Avia S-199 "Messer/Sakin"

Kovozavody Prostejov KPM 0006 - 1/72

Zum Vorbild: Ähnlich der australischen „Boomerang“ war die Avia S-199 eine Art „Stop Gap Fighter“ der neuen tschechischen Luftwaffe, der allerdings trotz aller Mängel bis weit in die 50er Jahre im Einsatz war. Bereits kurz nach Kriegsende 1945 erhielt die in Prag beheimatete Firma Avia den Auftrag, aus vorhandenem Material der bis Kriegsende dort gebauten Maschinen der Baumuster Bf 109G-10, G-14 und K-4 die „109“ weiterzubauen und so den dringensten Bedarf der neuen tschechischen Luftwaffe abzudecken. Mitte 1946 gingen dann die ersten Maschinen der Bauserie C-10 an die tschechische Armee und wurden von dort dem „nationalen Sicherheitskorps (SNB)“ übergeben. Insgesamt wurden hier angeblich 21 Stück, davon zwei als Trainer auf Bf 109 G-12-Basis gebaut. Diese Maschinen erhielten später die Bezeichnung S-99.

Kurz nach Beginn der Bauserie wurden aber im August 1945 nahezu alle für den Bau benötigten Motoren des Typs DB605AM zerstört, als das Lagerhaus, in dem sie eingelagert waren, vermutlich durch Sabotage abbrannte. So stand man vor der Alternative, die Fertigung einzustellen oder einen anderen Weg zu gehen. Da Motoren des Typs Jumo 211F aus der ebenfalls ins „Protektorat“ ausgelagerten Fertigung dieses Motortyps für die Heinkel He 11H in genügender Stückzahl im Gebiet der nunmehr gegründeten Tschechoslowakei vorrätig waren, gingen die Ingenieure von Avia daran, eine neue Frontpartie an die Bf 109G-Zellen anzubauen, die nunmehr den Jumo 211F aufnehmen konnte. Die neue Baureihe erhielt die Bezeichnung S-199, die zweisitzige Trainerversion die Bezeichnung CS-199 und wurde ab 1947 in Serie produziert.

Bis zur Einstellung der Fertigung 1949 baute Avia rund 550 dieser Maschinen, die - so die Quellen - sehr schwierig zu fliegen war. Während der Bauzeit wurden die Avia S-199 verschiedenen Modifikationen unterzogen, darunter Änderung der Cockpitkanzel und des Kühlers. 1957 stellten die tschechische Luftwaffe die letzten S-199 außer Dienst. Generell genoss die „Mezek“, wie sie bei den tschechischen Piloten bald auf Grund ihrer sehr schwierigen Flugeigenschaften und Problemen hieß, keinen guten Ruf, doch war sie gerade in der Anfangszeit flächendeckend das einzige Jagdflugzeug, das der tschechische Staat in ausreichender Zahl vorhalten konnte.

Hier eine späte S-199 mit vergrößerter Schiebehaube in tschechischen Diensten:


Quelle: Wikipedia

Die Avia S-199 bei der IDF: Im Mai 1948 hatte der gerade gegründete Staat Israel 10 Avia S-199 für eine horrende Summe damals 1,8 Millionen USD) in der Tschechoslowakei gekauft, da andere Staaten, darunter Südafrika, keine Exportgenehmigungen für "Surplus"-Flugzeuge gaben, Zudem hatte Israel eine Option für 15 weitere Maschinen dieses Typs vereinbart. Wenn man bedenkt, dass damals P-51 für rund 4.000,- USD gehandelt wurden, erkennt man die absolute Notlage, in der sich der junge Staat Israel befand.

Bestandteil dieses Deals war aber auch eine Schulung der Piloten in der Tschechoslowakei, sowie Hilfe beim Zusammenbau und der Wartung „vor Ort“ bis zur Einsatzreife durch die tschechischen Techniker. Eine gute Handvoll israelische Piloten, die bereits während des Krieges bei der USAAF, RAF und anderen Luftwaffen gedient hatten unterzogen sich so dem harten Training von tschechischen Piloten, allesamt ehemalige RAF-Veteranen auf Maschinen, deren Ursprung auf den Staat zurückging, der das Judentum vernichten hatte wollen. Einen größeren Anachronismus kann man sich fast nicht vorstellen.

Die ersten zehn der dann insgesamt 24 an Israel ausgelieferten Maschinen ( eine ging vorher zu Bruch) erreichten unter schwierigsten Umständen Israel und wurden dort sofort zusammengebaut und gegen die REAF zum Einsatz gebracht. Viele Unfälle, technische Mängel und Unzulänglichkeiten erschwerten den Einsatz, so dass nie mehr als ein halbes Dutzend dieser Maschinen bei der No. 101 Sqn der IDF einsatzbereit waren. Die „Sakhin“, so ihr Spitzname in Israel, war aber das erste einsatzbereite Jagdflugzeug und damit gerade anfänglich für die Moral der Verteidiger des jungen Staates fast überlebenswichtige Symbol, sich auch in der Luft gegen überlegene Streitkräfte der benachbarten Staaten verteidigen zu können.

Ein Name ist besonders mit der S-199 verbunden: Ezer Weizmann, der spätere Präsident Israels, war einer der ersten Piloten, der die S-199 in Israel im Kampfeinsatz flog.

Als die Tschechoslowakei Israel 1948 den Kauf der nicht mehr benötigten Supermarine Spitfire LFIXE anbot und Israel diesem zustimmte, wurde die S-199 immer mehr aus dem Einsatzgeschehen herausgenommen und durch die zuverlässigeren Spitfires und ebenfalls zugekauften P-51 ersetzt. Im Juni 1949 standen noch insgesamt sechs S-199 auf der Inventarliste der IDF, eine davon als „Ersatzteilsprender“. Danach kam dieser Typ nicht mehr zum Einsatz.


Für alle Interessierten sei hier folgendes Buch zur sehr spannenden Geschichte des jungen Staates Israel und vor allem der "Mezek" bei der IDF empfohlen:

 
(ISBN 0-9774627-1-4)

Hierin ist die komplette Geschichte der S-199 der IDF mit Bildern und hervorragenden Seitenrissen der einzelnen Maschine beschrieben.
Heute existieren noch drei S-199/CS-199: Eine S-199 im Museum der IDF, sowie je eine S-199 und CS-199 im Luftfahrtmuseum Kbely bei Prag, letztere beiden hervorragend restauriert.

Zum Modell: Obschon dieser Typ an sich im Original ein sehr kurz gebauter und einzigartige Maschine war, gab es schon seit den 60er Jahren Bausätze der S-199. Zunächst baute KP aus der damaligen Tschechoslowakei die Baumuster S-199 und CS-199 - auch im damaligen "Westen" gesuchte Kits -, da diese damals die besten Grundbausätze für späte Bf 109-Varianten waren. Die KP S-199/CS-199 kam unter verschiedenen Labels immer wieder mal über die Jahrzehnte auf den Markt, zuletzt bei Kopro. Vor ca. 5-6 Jahren stellte dann AML ebenfalls eine S-199 vor, die aber auf Grund ihrer Qualität und des in großem Kontrast dazu stehenden Preises nie eine wirkliche Konkurrenz des "uralten" KP-Modelles war.
2013 übernahm Petr Muzikant, Inhaber der tschechischen Firma AZ-Models, die Marke "KP" und präsentiert nunmehr die S-199. Anfängliche Befürchtungen, dass es sich bei diesem Bausatz wiederum um ein "Re-Boxing" handeln würde, bewahrheiteten sich glücklicherweise nicht, es ist eine komplette Neuentwicklung auf Basis der Bf 109-Serie aus dem Hause AZ.

Hier der komplette Bausatz in der israelischen Version:

In der für AZ-Modelle typischen seitlich zu öffnenden Schachtel befinden sich sauber in Folie verpackt drei graue Spritzlinge mit insgesamt 99 in stabilem, harten Kunststoff gespritzte Bauteilen und ein transparenter Spritzling mit Kabinenverglasung und Rückenpanzerung, dazu eine sehr übersichtliche, mehrfarbige Bauanleitung. Ein kleiner, aber sehr gut gefertigter Abziehbilderbogen rundet den Bausatz ab, aus dem der Bau folgender drei Maschinen ermöglicht wird:

  1. D-120 der No. 101 Sqn IDF - 1948
  2. D-117 der No.101 Sqn IDF - 1948
  3. No. 1901 als "Wahrzeichen" am Mugrabi Square in Tel Aviv, 1950

Farbangaben sind in Humbrol- oder Agama-Farbtönen zutreffend wiedergegeben.
Die Schachtelrückseite mit zwei der baubaren Versionen:

Der Bauplan mit der dritten Version:

Rißzeichnungen - viele der Teile (rot und durchgestrichen) dienen als Ersatzteile für andere Versionen der Bf109:

Die Decals:

Der "Einheitsspritzling aus der AZ BF109-G-Serie - man beachte das "Innenleben" der Fahrwerksschächte, Flaps und diverse Varianten der Steuerflächen und Seitenruder:

Dasselbe von der anderen Seite:

Flügel, Propeller, Räder - ebenfalls aus dem AZ-Sortiment:

Dto. von der anderen Seite:

Und hier der neue Spritzling:- Rumpf und Propeller :

In den Rumpfhälften ist die Inneneinrichtung bereits nachgebildet:

Detail: Motorhaube neu:

Die Verglasung::



Fazit: Ich gebe zu, ich bin voreingenommen, da die S-199 zu meinen absoluten Lieblingsmaschine gehört. Fein gravierte Paneele, nicht zu übertrieben vorhandene Nietenreihen und weitestgehend gratfreie Spritzung machen den Kit nach meinem Dafürhalten zu einem "Must Have" nicht nur des Messerschmitt-Fans. Zusammen mit der ebenfalls nunmehr erhältlichen tschechischen Version (s . separate Vorstellung) ist dies eine sicher willkommene Bereicherung der 1/72er Modellsammlung.

Michael Hase, Nürnberg