Bell P-39L-N Airacobra

eduard 8066 – ProfPack – 1/48

„Eine Cobra kommt selten allein“

Zur Geschichte: Die P-39 Airacobra war nicht gerade der größte Wurf der Firma Bell, obwohl sie mit einigen sehr modernen Features glänzen konnte: Der Mittelmotor hinter dem Cockpit lag nahe dem Schwerpunkt und ließ viel Platz für die Waffen in der Nase. Die lange Welle, die den Propeller antrieb ging zwischen den Beinen des Piloten hindurch. Das Bugrad-Fahrwerk war ebenfalls richtungsweisend und bot am Boden gute Sichtmöglichkeiten aus dem Cockpit. Der Erstflug fand 1939 statt. Insgesamt wirkte die Airacobra wie ein ausgewogener Entwurf, obwohl nicht immer gut fliegt, was gut aussieht!



Die Achillesferse des Typs war die zu schwache Leistung des Allison-Motors, dem ein Turbolader fehlte, insbesondere in Höhen über 3000 m. Dafür war die Airacobra aufgrund ihrer stabilen Zelle im Sturzflug den damaligen japanischen Kontrahenten überlegen. Auch als Erdkampfflugzeug konnte sie sich im Pazifik bewähren. Während die P-39 bei den amerikanischen Luftstreitkräften unbeliebt war und als „Iron Dog“ bezeichnet wurde, fand sie bei den Sowjets, die von der Airacobra i.R. des Lend-Lease-Abkommens rund 5000 Stück vor allem der Varianten D-1 und D-2 erhielten viel Zustimmung. So sehr, dass die „Cobra“ oder „Bell“ Elitestaffeln zugewiesen wurde. Allerdings gelang es den deutschen Gegnern relativ leicht, der Airacobra wegzusteigen. Insgesamt wurden fast 10.000 P-39 produziert.

Die meistgebaute Version P-39Q wurde von einem 12-Zylinder Motor Allison V-1710-85 mit 1200 PS angetrieben. Sie besaß eine Höchstgeschwindigkeit von 621 km/h in 2895 m Höhe und eine Reichweite von 1080 km bei einer Gipfelhöhe von 10690 m.

Standardbewaffnung der P-39 war ursprünglich eine 37 mm-Kanone in der Nase zur Bekämpfung von Bombern auf große Distanz, die bei der USAAF jedoch häufig Ladehemmung zeigte, aber bei den Sowjets meist einwandfrei funktionierte. Diese wurde später meist durch Kanonen des Kalibers 20 mm ersetzt. Im Flügel waren ursprünglich 2 x 2 7,92 mm MGs eingebaut, später stattdessen je Flügel ein MG 12,7 mm in Gondeln. Eine Bombenlast von 226 kg konnte außerdem mitgeführt werden.

Zum Kit: Kaum hatte ich in einem bekannten Online-Auktionshaus die P-39 Q/N von Hasegawa sehr günstig „geschossen“, landete der wiederaufgelegte Eduard-Kit zur Beurteilung auf meinem Tisch, was natürlich interessante Vergleiche erlaubte. Hier zunächst der erste Eindruck des tschechischen Modells: Dem Konzept der ProfiPack-Edition folgend finden sich in dem auffällig kleinen, aber stabilen Stülp-Karton 139 Kunststoffteile an einem olivfarbenen und zwei dunkelblaugrauen Rahmen, in wiederverschließbaren Tüten verpackt und sechs Klarsichtteile, ebenfalls separat verpackt, sowie Eduards hauseigene Ätzteile im Zoom-Format, d.h. im wesentlichen zur Verfeinerung des Cockpitbereichs bestimmt und die ebenfalls aus eigener Produktion stammenden Lackiermasken für die Haube und die Räder.

Die Qualität ist wie von vielen anderen Bausätzen her bekannt sehr gut, Sinkstellen und Grat fehlen gänzlich, Auswerfermarkierungen sind an Stellen gelegt worden, wo sie nach dem Bau unsichtbar bleiben. Die Oberfläche zeigt feine versenkte Gravuren. Nieten fehlen, nur an der Motorhaube und an einigen Wartungsklappen finden sich Schnellverschlüsse. Die Verglasung besteht aus einer einteiligen dünn und schlierenfrei gegossenen Haube und den „Autotüren“, die ebenfalls aus Klarsichtmaterial bestehen, um das Einkleben der Seitenscheiben zu vermeiden. Die Hasegawa.Teile bieten noch mehr und teilweise plastischere Oberflächendetails und noch feinere Gravuren, auch das Cockpit hat hier und da etwas mehr zu bieten.

Im Einzelnen: Rumpf und Flügel sind bei beiden Kits konventionell aufgebaut. Bei Eduard finden sich für die Auspuffrohre sowohl die 6-fache Ausführung als runde und Fishtail-Rohre und die 12-fache Ausführung für die P-400 Variante, obwohl die beiden letzteren nicht bei den Decalvarianten vorgesehen sind. Schaden tut es sicher nicht, die Restekiste bekommt Futter. Hasegawa bietet runde und Fishtail-Auspuffrohre im Sechserpack. Ebenfalls zur Auswahl stehen bei Eduard neben den „normalen“ auch noch abgeflachte Reifen für Haupt- und Bugradfahrwerk, sowie drei verschiedene Propellerblatt-Typen und zwei Propeller-Naben. Damit ist es möglich einen Curtiss-Electric-Dreiblatt-Propeller für die P-39L, einen Aeroproducts-Dreiblattpropeller mit größerem Durchmesser für späte P-39N und sogar einen für eine P-39Q-21 mit Vierblattpropeller zu bauen, letztere Variante ist aber wiederum nicht unter den Decaloptionen. Hasegawa bietet ebenfalls abgeflachte Reifen, sogar mit zwei verschiedenen Felgen, aber nur einen Dreiblatt-Propeller.

Die Fahrwerksschächte bei Eduard sind schön tief und mit separaten Abdeckungen versehen, aber die Seitenwände sind spritztechnisch bedingt glatt wie ein Brunnenschacht. Bei Hasegawa sind die Schächte etwas flacher, die Abdeckung zeigt auch mehr Detail, aber das „Brunnenschachtproblem“ haben sie ebenfalls. Für den, der damit nicht leben möchte, gibt es von Aires für Hasegawa ein Resinset, das vielleicht auch für den Eduard-Kit passt und u.a. die durchbrochenen Fahrwerksschachtwände des Originals nachbildet. Der Einbau dürfte aber nicht ganz einfach sein.

Der von Cartograf gedruckte Decalbogen des Eduard-Bausatzes bietet fünf verschiedene Optionen, die wie immer in Vierseitenrissen in Farbe vorgestellt werden. Für die Wartungshinweise gibt es einen Extra-Platzierungsplan.

  1. P-39N 4218354 mit Haifischmaul, 345th FS, Alghero Airfield, Sardinien. Ende 1943 (Olive Drab über Neutral Grey)
  2. P-39L 42-4514 “Wild Flower”, 91th FS, 81 FG, Sidi Ahmed Air Base, Tunesien, September 1943 (Middle Stone, Dark Earth, Olive Drab über Azure Blue)
  3. P-39N, “Border Buckaroo”, Lt. DeVore, 110th TRS, Gusap Airfield, Neuguinea, Frühling 1944 (Olive Drab über Neutral Grey mit weißem Leitwerk);
  4. P-39N „RGA“, Grigori A. Rechkalov, 16. GIAP, Frühling 1945 (Olive Drab über Neutral Grey, am Rumpf übermalte US-Sterne);
  5. P-39N „Krasnoyarskiy Komsomolets“, Nikolai G. Sobolev, 21. GIAP, April 1943 (Olive Drab über Neutral Grey);

Als Farbsystem für die Bemalung wird von Eduard wie immer Gunze Mr. Color und Mr. Hobby Color angegeben. Die Decals sind glänzend mit wenig Rand und ohne Versatz gedruckt. Ich hoffe, das Weiß ist opak genug, um über dem dunklen Braun und Olive Drab zu bestehen, aber das wird erst die Anwendung zeigen, vielleicht sollte man zunächst mit Weiß grundieren.

Fazit: Wer eine hervorragend ausgestattete Airacobra mit einem Spitzen-Decalbogen samt Ätzteilen und Lackiermasken für einen unschlagbaren Preis sucht liegt bei Eduard goldrichtig. Dem, der beim Bausatz selbst noch ein bisschen mehr möchte sei der teurere Hasegawa-Kit empfohlen, der allerdings ebenfalls von Aufbesserungen wie Ätzteilen und Masken der Tschechen profitiert. Hier entscheiden also persönliche Vorlieben und das Portemonnaie!

Der Eduard-Kit ist auf jeden Fall uneingeschränkt zu empfehlen. Wegen der zahlreichen kleinen Teile ist er aber nur etwas für Modellbauer mit etwas Erfahrung.

Utz Schißau, Berlin (Juni 2014)

Zum Einstieg:

Anhang: Ich habe noch schnell ein paar Fotos gemacht, die einige der im Text erwähnten Unterschiede der beiden Kits zeigen. Die Eduard-Teile sind die dunkelgrauen bzw. olivfarbenen, die Hasegawa-Teile sind etwas heller grau.

Der Cockpitboden ist bei Eduard etwas kürzer, Hasegawas zeigt stärker ausgeprägte Details, dafür gefällt mir die Ledermanschette für den Steuerknüppel bei Eduard besser.

Das Instrumentenbrett ist bei Eduard einfacher aufgebaut und macht sicher beim Zusammenbau weniger Probleme, dafür finde ich die realistisch versenkten Instrumente bei Hasegawa besser als die Ringe bei Eduard.

Bei den Flügeln besticht Hasegawa besonders durch die sehr plastisch dargestellten Tankdeckel und die realistische Bespannung der Querruder. Letzteres gilt natürlich auch für die übrigen Steuerflächen. Alles andere ist bei Eduard gleichwertig.

Wie erwähnt sind die Fahrwerkschächte bei Eduard tiefer, was realistischer sein dürfte als bei Hasegawa, dafür hat Hasegawa mehr Details zu bieten. Die Abdeckungen der Fahrwerksschächte sind bei Eduard wie erwähnt separate Teile.

Wie gesagt, die Unterschiede sind marginal und was man bevorzugt, bleibt dem eigenen Geschmack und Geldbeutel überlassen.