Vorbild: Der BTR-60 ist das erste Fahrzeug einer Reihe von sowjetischen gepanzerten Achtrad-Mannschaftstransportwagen (MTW). Es wurde Ende der 1950er Jahre als Ersatz für den BTR-152 entwickelt und trat erstmals 1961 öffentlich in Erscheinung. BTR steht für Bronetransporter (БТР, Бронетранспортер).
Die BTR-152 und BTR-40 waren die ersten massenproduzierten MTW nach dem zweiten Weltkrieg und gaben der Sowjetischen Armee wertvolle Erfahrungen mit Radpanzerwagen. Obwohl sie für den Einsatz speziell entworfen worden waren, hatten sie einige Unzulänglichkeiten. Insbesondere das fehlende Dach erwies sich als unvorteilhaft und wurde mit den Versionen BTR-152K bzw. BTR-40B behoben. Der insgesamt geringe Kampfwert der beiden Fahrzeuge erwies sich bei der Ägyptischen Armee während der Suezkrise, was zur schließlich Entwicklung des neuen Radpanzerwagens führte. Außerdem wurde 1956-57 die Entscheidung getroffen, alle Schützen- und Grenadierdivisionen in motorisierte Divisionen umzuwandeln, wofür geeignete Transportmittel benötigt wurden.
Die Entwicklung verfolgte zwei Richtungen: ein teureres Fahrzeug für die Panzerdivisionen, aus welcher später der BMP-1 hervorgehen sollte und ein günstigeres Fahrzeug für die Mot.-Schützen-Divisionen, der spätere BTR-60. Zwei Konstruktionsbüros wurden mit Entwürfen für den BTR beauftragt, GAS geführt von V. A. Dedkow und ZiL geführt von Rodionow und Orlow. Die Ausschreibung forderte ein Allradfahrzeug mit mindestens zwei lenkbaren Achsen, Einzelradaufhängung sowie Anforderungen an die Geländegängigkeit und Tiefwatfähigkeiten, die einen Einsatz zusammen mit Panzereinheiten erlaubte. Amphibische Einsatzspektren wurden ebenfalls vorausgesetzt.
Im Winter 1956 begann das GAS Konstruktionsbüro mit den Arbeiten und legte einen Entwurf ohne Dach für den Transportraum vor, obwohl die Ausschreibung ein überdachtes Fahrzeug mit ABC-Schutzmaßnahmen forderte. Begründet wurde dies mit geringem Platz für den Waffeneinsatz in einem geschlossenen Fahrzeug und geringer Priorität für die Überlebensfähigkeit der aufsitzenden Truppe. Der Prototyp wurde in den folgenden zwei Jahren gebaut. ZiL entwarf ein 6x6 Fahrzeug, den ZiL-153. Es gab 3 weitere 8x8 Prototypen: Objekt 560 (MMZ-560), Objekt 1015B (von KAZ, mit Waffenturm und Strömungspropellern, auch BTR-1015B) und Objekt 1020B (ebenfalls KAZ).
Alle absolvierten und bestanden die staatliche Abnahme und wurden gegeneinander getestet. Obwohl der BTR-1015B am besten abschnitt, entschied man sich für den Entwurf von GAS. Er war am einfachsten und günstigsten und ließ sich schnell in die Serienproduktion überführen, da er nur wenige technische Neuerungen besaß. Der BTR-60P hatte noch das offene Dach, was als wesentlicher Nachteil empfunden wurde. Daher bekam der 1963 in Produktion gehende Nachfolger BTR-60PA ein gepanzertes Dach. Nun konnten nur noch 14 statt bisher 16 Mot.-Schützen mitgeführt werden.
Das Erscheinen des deutschen HS.30 Mannschaftstransporters mit 20mm Kanone führte dazu, den BTR-60 mit einem konischem Turm auszustatten, in welchem ein schweres 14,5 mm MG KPVT und ein 7,62mm PKT untergebracht waren. Das neue Fahrzeug wurde als BTR-60PAI bezeichnet und ging 1965 in Produktion. Es wurde jedoch rasch durch den BTR-60PB ersetzt, welches ein besseres Zielsystem für die Bewaffnung besaß.
Der BTR-60 war ein revolutionärer Entwurf für seine Zeit. Der Aufbau brach mit der bisherigen Konfiguration, indem die Besatzung sich vorn, die aufsitzende Truppe in der Mitte und das Antriebssystem sich im Heck des Fahrzeugs befanden. Somit konnten einige Probleme der bisherigen MTWs behoben werden, aber es ergaben sich auch einige neue, wie z.B. das Fehlen einer seitlichen Ausstiegsluke.
Die BTR-60s wurden vom Gorkowskii Awtomobilnii Savod (GAS) produziert. Der BTR-60P wurde zwischen 1960 und 1963 gefertigt. Der BTR-60PA ging 1963 in Produktion und der BTR-60PA-1 1965 ebenso der BTR-60PAI. Alle Varianten wurden 1966 durch den BTR-60PB ersetzt. Dieser blieb bis 1976 in Produktion, als er durch den BTR-70 ersetzt wurde. Nach westlichen Schätzungen wurden ca. 25000 BTR-60 von GAS produziert. Während der BTR-80-Fertigung wurde nochmal eine Spezialserie von 100 Fahrzeugen aufgelegt, die zum Teil in den Irak exportiert wurden. (Nach Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/BTR-60 engl.)
Bausatz: Die Firma MikroMir ist immer mal wieder für eine Überraschung gut. Dieses Modell im Maßstab 1/48 ist eine solche. Insgesamt erinnert der Schachtelinhalt an die Bausätze von Ace. Auf den Ersten Blick sehr grob erschließen sich die Qualitäten erst beim näheren Hinsehen. Der Aufbau der Wanne ist recht clever gelöst und ermöglicht es, dass die Auswerfermarken nach dem Zusammenbau versteckt sind.
Das Fahrzeug kann aus dem Kasten nur geschlossen dargestellt werden. Daher gibt es auch keine Innenausstattung. Alle 8 Räder sind in Neutralstellung für die Geradeausfahrt anzubringen. Hier bedarf es Eigeninitiative um einen dynamischeren Eindruck zu erzeugen. Es gibt ein paar Sinkstellen, aber diese sind Später alle durch Teile verdeckt. Gerade die Fahrwerksteile sind überraschend filigran und gratarm. An den Formtrennstellen ist natürlich etwas Nacharbeit erforderlich.
Der Spritzling mit den Achsen und Griffstangen hat bei meinem Exemplar einen leichten Versatz. Dies betrifft leider auch die Kanone. Dies ist eines der wenigen Teile für welche man Ersatz braucht. Erstaunlicherweise sind die Schäkel und Ösen am gleichen Rahmen ziemlich gut. Die Auspufftöpfe und Rohre sind vereinfacht. Die Scheinwerfer haben ein kleines Sinkloch, welches man aber prima zum Ausbohren/-fräsen nutzen kann. Bei den Tarnscheinwerfern muss es natürlich verspachtelt werden.
Die Felgen der Räder sind zweiteilig konisch, so dass zwischen ihnen der Gummireifen eingeklebt werden sollen. Die Reifen selbst sind – abgesehen vom Material – garnicht mal schlecht. Allerdings fällt im Vergleich mit den Haulerrädern auf, dass sie etwas schwachbrüstig sind. Leider ist das typische abgeplattet/ausgebeulte Aussehen der Räder wie auf dem Titelbild nicht nachgebildet. Ein kleiner Fotoätzteilbogen rundet den Bausatz ab.
Mittels der Nassschiebebilder können 11 Bemalungsvarianten dargestellt werden. Wie bei den meisten Decals aus Osteuropa wirken diese gelblich. Ich habe mit solchen Decals schon gute und schlechte Erfahrungen gemacht, daher muss erst der Bau zeigen, ob diese etwas taugen.
Fazit: Man darf nicht verkennen, dass es sich hierbei um ein Kleinserienprodukt osteuropäischer Fertigung handelt. Trotzdem kann aus dem Bausatz ohne großen Aufwand ein ansprechendes Modell entstehen. Für Detaillierungsfreunde gibt es von Hauler zwei Sätze. Leider habe ich bisher noch keine Ersatz-Kanone für den Turm gefunden.
Erhältlich dieser Bausatz für Modellbauer im gut sortierten Fachhandel; für Händler bei Glow2B (www.glow2b.de).
Steffen Arndt, Barsinghausen (Februar 2017)