Vorbild: Das deutsche U-Boot SM U-9 ist wohl neben der SM U-20 das bekannteste U-Boot der Kaiserlichen Marine im ersten Weltkrieg. Während U-20 unter dem Kommando von Kapitänleutnant Schwieger durch die Versenkung des britischen Passagierdampfers RMS Lusitania zu eher zweifelhaftem Ruhm gelang, wurde U-9 unter Kapitänleutnant Otto Weddigen durch die Versenkung von 4 Kriegsschiffen (HMS Aboukir, HMS Hogue, HMS Cressy, sowie HMS Hawke) über die Grenzen Deutschlands bekannt. U-9 erhielt, neben dem kleinen Kreuzer SMS Emden, für ihren Einsatz als einzige das Eiserne Kreuz vom Kaiser verliehen.
U-9 war das erste von vier U-Booten der Reihe 9, und das einzige, welches nicht versenkt wurde. Es wurde 1919 in England abgewrackt. Alle anderen Boote gingen durch Feindeinwirkung verloren. Die 9er Reihe waren Zweihüllen- Hochsee-Boot mit einer Länge von 57,38 m bei einer Breite von 6 m. Als maximale Tauchtiefe waren 50 m möglich. Angetrieben wurden sie durch 1000 PS Petroleummotoren für die Überwasserfahrt und 1160 PS Elektromotoren für die Unterwasserfahrt. Als Bewaffnung waren 4 Torpedorohre (2 im Bug, 2 im Heck) mit insgesamt 6 Torpedos eingebaut. Des Weiteren gab es bis zu zwei Deckgeschütze. Gebaut auf der Kaiserlichen Werft in Danzig waren die Boote auf Helgoland stationiert, um von dort aus in ihre Einsatzgebiete an der Ostküste Englands vom Ärmelkanal bis zur Doggerbank zu erreichen.
Bausatz: Die deutsche Firma Das Werk (ein Unternehmen der Modellbau-König GmbH) ist relativ neu auf dem Modellbaumarkt, hat aber schon sehr interessante Bausätze veröffentlicht. Alle Modelle werden in Deutschland konstruiert, lediglich die Abformung findet (wohl aus Kostengründen) in China statt. Für die hier vorgestellte U-9 gilt eine hohe historische Genauigkeit, da es möglich war, die 2008 durch zwei britische Taucher gefundene Schwester U-12, 2019 an ihrem Fundplatz zu fotografieren und zu vermessen. Erst diese genaue Untersuchung ermöglichte es den Designern ein fast perfektes Abbild in 1/72 zu erschaffen und dieses in einen Modellbausatz umzusetzen.
In einem riesigen, stabilen Stülpkarton (den man sicher später auch als Transportkiste für das fertige Modell verwenden kann) mit einem sehr gelungenen Bild der U-9 befinden sich insgesamt vier graue Gussäste mit 164 Teilen, die Bauanleitung, ein Bogen mit Abziehbildern sowie in der ersten Auflage des Bausatzes ein 100 Seiten starkes Buch in Englisch/Deutsch mit vielen Informationen und Bildern über die U-9 und die Geschichte der U-Boot-Waffe des Ersten Weltkriegs.
Anders als bei Revell besteht der Rumpf nur aus zwei Hälften, was die Bearbeitung nach dem Zusammenkleben der Rumpfhälften sehr vereinfacht. Dies kommt vor allem den rund 7000 Nieten zugute. Alle Teile weisen eine hohe Detailierung auf. Sinkstellen oder Grate sind nicht erkennbar und auch die verhassten Auswerfermarken sind an später nicht sichtbaren Stellen. Einzige Ausnahme sind leider ein paar Marken an der Reling des Turms, die zwar nur leicht zu sehen sind, aber dennoch entfernt werden sollten. Um solch einen großen Rumpf zu stabilisieren, arbeitet Das Werk mit einem großen Spant in der Mitte und vielen Abstandsstangen entlang der Rumpfinnenseite. Dies ist, glaube ich, auch nötig, da mir das Plastik relativ weich vorkommt. Das bedeutet auch, dass man gut beraten ist, die Funkmasten durch Metall zu ersetzen, falls man sie aufgestellt verwendet und takelt. Ansonsten wird es doch eine sehr gebogene Angelegenheit. Da ich schon begonnen habe, das Modell zu bauen, gleich ein kleiner Tipp für den Rumpf und das Deck. Diese sollte man besser nicht versuchen auf einmal zu verkleben. Besser vom Heck oder Bug an in ca. 10 cm Schritten zusammenkleben. Am besten verwendet man einen dünnflüssigen Kleber, der durch die Kapillarwirkung die Hälften verklebt. Revell-Kleber oder andere Kleber aus Tuben sind da weniger geeignet, da sie zum einen zu viel Füllstoff haben (Wülste an den Nahtstellen, die mühsam abgetragen werden müssen) und zum anderen auch relativ lange brauchen, um abzubinden.
Anleitung/Bemalung: Die Bauanleitung ist auf 16 A4-Blätter im Querformat gedruckt und zeigt die einzelnen Bauschritte. Als Hintergrund hat man anscheinend ein Kriegstagebuch aus der Zeit gewählt, zumindesten sieht es danach aus. Obwohl in Englisch gehalten, sollte die Anleitung keine Schwierigkeiten machen.
Es werden nur 6 Farben benötigt. Angegeben sind die RAL-Farbtöne und die entsprechenden Farben für die bekanntesten Farbenhersteller. Bei den Farbsystemen sollte man aber genau hinsehen, da manche Farbtöne unterschiedlich ausfallen! Aber auch die eigentlichen RAL-Nummern haben ihre Tücken, da diese Klassifizierung erst 1927 erstellt wurde. Man bewegt sich also immer in einer Art Grauzone.
Die Decals sind von Cartograf auf blauem Trägerpapier tadellos gedruckt. Alle vier Schwesterschiffe lassen sich mit der entsprechenden Nummer versehen. Lediglich der Schriftzug auf den Schwimmwesten ist auf U9 beschränkt.
Fazit: Endlich mal wieder ein außergewöhnliches Modell aus einer deutschen Modellbauschmiede. Wer also genügend Platz im Regal hat (das Boot bringt es auf satte 83 cm Länge), für den ist das bestimmt etwas. Ein Bausatz, mit dem auch Anfänger zurechtkommen sollten. Profis können sich natürlich gerade in Richtung Lackierung und Alterung so richtig austoben. Mittlerweile gibt es von Uschi van der Rosten auch das passende Trockendock zur U-9. Man kann dies natürlich auch für andere Modelle in diesem Maßstab verwenden. Für mich ist die U-9 absolut empfehlenswert!
Zu beziehen ist der Bausatz direkt bei Modellbau König oder gut sortierten Fachgeschäften.
Literatur:
Gordon Williamson U-boats of the Kaiser' Navy, (New Vanguard, Band 50) Osprey Publishing 2002 |
Jürgen Bellenbaum, Dallgow-Döberitz (Februar 2021)