Historie: Der "Donnerkeil" dürfte für die meisten Luftfahrtinteressierten kein unbekannter sein. Ob der Spitzname "Jug" für diese Maschine tatsächlich von "Juggernaut" (in etwa "der alles niederwalzt") oder etwas profaner vom englischen Begriff für Krug kommt und damit auf die runde, stabile Form der P-47 anspielt kann nicht mehr eindeutig belegt werden, beide Bezeichnungen charakterisieren jedoch dieses größte einmotorige Jagdflugzeuges des zweiten Weltkriegs recht gut.
Doppelt so schwer wie eine Bf 109 und 50% schwerer als eine FW 190 stammt dieses Flugzeug dennoch von einem wahren Winzling, der Seversky P-35, ab, die über die ebenfalls eher kleine, leichtbewaffnete P-43 Lancer und die P-44 Rocket schließlich die Metamorphose zum 5,2 t-Ungetüm mit turbogeladenem 2000 hp.Pratt & Witney R-2800 Sternmotor und acht 0,5 inch Maschinengewehren durchmachte.
Die neue Konstellation war so vielversprechend, dass noch vor dem Erstflug einer Serienmaschine im Dezember 1941 bereits 773 Einheiten geordert wurden. Aus diesen sollten bis Kriegsende mehr als 15000 Stück werden, kein amerikanischer Jäger wurde in so großen Stückzahlen gebaut. Ihre große Reichweite und hohe Beschussfestigkeit machten die Thunderbolt zum idealen Begleitjäger für die amerikanischen Tagbombardements auf Deutschland. Aber auch als Jagdbomber war sie erfolgreich.
Mit diesem Bausatz legt HobbyBoss eine neue Reihe auf mit bekannten Vorbildern in 1:48,(eine P-40E ist auch bereits erschienen). Zielgruppe sind junge Modellbauer ab 14, denen der Kauf durch einen relativ günstigen Pries um 12 Euro schmackhaft gemacht werden soll. Der Hinweis "Easy Assembly" sowie der etwas reißerische Namenszusatz "Fighter" weisen ebenfalls auf die löbliche Absicht des Herstellers hin, Neulinge für unser Hobby zu gewinnen.
Der Karton ist wie von HobbyBoss gewohnt zweiteilig und sehr stabil. Als Deckelbild zieren ihn Seitenansichten der beiden zu bauenden Varianten An den Seiten finden sich auch die einzigen historischen Angaben zum Vorbild, leider etwas sparsam!
Die vier grauen Spritzrahmen sind jeder für sich in einem Plastikbeutel verpackt, die Cockpithaube und scharfe Kanten an der Rumpfhälften tragen zusätzlich Schaumgummi-Polsterungen. Davon kann sich manch andere Firma ein Stück abschneiden! Zur beweglichen Montage der Räder und Propeller finden sich acht Polycaps. Die Bauanleitung kommt allein mit Symbolen aus und ist dennoch klar und verständlich.
Als Vorlage für die Bemalung gibt es wie firmenüblich ein Hochglanz-Farbblatt mit Vierseiten-Ansichten der zwei angebotenen Versionen: LtCol. Francis Gabreski, 61st FS, 56th FG, Juni 1944 in Grau/Grün und Capt. Howard Parks 531st FS, 406 FG, 1944 "Big Ass Bird" in Naturmetall und Rot. Die Farbangaben beziehen sich auf Gunze, Vallejo, Model Master, Tamiya und Humbrol. Vorbildlich!
Der Kunststoff ist dem Stand der Technik entsprechend sauber und ohne Grat gespritzt, die großen Teile zeigen jedoch einige Schlieren. Auswerfermarkierungen finden sich nur an später nicht mehr sichtbaren Stellen. Die Oberfläche ist etwas rauh und mit sehr zarten Gravuren überzogen. Der Unterschied zwischen Blechtstößen und Ruderspalten ist mir persönlich zu wenig definiert. Glücklicherweise finden sich keine der im Fernen Osten so beliebten Nietenreihen auf den Teilen. Die Cockpithaube ist wie von HobbyBoss gewohnt sehr glasklar, aber leider einteilig und an den Seiten von Panzerglasstärke, so dass sich ein Auseinandersägen verbietet und der Blick ins Innere getrübt wird. Wer hier mehr will, muss sich mit Teilen aus der Grqbbelkiste oder einer Vakuhaube von Squadron/Falcon behelfen.
Innen an den Rumpfhälften fallen gewaltige zentrale Passzapfen auf, die vermutlich für einen bombensicheren Halt sorgen. Ich frage mich, ob dieser Bausatz mal ursprünglich als Snap-Kit konzipiert war...
Der Arbeitsplatz des Piloten ist in Form einer Wanne dargestellt mit Seitenelementen, die einzig der Fantasie des Formenbauers entsprungen sein können und mit der Realität nicht das geringste zu tun haben. Das Instrumentenbrett andererseits zeigt recht schöne erhabene Instrumente, für die es ein Decal gibt und die auch auf der Rückseite nachgebildet sind, sowie daran angegossen filigrane Ruderpedale. Ansonsten gibt es im Cockpit nur noch einen Sitz ohne Gurte, ein Reflexvisier mit Halterung und die hintere Abdeckung, alles recht gut detailliert. In Anbetracht der einteiligen Cockpithaube dürfte dies ausreichen. Vielleicht sollte man aber noch ein paar Gurte ergänzen.
Das Fahrwerk besteht aus sehr einfachen Streben, an denen die Stoßdämpferscheren und die untere Abdeckung angegossen sind, was gebaut nicht sehr realistisch aussehen dürfte. Die Räder sind zweiteilig, mit gutem Profil, aber ohne Abplattung, da sie ja durch die Polycaps drehbar gehalten werden sollen. Es gibt nur die Variante mit abgedeckten Felgen. Die Fahrwerksschächte sind ebenso wie die übrigen Klappen ausreichend detailliert, es fehlen allerdings die Einzugsstreben der inneren Klappen, die man aber relativ einfach aus Draht oder Evergreen-Material nachbilden kann. Die Blätter des Curtiss-Electric Propellers sind zu ausladend und laufen auch zu spitz zu. Hier kann evtl. durch Schleifen Abhilfe geschaffen werden.
An Tragflächen und Leitwerk gibt es keine separaten Klappen oder Ruder, die Hinterkanten sind aber realistisch dünn, was einiges an Arbeit sparen dürfte. Zum Drunterhängen gibt es leider nichts außer einen großen Tank unter dem Rumpf. Flügeltanks, Bomben oder Raketen: Fehlanzeige. Wer´s braucht, muss also selber nachrüsten!
Bis hierher haben wir einen einfachen, aber qualitativ hochwertigen Kit, der mit ein wenig Aufwand aufgehübscht werden kann. Aber, vermutlich in der Absicht, es den jungen Aspiranten so einfach wie möglich zu machen, hat HobbyBoss den Motor, die Motorhaube und die Lüftungsklappen in einem Stück dargestellt. Abgesehen davon, dass eine detaillierte Bemalung damit nur unter Verrenkungen gelingen dürfte, sind die Innenseiten der Haube überhaupt nicht nach außen gewölbt, sondern streben von der Öffnung gerade nach hinten, was dazu führt, dass die äußeren Teile des ansonsten recht schön dargestellten Motors in den Wänden verschwinden. Wahrscheinlich ist dies spritztechnisch nicht anders zu verwirklichen. Hier hätte man aber unbedingt einen anderen Weg gehen sollen, denn selbst wenn man die Innenseiten schwarz lackiert um diesen Fehler zu kaschieren, ist der Motor immer noch viel zu klein!
Fazit: HobbyBoss hat hier einen guten Einsteiger-Kit zu einem fairen Preis kreiert. Wer sich an den Problemen mit dem Motor nicht stört, kann sicher in kurzer Zeit ein ansprechendes Modell aus diesem Bausatz entstehen lassen. Für alle anderen gibt es reichlich Alternativen auf dem Markt...
Empfehlenswert ist der Bausatz für den/die junge(n) Modellbauer(in), der/die schnell etwas fertig haben möchte, um damit die Lufthoheit im Jugendzimmer zu erringen!
Utz Schißau (Berlin, Juli 2012)
Literatur (Auswahl):
Stafford, G.B. und D. Greer Thunderbolt P-47 Squadron/Signal Publications Podzun-Pallas-Verlag 1977 |
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Drendel, L. und D. Greer Walk Around P-47 Thunderbolt Walk Around Number 11 Squadron/Signal Publications |
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Wikipedia "P-47" |