Westland Lysander Mk. III

Eduard 8290 - ProfiPACK - 1/48

Vorbild: Die Westland Lysander war ein Verbindungsflugzeug des britischen Herstellers Westland Aircraft. Sie diente seit Ende 1938 bei der Royal Air Force. Auf die Spezifikation A.39/34 (Ersatz für Hawker Audax) von W. E. W. Petter entwickelt, fand der Erstflug des Prototyps (Baunummer K6127) am 15. Juni 1936 statt. Schon im September 1936 folgte der erste Serienbau-Auftrag über 144 Flugzeuge, obwohl es ungelöste Trimmprobleme am Leitwerk gab. Am 11. Dezember 1936 flog auch K6128, der zweite Prototyp, der später einen schweren Tragflügelschaden bei Sturzflugtests mit sicherer Landung überstand und ab 1938 für Tropentests in Indien verwendet wurde. Die Bauserie I lief nach 131 Flugzeugen aus. Sie wurde auf den Produktionsbändern von der Bauserie II abgelöst (433 Maschinen), die den etwas stärkeren Bristol Perseus Motor XII (905 h.p.) verwendete und auch etwas schwerer war. Meistgebaute Variante war die Bauserie III bzw. IIIA (804 Flugzeuge), die zum Bristol Mercury Motor zurückkehrte (Serie XX, 870 h.p.) und für Spezialaufgaben ausgerüstet werden konnte (III-SD oder IIIA-SD). Sie war die vielseitigste, aber auch die schwerste Lysander (IIIA einschließlich Zusatzpanzerung), was sich in reduzierten Flugleistungen, vor allem bei der Steigfähigkeit und der Höchstgeschwindigkeit in größerer Höhe bemerkbar machte. Insgesamt wurden einschließlich von 225 in Kanada in Lizenz gefertigten Maschinen 1.593 Flugzeuge des Typs Lysander gebaut. Eine interessante Variante war die 1941 mit dem umgebauten ersten Prototyp getestete Ausrüstung mit einem Maschinengewehr-Heckturm und Doppelleitwerk. Trotz guter Flugleistungen gab es keine wirkliche Verwendung hierfür, und das Projekt wurde nicht weiter verfolgt.

Ab 1939 wurden Lysander-Staffeln nach Frankreich verlegt. Insgesamt kamen dort bis Mai 1940 174 Flugzeuge zum Kriegseinsatz, von denen 118 verloren gingen. Die langsame Maschine war eine leichte Beute für moderne Jagdflugzeuge, obwohl sie recht gut bewaffnet war und in Einzelfällen auch Luftsiege errang. Bekannt wurde dann die "Rückkehr nach Frankreich" während der Zeit der deutschen Besatzung, in der nachgerüsteten Lysander III Spezialeinsätze wie Einfliegen von Agenten, das Versorgen der Résistance, das Ausfliegen wichtiger Personen und ähnliche Spezialaufgaben in Frankreich durchführten. Wesentlich war dabei die Fähigkeit der Lysander, auf unvorbereiteten Pisten wie Feldern und Straßen je nach Bedarf landen und starten zu können, oft nachts. Über 400 dieser Einsätze fanden bis 1944 statt, mit nur zwei verlorenen Flugzeugen. Die überwiegend schwarz gestrichenen Flugzeuge führten auch spezielle, schwer erkennbare Hoheitszeichen (hellblau/dunkelblau statt blau/weiß/rot).

Die letzte Einsatzstaffel (357. Sqdn.) flog den Typ bis November 1945, und im Januar 1946 endete die Verwendung in der Royal Air Force. Die letzten Einsätze des Typs überhaupt fanden durch 12 Maschinen der 3. ägyptischen Luftwaffenstaffel 1948 im ersten Krieg gegen Israel statt. Einige Maschinen blieben in Kanada aber bis in die fünfziger Jahre im zivilen Einsatz oder in Reserve. Heute fliegen immer noch einzelne restaurierte Exemplare, die gelegentlich bei Oldtimer-Flugshows beobachtet werden können.

Die Lizzie kann als das britische Gegenstück zur Fieseler Storch gesehen werden: beide waren Hochdecker, großzügig mit Auftriebshilfen versehen, mit starrem Fahrwerk; beide hatten eine sehr kurze Start- und Landestrecke (STOL-Eigenschaften). Die Lysander war jedoch größer und stärker, so dass sie neben den Verbindungsaufgaben noch eine Reihe anderer Rollen spielen konnte: Zielschleppflugzeug, Seenotrettungsflugzeug, Schleppflugzeug für Segelflugzeuge und sogar leichter Bomber. Am bekanntesten wurde sie aber wahrscheinlich als das Flugzeug, mit dem die SOE (Special Operations Executive) ihre Agenten im besetzten Europa absetzte. (Quelle Wikipedia)

Bausatz: Auf der grau-orangenen Stülpbox zeigt Eduard eine dynamische Darstellung, die mich an alte Airfix-Zeiten erinnert, eine Lysander legt sich nach einem erfolgreichen Bombenangriff auf einen Konvoi in eine Steilkurve, während der Navigator sich am hinteren MG für die Abwehr drohender Angriffe bereithält.

Der Kit besteht aus 96 Teilen in mittelgrauem Plastik, sowie sieben Klarteilen an einem ovalen Spritzling. Eine zwölfseitige farbige Bauanleitung in DIN A5 mit 5 Vierseitenrissen als Bemalungshinweise führt durch den Bau. Die Formen stammen von Gavia, einer Firma, die Eduard wohl steht und sind aus dem Jahr 2001, entsprechen also nicht dem derzeitigen Standard von Eduard. Sie haben eher die Anmutung eines Shortrun-Kits. Die Teile haben eine recht glatte, glänzende Oberfläche und besitzen versenkt ausgeführte Gravuren. Gussgrate, Sinkstellen oder Formversatz zeigen sich nicht an den Teilen, dafür gibt es aber einige ausgeprägte Auswerferzapfen, die vor dem Zusammenbau abgetragen werden müssen. Lokalisierhilfen fehlen, beim Zusammenbau muss also auf die korrekte Passung der Teile besonders geachtet werden.

Das Cockpit ist komplex aufgebaut mit separaten Gitterstrukturen für die Rumpfseiten, Gerätetafeln und Tanks. Das ganze wird natürlich mit den bedruckten Ätzteilen versehen, die besonders das Instrumentenbrett das Funkgerät und andere Geräte aufwerten. Und natürlich die Gurte stellen. Für die Browning-MGs der Decalvarianten A und B bietet der Ätzteilsatz röhrenförmig Kühlmäntel an. Die Anfertigung dieser Röhren dürfte eher etwas für Leute mit ganz ruhigen Händen und guten Augen sein. Zu den beiliegenden Resinteilen zählt auch ein einzelnes Lewis-Maschinengewehr für die Decalvariante C. Der Sternmotor besteht aus dem Getriebeblock mit neun separaten Zylindern, einem Ring mit Auspuffrohren aus Spritzgussteilen und selbst anzufertigenden Ventilsteuerstangen. Für die Lufteinlaufrohre liegen zwei fein gearbeitete Resinröhrchen bei. Der Propeller mit Spinner ist aus siebenTeilen recht kompliziert aufgebaut. Gleiches gilt für die sechsteilige Kabinenhaube, hier ist der Aufbau aber im Wesentlichen typbedingt. Erfreuliche Zugaben sind der allerdings für keine Decal-Variante benötigte Schleifsporn, die von SOE-einsätzen bekannte Einstiegsleiter, die für einen schnellen Zugang zur Maschine sorgte und der Zusatztank, der ebenfalls bei den SOE-einsätzen besonders wichtig war.

Bemalung: Die Bemalungsvorschläge beziehen sich wie immer bei Eduard auf das Farbsortiment von Gunze. Die Decalvarianten A - C sind in Dark Green/Dark Earth über Sky getarnt, die Variante D in Dark Green/Medium Seagrey über Schwarz, die Variante E war ganz in schwarz gehalten.

Fazit: Mal abgesehen von dem uralten Hawk-Kit, den Testors und Italeri wieder aufgelegt haben, ist die Gavia/Eduard-Lysander momentan das einzige Angebot für dieses Vorbild im Maßstab 1:48. Und kein schlechtes. Sicher erfordert der Zusammenbau wegen der fehlenden Passhilfen und der Gewächshaus-Kabine etwas mehr Erfahrung als ein Eduard-Kit allerneuesten Jahrganges. Aber als Lohn erhält man die Nachbildung eines Flugzeuges, dessen Wirken häufig im wahrsten Sinne des Wortes im Dunkeln blieb. Mit seinen Zugaben und den fünf interessanten Decalvarianten bietet Eduard hier viel Modell fürs Geld, auch wenn sich der Preis mit ca. 35 € schon eher im mittleren Segment bewegt. Empfehlenswert.

Utz Schißau, Berlin (November 2016)

Erhältlich ist dieser Bausatz im örtlichen Modellbaufachgeschäft oder direkt bei Eduard.

Literatur:

Munson, K, die Weltkrieg II-Flugzeuge, Motorbuch-Verlag Stuttgart 1973