IPMS Hauptseite
Zurück

Heinkel He 162

Dragon - 1/72

Die Historie der Heinkel He 162 ist von den Verzweiflungsentscheidungen der letzten Kriegszeit bestimmt: Die Ausschreibung für einen leichten Jäger vom 8. September 1944 wurde von Heinkel bereits am 11. September beantwortet, da kamen Focke Wulf und Junkers nicht mit! Am 15. Oktober 1944 war bei Heinkel die Baubeschreibung fertig, dem vereinbarten Fertigstellungstermin für ein flugfähiges Muster kam Heinkel zuvor: statt am 10. Dezember erfolgte der Erstflug schon 4 Tage früher. Am 20. Januar 1945 waren bereits 34 Rümpfe fertig, und so rasant ging es weiter - unvorstellbar unter den extremen Bedingungen, in denen auch nachheutigen Gesichtspunkten Wunder der Logistik vollbracht wurden. Jedoch war mit einem Truppeneinsatz trotz Beginn des Auslieferung im Februar erst Mitte April 1945 zu rechnen. Natürlich konnte der Wunsch der politischen Führung nicht erfüllt werden, nachdem jeder Segelflieger mit diesem über 700 km/h schnellen Jet nach 20 minütiger Einweisung zum erfolgreichen Jagdflieger mutierte. Die wenigsten der insgesamt ausgelieferten 70 Maschinen wird geflogen sein, denn Kraftstoff gab es sowieso nicht mehr. Antriebsvarianten zum serienmäßig eingebauten Strahltriebwerk BMW 003 mit Argus Schubrohren AS 014 wurden erprobt, die stärkeren AS 044 kamen ebenso zu spät wie das Heinkel Triebwerk He S 011.

Heute sind originale Maschinen zumindest in den Luftfahrtmuseen in Hendon (bei London) , Le Bourget (nahe Paris) und Chino (Kalifornien) zu sehen. Flugfähige Exemplare sind nicht erhalten, was wegen der Holzbauweise auch nicht verwundert.

Der Bausatz besteht neben den Hauptteilen in grauem Plastik gespritzt und fein versenkt graviert auch aus einer Ätzteilplatine für eine feine Darstellung der Details im Cockpit, an den Fahrwerken und an der Turbine. Diese kann wahlweise durch eine geöffnete Verkleidung sichtbar eingebaut oder separat dargestellt werden; ein entsprechendes Gestell dafür fehlt allerdings.

Die Kanzel ist zweiteilig, kann also auch geöffnet dargestellt werden. Die getönte Scheibe ist nicht frei von einem Lupeneffekt: wer kann, sollte sich unbedingt selbst eine Kanzel tief ziehen.

Der Rumpf ist fast vollständig innen ausgebaut: das Cockpit und die Fahrwerke haben darin Platz, obendrauf sitzt die Turbine. Es macht so richtig Spaß, alle die schönen Spritzgussteile mit den diversen Ätzteilen zu garnieren: alle passt genau, ist in der Bauanleitung glasklar dargestellt und sieht so gut aus, dass gerne die Kleinigkeiten wie Gurte, ein paar Schläuche am Triebwerk und Bremsleitungen für die Fahrwerke nachgerüstet werden. Lediglich das hintere Rumpfteil kann ein wenig Spachtel vertragen. Und eine Rissdarstellung von vorn würde die Stellung der Flächen und Leitwerke eindeutig machen. sonst gibt es wirklich nichts zu meckern!

Die Turbine ist viel zu attraktiv, um sie zu verstecken. Andererseits soll auch die elegante Form nicht verloren gehen: also eine Klappe geöffnet, die Backbordklappe wegen der Antenne geschlossen. Alle Kleinteile haben tolle Details, die durch ein Washing in Anthrazit bestens zur Geltung kommen.

Das Fahrwerk allein ist schon eine Klasse für sich. Endlich mal ein frei stehendes Bugrad an Stelle der üblichen einteiligen Federbein-Rad Gebilde! Die Montage ist etwas für geübte Modellbauer, vor allem die der Klappen zum Hauptfahrwerk und deren Betätigung aus der Ätzteilplatine.

Die Lackierung ist in zwei Varianten vorgeschlagen. Ich habe die von Olt. Emil Demuth geflogene gelbe 11 gewählt, da der "Nervenklau" mir im Museum Wings of Fame in Chino so gut gefallen hatte. Die Decals sind sehr fein und schmiegen sich auf die hochglänzende Oberfläche mit etwas DecalSet sehr gut an. Zurückhaltende Verschmutzung angesichts der paar mögliche Flugstunden runden das Ganze bis zur Endlackierung mit klarem Seidenmattlack ab.

Die Kanzel wird geöffnet dargestellt, siehe oben!

Fazit: Eine erstklassige Darstellung dieses hochinteressante Muster der ganz frühen Jets, wenn auch recht anspruchsvoll und auch nicht wirklich billig. Wer es billiger haben will, kann sich die gleichen Spritzgussrahmen (ohne Ätzteile!) in einer Revell-Schachtel kaufen. Eine gute Alternative für Leute mit Allergie gegen Sekundenkleber oder für solche, die die Feinheiten am liebsten selber schnitzen. Auf jeden Fall ein treffendes Modell für wirklich hübsches Flugzeug, dem bessere Zeiten zu wünschen gewesen wären.

Christian Breuning - IP '84, Much-Kranüchel

Quellen:
Heinz J. Nowarra, Die deutsche Luftrüstung 1933-1945, Band 2, Bernard & Graefe Verlag
Klassiker der Luftfahrt, Heft 3, 2001, S.64
WingMasters, Jan/Feb 1999, S.10