleitwerk am Heck, einem Frachtraum mit zwei Etagen und demontierbaren Frachttüren an der Hinterseite. Da nur eine geringe Marschgeschwindigkeit und Reichweite geplant war, wurde das Fahrwerk nicht einziehbar konstruiert, wobei das Hauptfahrwerk an langen Streben unter der Tragfläche angebracht war. Dafür besaß die Maschine sehr gute Kurzstart-, Lande- und Langsamflugeigenschaften. Sie konnte 58 Passagiere (oder 40 Fallschirmspringer) im Hauptfrachtraum und 42 weitere (oder 30 Fallschirmspringer) im oberen Teil transportieren. Während der Erprobung wurde eine Flugdauer von bis zu 13 Stunden 25 Minuten erreicht. Eine Besonderheit in der Handhabung der Beverley war das Sideskate-Verfahren mit dem das Flugzeug in den Hangar bugsiert werden musste. Mit einer Spannweite von 160 ft. passte sie nicht in die üblichen C-Type Hangars, die eine lichte Weite von lediglich 150 ft. aufwiesen. Die meisten Hangars anderer Bauweise waren überwiegend noch kleiner. Das Sideskategerät bestand im Wesentlichen aus zwei getrennten, mit Rädern versehenen Rampen, die mechanisch verbunden werden konnten. Die einzelnen Fahrwerke wurden auf jeweils ein Gerät gezogen, die Rampen nach oben geklappt, die Räder um 90° gedreht und das Flugzeug dann seitwärts in den Hangar geschoben. Hinzu kam, dass die Hangars nur eine lichte Höhe von 35 ft. besaßen, während das Leitwerk aber 39 ft. hoch war. Deshalb musste das Bugfahrwerk mit dem Sideskategerät zusätzlich auch deutlich angehoben werden, um das Flugzeug komplett im Hangar unterbringen zu können.
Die RAF übernahm am 12. März 1956 ihre erste Maschine, die an die No. 47 Squadron in Abingdon ging. Bei ihrer Indienststellung war die Beverley das größte Flugzeug der Royal Air Force. Aufgrund ihrer Nutzlast von rund 22 Tonnen und ihrem voluminösen Frachtraum wurde sie regelmäßig zum Transport von z. B. Hubschraubern Bristol Sycamore und Westland Whirlwind sowie 11 Tonnen schweren Saracen Radpanzern genutzt. Auch der Strahltrainer Folland Gnat zählte zu den Ladungen. Selbst bei vollem Laderaum konnte sie noch 42 Personen im Leitwerksträger befördern. Bis 1960 wurden fünf Einheiten mit der "als große Errungenschaft" bezeichneten Maschine ausgerüstet. Die Fluggeschwindigkeit der Beverley war außergewöhnlich niedrig; sie flog langsamer als die Avro York, Handley Page Hastings und die 15 bis 20 Jahre älteren Kriegsflugzeuge Douglas DC-3, Avro Lancaster und Short Stirling. Ihre Vorzüge lagen im sehr großen Frachtraum und in den konkurrenzlos guten Kurzstart- und -landeeigenschaften. Nach der Landung auf einer Piste von 500 m Länge konnte sie mittels Schubumkehr rückwärts rollen und per Kurzstart weiterfliegen. Trotz des Lobes endete der Einsatz der Beverley schon 1967 mit der Indienststellung der Lockheed C-130 Hercules, nicht zuletzt wegen der sehr hohen Ausfallrate der Triebwerke. Auch der Vorschlag, die Beverley mit Turboprop-Triebwerken Rolls-Royce Tyne zur B.107 mit 7800 km Reichweite weiterzuentwickeln, fand keine Unterstützung. Die vierte Maschine aus der Serienproduktion mit dem Luftfahrzeugkennzeichen G-AOEK transportierte vom 22. September 1955 für vier Monate schwere Ölbohrausrüstung. Die Flüge wurden im Auftrag der Iraq Petroleum Co. von Blackburn und Hunting Clan Air Transport durchgeführt. Quelle: Wikipedia
Im Frühjahr 1973 erwarb die britische Fluggesellschaft Court Line die letzte noch in Farnborough zu Versuchszwecken dienende Maschine (XB259). Die Gesellschaft wollte dieses Flugzeug zum Transport von Düsentriebwerken nutzen. Die Zulassung als zivile Frachtmaschine wurde aber nicht erteilt. Am 30. März 1974 flog die Maschine zum letzten Mal und beendete die aktive Geschichte dieses Flugzeuges. Diese Maschine befindet sich im Fort Paull Museum in Kingston-upon-Hull, alle anderen wurden verschrottet.
Quelle: Wikipedia
Modell: Derzeitig verbinden die Menschen mit der Ukraine nur einen weiteren Krisenherd in der heutigen turbulenten Welt. Uns Modellbauer kommen da eher positivere Gedanken, ist doch das Land so etwas wie ein Hotspot der Modellhersteller. Immer mehr Firmen tauchen am Himmel auf und füllen mit ihren Produkten die bestehenden Lücken im Sortiment der anderen Hersteller. So auch Mikro-Mir, welche nun die Blackburn Beverley in 1/144 realisiert hat. Mit dieser Typenwahl zeigt man der Tradition Amodels folgend, den Hang zu skurillen und eher unbekannten Flugzeugen. In diese Kategorie passt die Beverley auch gut hinein. Mich erinnert sie auch ein wenig an die Messerschmitt Gigant, die Entstehungsgeschichte bietet auch einige Parallelen.
Doch zum Modell, der Kit kommt in einem etwas labbrigen Karton daher. Sechs Spritzrahmen in grauem Plastik, einer in klarem Plastik sowie ein kleiner Ätzteilebogen sind vorhanden. Zweifelsohne ist zu Erkennen, das es sich um einen Short-Run Bausatz handelt. Dies ist aber typisch und der geneigte Modellbauer weiß auch, worauf er sich einlässt. So ist etwas mehr Arbeit beim Versäubern, sorgfältiges Anpassen und Zusammenkleben der Teile sowie der Einsatz von Spachtelmasse die notwendigen Übel beim Bau eines solchen Kits. Diesen Kompromiss muss man aufgrund der Typenwahl eingehen.
Die Aufteilung des Bausatzes ist typisch, wobei man sagen muss, das zweiteilige Trag- und Steuerflächenhinterkannten auch inzwischen bei Short-Run seltener zu finden sind. In diesem Fall sind sie leider noch so ausgeführt, wobei übermäßig dicke Hinterkannten nicht zu erwarten sind. Interessant sind schon eher die Taschen am Rumpf, in die Tragflächen kommen sollen. Wenn es am Ende gut passt, eine tolle Sache. Der Rumpf bietet auch ein recht ansehnliches Innenleben im Bereich des Laderaumes, welches am Ende zum Beispiel durch die Möglichkeit des offenen Hecks sichtbar wäre.
Beim Vorbild werden die Türen einfach abmontiert und eine Art Luftleitbleche angebracht. Diese sind auch im Kasten vorhanden. Das recht gute und komplette Cockpit ist gut sichtbar durch die Cockpitfenster. Kurioser Weise sind die Rumpffenster geschlossen und mit einer Gravur dargestellt. Sie sollen durch Decals angedeutet werden. Hier kann (sollte) man also für eine einheitliche Darstellung den Bohrer ansetzen. Gut gefallen mir die offenen Lufteinläufe an den Triebwerken, die Sternmotoren werden durch den ersten Kreis dargestellt. Viel mehr ist später aber auch nicht sichtbar in den engen Verkleidungen, zumal ja auch die Spinner sehr massiv sind. Die Propellerblätter benötigen etwas Versäuberung, zeigen sich aber bereits recht scharfkantig. Die wechselnde Steigung der Blätter sieht vorbildgerecht aus.
Das Starrfahrwerk sieht ebenfalls gut aus. An den Rädern mit verkleideten Felgen ist die Öffnung für das Ventil vorhanden. Die PE-Teile dienen zur Darstellung von Antennen, Sonden und dem Innenbereich der Frachtraumtüren, was dem sinnvollen Einsatzbereich solcher Teile voll entspricht. Die drei Klarsichteile sind sauber und schlierenfrei abgespritzt, die Streben sind auch gut erkennbar. Zur Maskierung liegen Masken bei, eine tolle Sache.
Die Bauanleitung ist gut gestaltet, insbesondere die im Maßstab gehaltenen Zeichnungen zur Positionierung der Ätzteile gefallen mir gut. Die Farbangaben sind verbal ohne Angabe auf einen Hersteller, was allerdings bei den von der RAF verwendeten Tönen auch kein Problem ist, werden sie doch von vielen Farbherstellern angeboten. Die Bemalungszeichnungen der vier darstellbaren Maschinen sind farbig ausgeführt, was auch ein weiterer Pluspunkt ist. Die glänzend gedruckten Decals scheinen in Eigenregie durch Mikro-Mir hergestellt. Die Qualität ist auf jeden Fall gut, alles ist im Register gedruckt. Nur die Darstellung der Rumpffenster als kleine schwarze Punkte ist nicht mehr zeitgemäß. Hoffen wir, dass die Abziehbilder sich gut verarbeiten lassen.
Als Optionen werden die folgenden Maschinen angeboten:
Die Farbangaben beziehen sich wie immer auf das Programm von Gunze.
Fazit: Mit Mikro-Mir betritt ein weiterer Hersteller aus der Ukraine die Bühne des Plastikmodellbaues. Auch hier werden konsequent die bisher vernachlässigten Muster abgearbeitet. Unter der Präambel eines Short-Run Bausatzes macht der vorliegende Kit einen guten ersten Eindruck. Mit etwas Fleiß kann ein tolles Modell eines Transporter aus der Reihe der kuriosen Flugzeuge aus England entstehen. Daher für den fortgeschrittenen Modellbauer eine klare Empfehlung.
Erhältlich sind die Bausätze von Mikro-Mir im gut sortierten Fachhandel oder für Händler bei Glow2b
Sebastian Adolf, Gaimersheim (Februar 2016)