Die Wildcat war eigentlich nie einer meiner Lieblingstypen, aber aufgrund seiner wichtigen Rolle im ersten Jahr des Pazifikkrieges wollte ich unbedingt mal eine für meine Sammlung bauen. Zu der Zeit war gerade die Wildcat-Reihe von Hobby Boss erschienen und ich entschied mich für die F4F4.
Der Kit kommt in einem Karton, dessen Größe auch einem 1:32er Modell Ehre gemacht hätte, das Deckelbild finde ich allerdings nicht so ansprechend. Egal, es kommt ja auf den Inhalt an und der besteht aus sauber gespritzten Teilen in Hellgrau und sehr feinen Klarsichtteilen. Störend finde ich das Übermaß an Nieten, die das gesamte Modell überziehen. Die Maschinen von Grumman waren zwar tatsächlich stellenweise mit sehr groben „Panzernieten“ versehen, diese waren jedoch erhaben und nicht versenkt. Doch mehr zu dem Thema später.
Zusammenbau: Das von Haus aus bereits hervorragend detaillierte Cockpit habe ich mit einem Zoom-Set von Eduard verfeinert, denn die bedruckten Teile sind einfach unübertrefflich, wenn es um Skalen und Anzeigen geht. Innen wurde alles mit Gunze H58 Interior Green eingefärbt, mit MIG Washes die Details vertieft und dann mittels Drybrushing und Chipping mit Silberstift verfeinert.
Der Motor-/Fahrwerksraum ist eine echte Herausforderung. HB hat hier eine gute Arbeit abgeliefert, allerdings erfordern die komplexen Verstrebungen einiges an Geduld und Fingerspitzengefühl. Die Wände habe ich mit Gunze Supermetallic Superfine Silver bemalt und wiederum mit MIG-Washes vertieft. Die Fahrwerksbeine stehen etwas nach hinten geneigt, hier muss unbedingt korrigiert werden, denn der Winkel sollte etwa 90 Grad betragen Die Räder sind wunderbar detailliert, besser als die von True Details die ich noch auf Lager hatte, da sie aber aus zwei Hälften bestehen, geht das Profil der Reifen teilweise verloren, was ich durch Nachgravieren mit einer Ätzteil-Säge zu korrigieren versucht habe.
Auch der Motor ist ein echtes Schmuckstück und ich verzichtete in berechtigter Faulheit auf zusätzliches Detaillieren. Die Bemalung geschah mit H2 Gloss Black für die Zylinder und H 53 Neutral Grey für das Getriebe und wiederum reichlich Washing. Die Bewaffnung ist mit sechs einzelnen MGs dargestellt, die allerdings nach der Montage gänzlich im Flügel verschwinden. Leider sind die Enden der Läufe wie zu erwarten massiv dargestellt und müssen daher aufgebohrt werden.
Die großen Teile von Rumpf und Flügeln ließen sich im Großen und Ganzen recht problemlos zusammenfügen, Schleifarbeit gab es nur beim unteren Übergang Flügel zu Rumpf. Gespachtelt wurde wie immer mit dickflüssigem Cyanoacrylat-Kleber und Härter-Spray, was das Arbeiten sehr beschleunigt. Beim Verschleifen erkannte ich, dass dabei die überdimensionierten Nieten nicht nur flacher, sondern auch kleiner wurden. Daher entschloss ich mich, alle Oberflächen des Modells etwas herunter zu schleifen. Glücklicherweise gibt es nur wenig erhabene Details, die diesem Vorhaben im Weg stehen. Diese Methode mag etwas aufwändiger sein als das häufig empfohlene Auftragen von dicken Schichten Primer, aber das Ergebnis finde ich sehr befriedigend und deutlich realistischer als vorher.
Die Kabinenhaube ist wie gesagt sehr klar und die Streben sind gut definiert, aber was mir erst viel zu spät auffiel: die Schiebehaube passt nicht auf den Rumpfrücken. Aber wozu hatte ich mir all die Mühe gemacht mit dem Cockpit, wenn ich jetzt alles verschließen sollte? Ach was, mit ein wenig Druck würde es schon gehen - doch die Haube war anderer Meinung und brach mittig in zwei Teile. Eine tiefgezogene Haube musste her, Rob Taurus bietet eine für den Tamiya-Kit an, die aber auch hier wunderbar passte. Die Lackiermasken konnten dafür sogar noch einmal verwendet werden, sie mussten aber im oberen Bereich etwas aufgefüttert werden.
Die Bemalung erfolgte wie in letzter Zeit bei mir Standard mit Gunze-Farben und Badger 100 Airbrush mit Düse F. Zunächst wurden alle Öffnungen mit Stücken von Haushaltsschwämmen und Tamiya-Band verschlossen, dann gab es ein Preshading mit Gunze Reifenschwarz (H77). Für die Unterseite in Light Gull Grey mischte ich IJN Grey (H61) mit Flat White (H11), für die Oberseite benutzte ich Intermediate Blue USN/USM (H56).
Ein Schwachpunkt des Kits sind, wie so oft bei den Chinesen die Decals. Die Qualität lässt zwar kaum etwas zu wünschen übrig, aber sie sind einfach fehlerhaft: Captain Marion E. Carl flog auf Guadalcanal bei der „Cactus Airforce“ meist seine „Lucky Thirteen“ mit einer schwarzen 13. Die in den Bemalungshinweisen dargestellte Maschine „weiße 2“ wurde lt. Osprey „Wildcat Aces of Word War 2“ für Propagandazwecke mit der „2“ und den Abschußmarkierungen versehen. Daher mussten die eigentlich sehr dekorativen Abschußmarkierungen weichen und statt der Zwei vier schwarze „13“ aus dem Decalfundus herhalten. Leider fehlen auf dem Decalbogen jegliche Wartungshinweise, aber ich rede mich damit heraus, dass die Maschinen auf Guadalcanal stark abgenutzt waren und sicher gelegentlich feldmäßig nachlackiert werden mussten.
Nach dem Dekorieren folgte wie üblich das Altern. Nach dreimal Übernebeln mit Future wurden mit MIG Washes die Oberflächendetails betont, unten mit Neutral Wash, oben mit Dark Wash. Mit Pigmentpulver der Spanier wurden dann Auspuff-, Schmauch- und Tropfspuren durch aufstreichen mit einem feinen Pinsel simuliert. Dabei geriet das Ganze etwas außer Kontrolle und ich zog schließlich fast alle Konturen mit Pigmen nach, was einen herrlich abgenutzten Eindruck ergab. Schließlich wurden mit Silberstift noch reichlich Farbabplatzer angebracht, besonders im Einstiegsbereich und an den Waffenschächten. Als Finish gab es dann eine Versiegelung mit Gunze Mattlack verschiedenen Glanzgrades. Ich versuche, meine Modelle nicht allzu monoton zu mattieren, denn auch bei den Vorbildern erkennt man deutliche Unterschiede. So sind z.B. Flügeloberseiten und der Rumpfrücken meist stärker abgenutzt als der Rest der Maschine, ergo sollte es oben matter sein als unten. Dasselbe gilt natürlich für Propeller, Motoren und Fahrwerke, überall verschiedene Glanz-bzw. Mattheitsgrade. Ich habe mit für diesen Zweck verschiedene Mischungen von Gunze Clear Gloss und Clear Flat hergestellt, für ganz „staubmatte“ Stellen mische ich auch noch etwas Gunze Flat Base Mattierungsmittel bei.
Der Pilot ist eine alte Monogram-Figur aus meiner Restekiste. Ich mag keine Piloten, die im Cockpit sitzen, sie wirken meist starr und unrealistisch, aber diesen konnte ich auf den Rand des Cockpits setzten und er wirkt recht lebendig beim Verschließen seines Helmgurtes.
Marion Eugene Carl wurde am 1. November 1915 in Hubbard, Oregon geboren und lernte das Fliegen bereits am College, wo er nach nur 2 ½ Flugstunden den ersten Alleinflug absolvierte. Anschließend studierte er Ingenieurswissenschaften am Oregon State College. 1939 wurde er als Kadett zum Marine Corps zugelassen, und der Marine Fighting Squadron One (VMF-1) zugeteilt. Anschließend tat er als Fluglehrer Dienst, um ab 1940 der VMF 221 zugeteilt zu werden. Er wurde auf der USS Saratoga stationiert und nahm an der Schlacht von Midway teil, bei der die VMF-221 15 von 25 Maschinen verlor. Carl konnte jedoch seinen ersten Luftsieg über eine Zero verbuchen.
Im August 1942 landete er mit VMF-223 auf Guadalcanal, mit der Cactus Airforce verzeichnete er in den nächsten zwei Monaten 16,5 Abschüsse und wurde damit zum ersten Jagdflieger-As der US Marines. Er selbst wurde in dieser Zeit einmal abgeschossen und musste mit dem Fallschirm abspringen. Am 26. August soll Carl das japanische Jagdfliegeras Junichi Sasai abgeschossen haben.
1943 wurde er Kommandierender Offizier der VMF-223 und nahm noch einmal an den Kämpfen um die Solomonen-Inseln teil, wobei er schließlich 18,5 Abschüsse erreichte, was ihn damals zum siebtbesten As des US-Marine-Corps machte.
Nach dem Krieg diente Carl, inzwischen Lieutenant Colonel.als Testpilot, wobei er zum Pionier der Jet-Operationen von Trägerdecks wurde und auch als erster Marine einen Helikopter flog. Im August 1947 setzte Carl mit der Douglas D-558/I Skystreak einen Geschwindigkeitsweltrekord von 1050 Km/h, der nur zwei Monate von Chuck Yeager überboten wurde. 1953 erflog er mit der Douglas D-558/II einen Höhenweltrekord von 25 km. Carl tat auch als Aufklärungs-Pilot über China und als Kampfpilot in Vietnam Dienst und beendete seine militärische Karriere als Generalinspekteur des Marine Corps.
Carls Leben endete dramatisch, als er im Jahre 1998 mit 82 Jahren von einem bewaffneten Einbrecher erschossen wurde (Quelle Wikipedia: Marion Eugene Carl).
Utz Schißau (Berlin, Mai 2015)