Avro Vulcan B2

Great Wall Hobby L1001 - 1/144

Zum Vorbild: Die Avro Vulcan war ein strategischer Bomber und gehörte mit der Vickers Valiant und der Handley Page Victor zu den berühmten britischen "V-Bombern". Mit dem für die Zeit hochmodernen Entwurf betrat man so viel technisches Neuland, dass man sich bei Avro zum Bau der Avro 707 entschloss, mit dem das Verhalten des Deltaflügels erprobt wurde. Der Erstflug des Vulcan-Prototyps war am 30.August 1952; ab 1956 wurde das neue Muster bei der RAF eingeführt.

Erfahrungen im Flugbetrieb mit der ersten Version B.1 zeigten, dass es zu Vibrationen unter bestimmten Flugzuständen kam. Dies führte zur Entwicklung der Version B.2 mit einem deutlich anderen Tragflächenprofil. Erkennbar ist diese Version an der nicht mehr geradlinigen Tragflächenvorderkante. Diese Version hatte ihren Erstflug am 31. August 1957. Von den insgesamt gebauten 136 Flugzeugen gehörten 91 zu dieser Variante.

Die Form des Flugzeugs hatte zur Folge, dass es wenig Radar-Rückstrahlfläche hatte. Damit war recht früh ein Fluggerät mit Stealth-Eigenschaften entstanden, wenn auch eher noch zufällig. Ursprünglich sollte die Vulcan freifallende Atombomben in die Sowjetunion tragen, die verbesserte Luftabwehr erforderte den Einbau diverser ECM–Einrichtungen. Diese wurden in einer knollenförmigen Rumpfverlängerung hinter dem Leitwerk untergebracht. Zur Steigerung der Überlebenschance beim Eindringen in den feindlichen Luftraum musste man auch die Strategie des Fliegens in großer Höhe hinunter zum Tiefflug anpassen.

Diese Einsatzform belastete die Zellen der Maschinen sehr stark und die Lebensdauer sank rapide. Die Einführung von Abstandswaffen sollte die Erfolgchancen der Mission wieder verbessern. Das amerikanische Skybolt-Programm war hierfür vorgesehen, jedoch wurde die Entwicklung dieser Waffe abgebrochen. Stattdessen trugen die Verbände in den 1960er Jahren die britische Blue Steel–Rakete. Als die britische nukleare Abschreckung auf die Polaris–U-Boote der Royal Navy übertragen wurde, verloren die Bombergeschwader ihre strategische Bedeutung. Stattdessen war nun die Rolle des konventionellen Bombardements vorgesehen. Jedoch wurde das Muster bereits aus obengenannten Gründen ab 1974 Schritt für Schritt außer Dienst gestellt.

Mehrere Einsätze, zum Glück konventionell, flog die Vulcan 1982 während des Falklandkrieges im Rahmen der Operation "Black Buck". Das Ziel dieser Einsätze war u.a. der seinerzeit argentinisch besetzte Flugplatz von Port Stanley. Die Insel Ascension in der Mitte des Atlantiks war dafür der Ausgangspunkt. Das Ziel war gute 6.200 km von der Basis entfernt, und es erforderte eine Flotte von insgesamt elf Tankflugzeugen, um einen einzelnen Bomber den Einsatz zu ermöglichen. Insgesamt wurden fünf dieser Einsätze geflogen, davon drei gegen die Landebahn des Flugplatzes in Port Stanley, die übrigen zwei gegen argentinische Radaranlagen. Dazu wurden die Bomber mit der amerikanischen AGM-45 Shrike Antiradar-Rakete ausgerüstet. Der militärische Sinn und die Wirksamkeit dieser Einsätze bleiben bis heute umstritten, die fliegerische und logistische Leistung der Besatzungen der Tankflugzeuge und Bomber ist jedoch herausragend. Großbritannien zeigte ganz klar seinen Willen zur Verteidigung der Inselgruppe.

Die letzten Vulcan wurden im März 1984 außer Dienst gestellt. Damit war sie der letzte der drei V-Bomber, der noch in seiner ursprünglichen Rolle als Bomber im Einsatz war. Einige wenige wurden zu Tankflugzeugen umgebaut und blieben bis 1990 im Einsatz. Heute existieren insgesamt noch 18 der Flugzeuge, von denen die XH558 seit 2007 wieder flugfähig ist. Die Vulcan ist eine der bekanntesten britischen Flugzeugmuster und eine wahre Ikone.

Zum Modell: Bisher war von der Vulcan in 144er Maßstab ein Vacumodell von Welsh sowie jeweils ein Resinmodell von Anigrand und Wolfpack verfügbar. Letztes Jahr brachte die japanische Firma PitRoad einen zeitgemäßen Spritzgussbausatz auf den Markt. Jedoch sind diese primär nur im Heimatland erhältlich. Nun hat die noch recht junge Firma Great Wall Hobby, neuerdings GWH, diesen Bausatz unter ihrem Label aufgelegt. Damit ist er nun auch in Europa gut erhältlich. In den Innenseiten der beiden Rumpfes/Flügelbauteile finden sich deutlich die PitRoad Insignien.

Der Kit wird in einem klassischen stabilen Stülpkarton geliefert. Die Verpackung der Teile muss als vorbildlich beschrieben werden, denn die beiden großen Bauteile sind sehr sorgfältig gegen Transportbeschädigungen verpackt. Eine Einlage trennt sie von den anderen Rahmen mit den kleineren Bauteilen. Auf insgesamt 6 Rahmen verteilen sich rund 50 Teile, davon 4 in einem üblichen Grauton, einmal aus klarem Kunststoff für die Cockpithaube sowie aus schwarzem Plastik für einen Ständer zur Präsentation. Die beiden großen Hälften für den Flügel/Rumpf haben keinerlei Angusspunkt und Nähte an der Außenseite. Sie sind ein hervorragendes Beispiel für den modernen Formenbau. Sehr feine Details und Gravuren zeichnen sie aus, selbstverständlich sind die Hinterkanten einteilig.

Insgesamt ist das auffällige Profil des Deltaflügels in all seinen unterschiedlichen Anstellwinkel sehr gut wiedergegeben. Auf der Innenseite sind eine Unmenge von Passstiften vorhanden. Eine Trockenprobe zeigt mit großer Freude, dass sich der Aufwand gelohnt hat. Fast schon wie SnapFit-Bausatz klicken sich die zwei Teile zusammen, so dass fast ohne Kleber gearbeitet werden kann. In der Bauanleitung wird auf ein Gewicht hingewiesen, die genaue Menge aber verschwiegen. Bei dem kurzen Radstand sollte man recht großzügig sein.

Das Cockpit ist eher einfach gehalten, allerdings ist durch die schmalen Fenster später auch nicht viel mehr zu sehen. Wer will kann die beiden Pilotenfiguren auf den Sitzen platzieren. Als weitere Option können die Bombenschachttüren in offener Position eingebaut werden, allerdings ist der Schacht nur recht einfach wiedergeben. Hier kann sich die Zubehörindustrie austoben. In geschlossener Darstellung dienen die Türen als Träger für den Ständer. Das Seitenleitwerk wurde in seiner Aufteilung so gewählt, dass wiederum eine scharfe Hinterkante vorhanden ist. Wer will, kann noch die Einstiegstür in geöffneter Stellung einbauen, die Leiter ist etwas vereinfacht auf der Innenseite mit aufgeprägt.

Komplettiert wird die ganze Baugruppe mit den markanten Lufteinläufen und schon ist im Wesentlichen die außergewöhnliche Form der Vulcan erkennbar. Oft sind ja Lufteinlässe Punkte massiver Kritik an Bausätzen, aber diese hier überzeugen voll und ganz. Die jeweils aus einem Teil bestehenden Kanäle sind vorbildgerecht mit sehr dünnen Kanten versehen und verfügen über die volle Tiefe bis zur dargestellten ersten Triebwerksstufe. Mittels eines L-förmigen Passstücks werden sie exakt an der richtigen Stelle fixiert; eine Trockenprobe zeigte auch hier keine Probleme. Auf der anderen Seite sind auch die vier Düsen mit sehr dünnen Wandstärken dargestellt.

Auch die restlichen Teile überzeugen voll und ganz, das Fahrwerk und die gut erkennbaren Felgen sind sehr fein wiedergegeben. Einige Antennen runden das Bild ab. In sprechend der Titulierung des Kit´s liegen auf einen separaten Spritzling die für die Darstellung eines "Black Buck" Veteranen die Shrike-Raketen plus Aufhängung bei. Dazu muss in die Unterseite der Tragflächen ein Loch an vorgesehener Stelle gebohrt werden.

Die Klarsichteile gefallen auch durch ihre Klarheit und die sauberen Gravuren, die das Maskieren erleichtern sollten. Die Bauanleitung stellt in übersichtlicher Form in fünf Schritten den Bau dar. Auf einem knapp A3 großem Faltblatt wird in farbiger Darstellung der Tarnverlauf gezeigt. Der Clou ist, dass diese Zeichnungen in 1:144 gedruckt sind. Damit kann man sich das Blatt kopieren und sich z.B. daraus Masken für das Lackieren erstellen.



Die Farbangaben beziehen sich auf das Farbsystem von Gunze, aber auch die Angaben in FS und BS381C fehlen nicht. Die Nassschiebebilder sind matt und ohne Fehler gedruckt. Sie erlauben die Darstellung von zwei Maschinen aus der Zeit des Falklandkrieges:

Fazit: Dieses Modell ist ohne Zweifel ein "Rundum-Glücklich-Paket" und versprich ein schönes und in kurzer Zeit erreichbares Erfolgserlebnis. Dieses sollten auch Anfänger erleben können. Daher die klare Empfehlung für alle 144er Freunde oder auch andere!

Erhältlich sind die Bausätze von GWH im gut sortierten Fachhandel. Deutschlandimporteur ist Glow2b.

Sebastian Adolf, Gaimersheim (März 2013)